94 Prozent der Palästinenser lehnen den "großen Friedensplan" ab

Bild: Weißes Haus

Eine Umfrage zeigt, dass sich die Bewohner der palästinensischen Gebiete nichts von Verhandlungen versprechen und der Plan der Trump-Regierung den Konflikt wieder zu existentiellen Grundlagen zurückführt

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Es fehlt noch an Begeisterung für den "großen Friedensplan", auch "Nahost-Plan" genannt, den Trumps Schwiegersohn Jared Kushner ausgearbeitet und den der US-Präsident mehrmals als eine Art Jahrhundert-Werk angekündigt hat, der sich in Wirklichkeit aber sehr einseitig zeigt (vgl. Trumps Friedensplan: Konstruktion eines Gefängnisstaats).

Vertreter der US-Regierung zeigten sich gestern schon erfreut darüber, dass Gegner des Plans in der UN keinen Erfolg hatten. Eine UN-Resolution gegen das Oeuvre kam gar nicht erst zur Abstimmung im Sicherheitsrat, sondern wurde schon im Vorfeld abgewiesen. Das ersparte ein Veto der USA im Sicherheitsrat, das erneut sichtbar gemacht hätte, dass der Plan vor allem vom amerikanischen Gewicht dahinter lebt.

Bislang gibt es drei Länder in der arabischen Welt, die durch die Anwesenheit ihrer Vertreter bei der Verkündigung des großen Friedensplans in Washington ihre Unterstützung klipp und klar deutlich machten: Bahrein, die Vereinigten Arabischen Emirate und Oman. In den Führungen von Saudi-Arabien, Ägypten und Katar gibt es ebenfalls Unterstützer für Kushners Plan. Bei öffentlichen Stellungnahmen fielen die Formulierungen aber zurückhaltend aus, um die öffentliche Meinung in den Ländern nicht zu reizen.

Eine Bemerkung von Turki al-Faisal, ehemaliger saudi-arabischer Botschafter in den USA, deutet an, dass es auch in den Führungsschichten der arabischen Länder kontroverse Meinungen zum Nahostplan gibt. Der frühere Geheimdienstchef und Hardliner alter saudischer Schule bezeichnete den Plan Kushners als "monströs", weil er aus "Palästina eine Schöpfung Frankensteins" mache. Fortschritte im "Friedensprozess" seien damit nicht zu machen

Die genannten arabischen Länder, die Golfstaaten müssen sich allerdings auch dem Vorwurf stellen, dass sie selbst die palästinensischen Sache nicht wirklich ernsthaft auf einen besseren Weg gebracht haben. Zwar gab es jahrzehntelang Unterstützung dafür und die jeweiligen Regierungen bauten auf politisches Kapital aus entsprechenden Reden und Symbolen, allerdings ohne dass sich daraus Konsequenzen für eine zukunftsträchtige Regelung entwickelten.

Jedenfalls gehörten Verweise auf die ungerechte Lage der Palästinenser zur Öffentlichkeitspolitik der genannten Länder, damit verbunden war sicher auch das ein oder andere außenpolitische Ablenkungsmanöver für die Bevölkerung. Die muss nun erst von einer anderen Haltung überzeugt werden.

Eine Umfrage, die zwischen dem 5. und 8. Februar in den palästinensischen Gebieten durchgeführt wurde, zeigt, wie weit der Weg ist, den die Überzeugungsarbeit für Kushners Plan dort zurücklegen müsste. 94 Prozent der befragten Palästinenser lehnen den Deal ab, so die Umfrage des Palestinian Center for Policy and Survey Research (PSR).

1.270 Erwachsene wurden an 127 zufällig ausgewählten Orten der sogenannten Palästinensergebiete "face to face" befragt und neben deutlichen Ablehnungswerten, gab es "auch Zustimmungen" für Teile des Plans, wie das Institut unter Leitung von Khalil Shikaki notiert. Von Deutschland wird es übrigens über die Konrad Adenauer Stiftung unterstützt.

Unterstützung findet hauptsächlich die Ambition des Plans, den Gazastreifen und die Gebiete der Westbank in einem Staat zusammenzuführen. 90 Prozent teilten diese Ansicht, die zu den Selbstverständlichkeiten der Planung eines künftigen palästinensischen Staates gehört.

Mehr als 80 Prozent waren der Meinung, dass der Nahost-Plan den palästinensischen Konflikt wieder auf die existentiellen Wurzeln zurückführt und der Plan selbst so angelegt sei, dass er mit der Ablehnung durch die Palästinenser einhergeht, um Israel die Annexion von Siedlungen und Teilen des Jordantales zu ermöglichen.

84 Prozent sprachen sich für die Rücknahme der palästinensischen Anerkennung Israels aus und 78 Prozent für gewaltfreie Demonstrationen gegen den Plan. 64 Prozent waren für eine Rückkehr zur bewaffneten Intifada. Einschätzungen in Israel halten eine neue Intifada für wenig wahrscheinlich und der Rückhalt für bewaffneten Widerstand fällt im Vergleich zu anderen Punkten der Umfrage nicht besonders deutlich aus.

Zu denken geben muss den gegenwärtigen Regierungen in den USA und in Israel, dass die Palästinenser, wie sich auch in dieser Umfrage bestätigt, nicht mehr daran glauben, dass Verhandlungen gute Lösungen bringen. Das ist eine schlechte Aussicht für eine politische Friedensregelung.