Wieder ein CDU-Lokalpolitiker nach rechts weit offen

Symbolbild: Frank Vincentz / CC BY-SA 3.0

Anders als die Causa Möritz macht der Kölner Fall wenig Schlagzeilen. Für mehr Aufregung sorgen Lockerungsübungen mancher CDU-Politiker gegenüber den Antifa-Symbolen

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Rechte Kreise fordern immer wieder, die Namen von Menschen bekannt zu geben, die einer Straftat verdächtigt werden. Ihr Kalkül ist klar. Wenn die Beschuldigten nicht Müller oder Schäfer heißen, kann ein Migrationshintergrund konstruiert werden, auch wenn die Person die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. Dieser Grund wird auf rechten Homepages ganz eindeutig benannt.

Nun hat schon am 29. Dezember ein CDU-Lokalpolitiker mit einem sehr deutschen Namen auf einen jungen Mann geschossen. Doch Medien durften bis vor wenigen Tagen seinen Namen nicht nennen, weil der CDU-Politiker juristisch eine Nennung seines Namens verhindern wollte. Helmut Frangenberg, der für den Kölner Stadtanzeiger recherchierte, legte im Gespräch mit dem Deutschlandfunk die Schwierigkeiten dar, überhaupt über den Fall berichten zu können:

Die Recherche sei schwierig gewesen, weil die Polizei und die Staatsanwaltschaft zwischen den Feiertagen nur schwer zu erreichen gewesen sei, berichtete der Redakteur. Die Redaktion habe mit vielen Akteuren zu tun, die "gleich wenig oder nichts sagen". Der Mann lasse sich von einer Strafverteidigerin vertreten. "Und dann ist wie vom heiteren Himmel gefallen eine bekannte Kölner Medienanwaltskanzlei mit eingestiegen, wo wir nicht so genau wissen, wie die ins Spiel kommt." Angeblich habe der Beschuldigte sie eingeschaltet, es könne aber auch seine Partei gewesen sein.

Deutschlandfunk

Erst beschimpft, dann geschossen

Doch der Kölner Lokalpolitiker und seine juristischen Berater haben einen Mechanismus unterschätzt: Wenn jemand so vehement seine Identität verbergen will, lockt er geradezu alle herbei, die da besonders genau nachforschen. Nachdem der Name schon über die sozialen Medien bekannt geworden war, wird er nun auch im Kölner Stadtanzeiger genannt.

Sogar der CDU-Generalsekretär hatte in einer Twitternachricht den Namen des Politikers genannt, ihn dann aber auf Druck eines Anwalts wieder gelöscht.

Doch politisch brisanter als der Name eines wahrscheinlich selbst in Köln nur mäßig bekannten Kommunalpolitikers sind die bekannt gewordenen Begleitumstände der Tat. Eine anonyme Zeugenaussage, die im WDR-Format "Lokalzeit" gesendet wurde, legt einen Verdacht nahe: "Der Mann kam mit einer Waffe aus dem Haus und brüllte 'Haut ab, ihr Kanaken, ihr Dreckspack'. Da haben wir zurück geschimpft. Der Mann stand in seinem Garten und hat uns aufgefordert, über die Mauer zu kommen. Dann hätte er einen Grund, auf uns zu schießen. Dann gab es Streit mit Worten. Dann hat er plötzlich geschossen."

Mittlerweile wurde auch bekannt, dass der Lokalpolitiker in der Vergangenheit schon öfter mit "rechtsoffenen" Kommentaren in den sozialen Medien bekannt geworden ist. Nur wenige Wochen ist es her, dass der Ex-Neonazi Robert Möritz in Sachsen-Anhalt aus der CDU ausgetreten ist, nachdem seine Vita und ein entsprechendes Tattoo bekannt wurden.

Der Fall hatte sofort bundesweit für eine heftige Diskussion gesorgt, was wohl auch daran lag, dass die fragile Koalition zwischen CDU, SPD und Grünen in Sachsen-Anhalt durch die Causa Möritz in Gefahr geriet. Zunächst wollte die CDU Möritz noch eine zweite Chance geben und lehnte einen Ausschluss ab.

Nachdem die Kritik gewachsen war und die Grünen in Sachsen-Anhalt sogar polemisch fragten, wie viele Hakenkreuze in der CDU Platz haben, wurde Möritz der Austritt aus der CDU nahegelegt. In Köln handelt es sich um einen 71-jährigen Kommunalpolitiker und ein langjähriges CDU-Mitglied, der mit den Schüssen, aber nicht mit seinen politischen Anschauungen in der CDU am Rand steht.

Vor allem ältere Unionsmitglieder, die noch in den Zeiten eines Fraktionsvorsitzenden Alfred Dregger in die Partei gekommen sind, trennt wenig von der AfD. Dregger war bis zum Lebensende stolz darauf, im 2. Weltkrieg bis zum Ende für Führer und Vaterland gekämpft zu haben.

CDU und Antifa Hand in Hand?

Für diese CDU-Mitglieder ist es undenkbar, dass manche CDU-Politiker jetzt sogar bereit sind, neben Antifa-Fahnen gegen die AfD zu protestieren. Das ist bei einen Protest gegen einen Neujahrsempfang in Salzgitter so geschehen, und das rechtskonservative Lager heult auf.

Da wird gerne übersehen, dass es sich um eine völlig friedlichen Mahnwache handelt - allein eine Antifa-Fahne ist für manche schon fast wie ein Symbol einer terroristischen Vereinigung. Zumal auch der CDU-Spitzenpolitiker Ruprecht Polenz dafür eintritt, dass die CDU sich die Marke Antifa aneignet. Allerdings übersehen auch hier die Kritiker, dass Polenz keineswegs einen Schulterschluss mit der autonomen Antifa propagiert.

Vielmehr will er neben der linken eine konservative oder liberale Antifa kreieren, was in der Realität mehr eine Übernahme in bestimmten Kreisen populärer Zeichen und Symbolen ist. Allerdings ist es bezeichnend, dass es mehr Kritik von rechts als von links an dem Vorstoß gibt.

Es wäre zu erwarten gewesen, dass der sich explizit linke und antikapitalistisch verstehende Teil der Antifa sich ebenfalls dagegen wehrt, dass das Antifa-Symbol von konservativen Politikern vereinbart wird. Schließlich ist es ja gerade die Antifa-Bewegung gewesen, die eine explizite Symbolpolitik betrieb und daher ihre Symbole gegen Vereinnahmung verteidigen müsste.