Schlafkabinen im Keller als Lösung der Wohnungsfrage

Zukunft des Wohnens? Bild: Elsey Partners

In San Francisco, wo die Wohnpreise explodieren, wird experimentiert, wie weit der Wohnraum geschrumpft werden kann und trotzdem profitabel bleibt

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Wir hatten ja schon gelegentlich von den Ideen berichtet, die im Silicon Valley über das Wohnen aufkommen, weil es dort selbst für gut verdienende IT-Experten zu teuer wird und zudem sich die Obdachlosen in den Städten vermehren. Durchschnittlich kostet ein Apartment für eine Person stolze 3600 US-Dollar im Monat, d.h. oft auch mehr. Dabei geht es immer darum, wie man den Wohnraum schrumpfen kann, um die Mieten günstiger zu machen und gleichzeitig natürlich noch abzusahnen, wobei weniger dauerhafte Mieter angesprochen sind, sondern Mitglieder der neuen Nomaden, die mal hier und mal dort jobben, wo sich gerade Gelegenheiten bieten und man gut verdienen kann.

Die großen IT-Konzerne wie Apple, Google oder Facebook bieten mittlerweile in ihren Zentralen den Angestellten nicht nur Arbeitsräume, sondern auch Möglichkeiten und Platz, sich zu erholen, anderen Dingen nachzugehen und am Abend dann nur noch ins Bett zu gehen. Da braucht es nicht so viel persönlichen Raum, Vorreiter war das Kapselhotel in Tokio für die Mindestgröße eines Schlafraums für Pendler.

In Kalifornien wurden im Anschluss an Wohngemeinschaften und dem Sharing-Trend Wohneinheiten für Co-Living gebaut. Das sind schlicht Wohnungen, deren Zimmer einzeln vermietet werden und in denen die Küche, Aufenthalts- und eventuell Arbeitsräume, vielleicht auch Bäder/Duschen sowie Terrassen oder Gärten gemeinsam genutzt werden und Fernsehgeräte mit Netflix, Hulu und HBO áusgestattet sind (Co-Living: Kleine Räume mit Gemeinschaft, profitabel für Investoren). Das kostet dann statt 3600 nur 1500 oder 2000 US-Dollar im Monat.

Andere versuchen, den Wohnraum weiter zu verkleinern, Stichwort: Micro Living. PodShare bietet nur noch Schlafkabinen oder Schlafkojen nach dem Konzept von Hostels oder Jugendherbergen, die dann nur noch ab 1000 US-Dollar pro Monat kosten, aber auch tageweise zu mieten sind. Angeboten werden Einzel- und Doppelbetten, manche lassen sich in einen Schreibtisch verwandeln. Es gibt sogar welche mit einer Toilette und Platz für Koffer.

Alle haben aber einen Flachbild-TV-Bildschirm mit Netflix, Hulu und Spielen, an den man auch seine Geräte anschließen kann. In der Küche gibt es Frühstück, in den Bädern Handtücher, Seife und Zahnpasta. Zur Verfügung stehen Schließfächer, aber auch Computer, und wer Mitglied ist, kann alle PodShare-Räumlichkeiten 24 Stunden lang nutzen, auch wenn man nur einen Tisch benötigt, kurz mal ausruhen oder sein Handy aufladen will. Die PodShares sollen auch als Co-Working-Räume benutzt werden, mitunter gibt es Zugang zu einem Garten, auch Veranstaltungen finden statt (Neuer Wohntrend? "Die Zukunft ist Zugang, nicht Besitz").

Bild: Elsey Partners

Mini-Apartments für die Reicheren, die Ärmeren sollen in den Keller

In San Francisco will nun die kanadische Firma Helsey Holdings diese Idee weiterführen, wobei gut kalifornisch das Konzept des schrumpfenden Wohnraums mit dem maximalen Profitstreben verbunden wird. Der Plan ist, wie der San Francico Chronicle beschreibt, zwei achtstöckige Appartement-Gebäude auf Parkplätzen zu errichten. 161 18 Quadratmeter große Appartements mit jeweils einem (vorgeschriebenen) Fenster und Bad sowie Küche sollen jeweils über 2000 US-Dollar im Monat kosten. Nur acht Stockwerke ermöglichen es, das Gebäude aus Holz und Beton zu errichten, wird höher gebaut, ist Beton vorgeschrieben, was die Baukosten in die Höhe treiben würde.

Für diejenigen, die weniger Geld ausgeben können, die "Holzklasse", sind 88 "sleeping pods", also Schlafkabinen, in den Kellerräumen vorgesehen. Das sind Wohnzellen mit 4,6 Quadratmetern, in die ein Bett und ein Schreibtisch passen, jeweils zwei sind übereinander gestapelt. Aufgrund von Vorschriften dürfen sie keine Türen, sondern nur Vorhänge haben und liegen in einem Gemeinschaftsraum und einer Küche. Richtig billig ist es trotzdem nicht, 1000 US-Dollar aufwärts sollen sie kosten. Und von den Projektentwicklern wird auch noch gefeiert, dass man damit den Ärmeren hilft, weil man "ein sehr reicher Mensch" sein müsse, um in San Francisco zu leben.

Es geht allerdings um Kosteneffizienz. Appartements müssen Fenster haben, daher die Schlafkabinen. Für die müssen zwar auch Fenster vorhanden sein, aber wenn es sich nicht um abgeschlossene Räume handelt, reichen Kellerfenster in den gemeinsamen Räumen. Allerdings wurden die Baupläne noch nicht eingereicht und ist nicht klar, ob die Baubehörde dies auch wirklich genehmigen wird.

Und weil es für die Souterrain-Klasse keine abgeschlossenen Räume gibt, ist die Folge, dass auch Verhaltenseinschränkungen über eine Hausordnung von den geringverdienenden Mietern verlangt werden sollen, beispielsweise der Verzicht auf Sex, weil das die Mitbewohner in den anderen Schlafzellen stören würde, betrunken und aggressiv sollen sie auch nicht sein.

Es gibt allerdings in San Francisco seit 2002 die Vorschrift bei Neubauten mit mehr als 10 Wohnungen, auch BMR-Wohnungen (below-market-rate) für weniger gut Verdienende zur Miete oder zum Verkauf zur Verfügung stellen zu müssen. Berechtigt sind Menschen, die keine Immobilien besitzen, aber ein Mindesteinkommen haben, aber auch nicht mehr als ein Höchsteinkommen erzielen dürfen. Aber um eine solche billigere Wohnung zu erhalten, braucht man Glück, d.h. man muss in einer Lotterie gewinnen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes Video (Kaltura Inc.) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Kaltura Inc.) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.