Social-Media-Nutzer stolpern häufig über Nachrichten – entkommen der Filterblase

Wer Facebook, Twitter, Google und Portale besucht, kommt mit einer größeren Wahrscheinlichkeit mit Nachrichten in Kontakt als andere, meinen Mainzer Forscher.

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Soziale Medien / Soziale Netzwerke / Social Media

Nutzer sozialer Medien kriegen mehr von der Nachrichtenwelt mit als mancher meint, sagen Mainzer Forscher.

(Bild: Lenka Horavova / Shutterstock.com)

Lesezeit: 2 Min.

Mainzer Forscher sind nicht damit einverstanden, sozialen Medien und Internetportalen pauschal zu unterstellen, ihre Nutzer in Filterblasen und Echokammern zu sperren. Ganz im Gegenteil, meinen sie an der Johannes-Gutenberg-Universität: Die Nutzung von Intermediären wie Facebook, Twitter, Google oder Portalen wie GMX gehe mit mehr Besuchen von Nachrichtenseiten und einer größeren Vielfalt besuchter Nachrichtenseiten einher.

Zusammen mit der Universität Hohenheim und dem GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften in Köln haben die Forscher anhand von Tracking-Software auf Computern und Smartphones von etwa 5000 freiwilligen Probanden herausgefunden, dass Nutzer von Facebook oder Google mit einer größeren Wahrscheinlichkeit mit Nachrichten in Kontakt kommen. Bisher sei hingegen angenommen worden, dass die algorithmischen Filter der Intermediäre Nutzern nur solche Informationen anzeigen, die ihren Interessen und Neigungen entsprechen.

Die Forscher haben mit einem statistischen Modell die erwartete Nachrichtennutzung pro Tag errechnet, um den zufälligen beziehungsweise ungeplanten Kontakt mit Nachrichten zu isolieren. Dabei habe sich gezeigt: An Tagen, an denen jemand mehr auf Facebook, Twitter oder Google unterwegs ist als sonst, bekomme er auch mehr Nachrichten und Nachrichten aus mehr Quellen zu sehen als üblich; und das egal, ob ein Nutzer normalerweise viel oder wenig Online-Nachrichten konsumiert.

In traditionellen Medien wie Fernsehen und Zeitung sähen die Menschen Nachrichten oft nur, wenn sie diese bewusst auswählen, meinen die Forscher. Auf intermediären Plattformen kämen hingegen Menschen auch zufällig mit Nachrichten in Berührung, beispielsweise, wenn ihre Kontakte Nachrichteninhalte teilen oder sie beim Abrufen von E-Mails auf interessante Artikel stoßen.

"Bisherige Debatten haben sich in vielerlei Hinsicht um die Befürchtung gedreht, dass Online-Medien zur Entstehung neuer Mauern in der Gesellschaft führen", sagte Prof. Dr. Michael Scharkow von der JGU. "Unsere Ergebnisse zeigen demgegenüber, dass soziale Medien und Suchmaschinen durchaus das Potenzial haben, bestehende Mauern zu überwinden." Die Studienergebnisse widersprächen also der Bildung von Filterblasen oder Echokammern.

"Speziell aus bisherigen Studien der Universität Oxford wissen wir aber, dass dieser Zugang zu Nachrichten zum Teil zufällig ist, zum Teil aber auch durchaus bewusst passiert. Manche Nutzerinnen und Nutzer besuchen eben auch Facebook, Twitter und Co. mit dem Ziel, dort Nachrichten zu konsumieren", kommentiert Dr. Johannes Breuer von GESIS. (anw)