MH17: Geleakte Dokumente nähren Zweifel am JIT

Falls die von Bonanza Media veröffentlichten Dokumente authentisch sind, wurden wichtige Informationen von den Berichten des Gemeinsamen Ermittlungsteams ausgeschlossen

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Bonanza Media von Max van der Werff und Yana Yerlashova hat einen ersten Coup gelandet und erste Dokumente zum Fall MH17 publiziert, die zwar das Narrativ des Gemeinsamen Ermittlungsteams und die Anklage gegen vier Verdächtige der "Kommandokette" nicht widerlegen, aber doch weiteren Zweifel begründen. Das MH17-Narrativ, nach dem russisches Militär ein Buk-System während des Luftkriegs der ukrainischen Streitkräfte gegen die Separatisten in die Ostukraine gebracht haben soll, könnte ähnlich gezimmert worden sein, wie der OPCW-Abschlussbericht über den angeblichen Giftgasangriff in Duma, der offenbar politisch korrekt durch Ausschluss von Fakten und Inspektoren verfertigt wurde.

Am 9. März beginnt der Prozess in den Niederlanden gegen die vom Gemeinsamen Ermittlungsteam (JIT) ausgemachten Verdächtigen, von denen wohl keiner vor Gericht aussagen wird. Hinter der Bühne kam es zu Veränderungen, die sich auf die Prozessführung auswirken könnten. So wurden alle mit MH17 beschäftigten ukrainischen Staatsanwälte entlassen und ersetzt, der leitende niederländische Staatsanwalt wird im März versetzt (Überraschende Ereignisse).

Angeblich will sich jedoch einer der Angeklagten durch Anwälte vertreten lassen. Darauf setzt der Privatermittler Josef Resch, der seine Dokumente über den Abschuss von MH17, die er von einem Informanten angeblich gegen 17 Millionen US-Dollar erhalten hat, die ein anonymer Auftraggeber nach Durchsicht gezahlt haben soll. Das volle Preisgeld wurde allerdings nicht ausgezahlt. Resch bot die Dokumente dem JIT an, verlangte aber, dass er sie im Beisein von Medien zur Sicherheit präsentiert. Das hat das JIT abgelehnt. Jetzt setzt er darauf, von einem Strafverteidiger als Zeuge benannt zu werden.

Alle Buk-Systeme sollen außer der Reichweite für einen Abschuss gewesen sein

Die jetzt geleakten Dokumente, es sollen noch weitere kommen, könnten bereits die Anklage stärker in Frage stellen - vorbehaltlich natürlich, dass sie authentisch sind. Bislang wurden ihre Echtheit von den entsprechenden Behörden weder bestätigt noch bestritten. Nach Tass soll die australische Bundespolizei allerdings die Echtheit des Dokuments bestätigt haben, während die niederländische Staatsanwaltschaft sich dazu nicht äußern wollte.

So wurde vom JIT offenbar eine am 28. Juli gemachte Zeugenaussage eines ukrainischen Bürgers aus Krupskoje bei Torez ausgeklammert, der einem niederländischen Ermittler erzählte, dass er den Abschuss der MH17 gesehen habe. Der Himmel sei bedeckt gewesen. Er habe zwei ukrainische Kampfflugzeuge vor dem Abschuss und eine 200 Meter weite Rauchwolke am Himmel gesehen habe, die sich horizontal erstreckte. Das würde für eine Luft-Luft-Rakete sprechen, nicht für eine vom Boden abgefeuerte Buk-Rakete. Der Zeuge widersprach vor allem dem Foto, das als Beweis für das Abfeuern einer Buk-Rakete dient und das einen wolkenlosen Himmel zeigt. Das scheint auch nach anderen Aufnahmen nicht zu stimmen. Aber gut, die Zeugenaussage muss nicht stimmen.

Ein anderes Dokument ist ein Bericht von Generalmajor Onno Eichelsheim, Direktor des niederländischen Militärgeheimdiensts MIVD, vom 21. September 2016 an die Staatsanwaltschaft. Nach dem militärischen Geheimdienst der Niederlande war MH17 "außerhalb der Reichweite aller identifizierten und einsatzfähigen ukrainischen und russischen Orte geflogen, wo 9K37M1 Buk M1-Systeme aufgestellt waren". Die Reichweite wird mit 42 km angegeben. Das wäre ein harter Schlag für das MH17-Narrativ des JIT. Auch dieses Dokument wurde nicht berücksichtigt.

In view of the locations of the systems identified and the speed with which these can be moved, as well as the nature, development and conflict and border zone of the fight against the separatists on July 2014 it is unlikely that a 9A310M1 launch vehicle originating from the Ukrainian armed forces could have been moved in time for flight MH17 to come within its range and be hit.

MIVD

Auf russischer Seite habe es zwei Flugabwehr-Systeme mit einer ausreichenden Reichweite in Russland bei Rostow gegeben (vermutlich S-300) und drei drei BUK-Systeme in einer Entfernung von mindestens 100 km zur Absturzstelle. Nach Informationen von "Partnern" seien diese aber nicht benutzt worden. Zudem seien in der Nähe von dicht bevölkerten Gebieten stationiert gewesen. Wenn ein Abschuss erfolgt wäre, hätte dies bemerkt werden müssen. Darüber gebe es aber keine Berichte. Bemerkenswert ist der Verweis auf "Partner", die die russischen Buk-Systeme beobachtet haben. Das wäre in einem Kriegsgebiet bei einem Konflikt, der auch direkt USA/Nato und Russland betrifft, auch anzunehmen. Sollte das Dokument echt sein, dann würde die Zurückhaltung von Beweisen, wie das der Fall bei den Satellitenbildern vom Abschuss wäre, von denen der damalige US-Außenminister Kerry gesprochen hatte, ist die Skepsis gegenüber der Ermittlungsrichtung verstärken.

Manipulierte Bilder vom Buk-Transport

Und dann gibt es noch einen Bericht der australischen Polizei für das JIT vom Juli 2015. Nach diesem wurden die vor allem von Bellingcat gesammelten, aber wohl nicht forensisch überprüften Metadaten der Bilder des Buk-Transporters, der die Waffe in die Ostukraine gebracht haben soll, "manipuliert". Die vier Bilder würden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht aus der Zeit des MH17-Abschusses stammen. Es sollen die Daten verändert worden sein. Überdies seien die Bilder verkleinert worden, es seien also nicht die Originale. Offenbar hatte die australische Polizei keinen Zugang zu den Originalen.

Dann gibt es noch das Protokoll einer Befragung des Journalisten Billy Six durch zwei australischen Polizisten. Six war zur Zeit des MH17-Abschusses in der Ostukraine und am Absturzort. Er sagte, die ukrainische Luftwaffe habe die Umgebung des Absturzortes bombardiert, obgleich hier nach den Dorfbewohnern keine Kämpfe stattfanden. Er legte dazu Videos vor. Six hatte offenbar Fotos erhalten, auf denen womöglich Kampfflugzeuge zu sehen waren. Und er sagte, er habe im Januar 2015 14 Zeugen befragt, die gesagt hätten, dass an dem Tag keine Buk abgefeuert worden sei. Einige Zeugen hätten gesagt, sie hätten zwei Kampfflugzeuge gesehen. Ein Zeuge habe gesagt, er habe gesehen, wie ein Flugzeug eine Rakete abschoss.