Corona-Virus: Vorbereitungen auf eine Epidemie

Symbolbild: Matteo Fusco/unsplash

Italien hat die Lage verändert: Die Gesundheitsminister in Deutschland und Frankreich reagieren mit Versicherungen

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Aus Italien wurde heute das siebte Todesopfer des Virus Covid-19 (auch: SARS-CoV-2) gemeldet, die Zahl der Infizierten liegt bei über 220 und hat sich damit schnell gesteigert. Italien ist derzeit der "größte Herd des Virus in Europa". Die Situation, begleitet von drastischen Maßnahmen, macht viele in Europa nervös.

Die EU hat rasch ein Finanzierungspaket von 230 Millionen Euro für Hilfsorganisationen und Impfstoffentwicklung gepackt. Zur politisch sehr heiklen Frage von Grenzschließungen hält man sich zurück. EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides hat zu Reisebeschränkungen bemerkt, dass sie wissenschaftlich begründet und verhältnismäßig sein müssten.

"Wissenschaftlich begründet" … Wenn das die Verantwortlichen in Österreich gestern Abend nur gewusst hätten, als sie einen Zug Richtung Brenner stoppen ließen, weil zwei Passagiere unter Verdacht standen, dass sie sich infiziert hätte. Der Verdacht bestätigte sich nicht. Es gab Entwarnung. Der Zug durfte später weiterfahren. Das Geschehen zeigt, wie verunsichernd die rasanten Entwicklungen in Italien sind und dass diese Dynamik im konkreten Fall den Ausschlag für Handlungen gibt.

Noch ist es offiziell keine Epidemie, aber gehandelt wird sie schon als solche. "Die Corona-Epidemie ist als Epidemie in Europa angekommen und deshalb müssen wir damit rechnen, dass sie sich auch in Deutschland ausbreiten kann", sagte der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn laut Reuters. Italien habe die Lage verändert. Als Problem stellt Spahn heraus, "dass in Italien die Infektionsketten nicht mehr nachvollziehbar seien. Damit laufen Versuche, Infizierte zu isolieren, ins Leere".

Deutschland sei aber gut vorbereitet, versichert Spahn. Man bewältige schließlich auch die Grippewellen Jahr für Jahr erfolgreich. Konkret geht es ihm vor allem darum, dass in Deutschland weiter "versucht werden" sollte, "jeden infizierten Patienten zu identifizieren und zu isolieren". Im Augenblick könne er noch nicht sagen, ab welcher Fallzahl die "nächste Stufe" beschritten wird.

Die Weltgesundheitsorganisation notiert in ihrem letzten Situationsbericht 16 Fälle für Deutschland. Der Report datiert vom 22. Februar, da waren es in Italien noch 9 Fälle.

Kein Wunder also, dass die letzten Tage das Bild verändert haben. In Frankreich hieß es am gestrigen Sonntag, dass es nur mehr einen Fall gebe, eine infizierte Person, die in Lyon im Krankenhaus liege, trotzdem stellt sich auch der dortige Gesundheitsminister, Olivier Véran, auf eine Epidemie ein. Auch Véran versichert, dass man gut vorbereitet sei.

"Grenzkontrollen nicht vordringlich"

Zu den Maßnahmen, die nun mit Bildern von Menschen mit Gesichtsmasken illustriert in den französischen Medien vorgestellt werden, gehört einmal die Ausweitung der Kapazitäten von Krankenhäusern für die Aufnahme von Infizierten. Es sollen nun 70 zusätzliche Krankenhäuser dafür "aktiviert" worden sein, mindestens eins pro Departement soll es geben, nennt der Minister als Zielvorgabe. Insgesamt gibt es in Frankreich 101 Departements, davon sind 5 in Überseegebieten.

Zum anderen soll die Diagnostik verstärkt werden. In Marseille soll das Institut für ansteckende Krankheiten bereits die Kapazität haben, täglich tausend Tests durchzuführen, in Paris sei man bei 400 Tests am Tag. Das werde ausgebaut, wie auch der Chef der dem Gesundheitsminister unterstellten Direction générale de la Santé (DGS), Jérôme Salomon, verspricht.

Er stimmt mit seinem Vorgesetzten darüber überein, dass verstärkte Grenzkontrollen nicht das geeignete Mittel sind, um die Ausbreitung einer möglichen Epidemie zu verhindern, sondern dass es vordringlich darum gehe, die Ansteckungsfälle so schnell wie möglich zu identifizieren. Salomon geht davon aus, dass sich die Fälle auch angesichts einer verstärkten Detektionsarbeit bald häufen werden.

Nach seiner Darstellung habe Frankreich 100 Krankenhäuser, die für die Aufnahme von Patienten mit dem Corona-Virus vorbereitet sind und 30 Labors, die mehr als 1.000 Tests am Tag durchführen können.

Wer da genauer auf die Kongruenz der Aussagen der beiden obersten Verantwortlichen für gesundheitspolitische Maßnahmen in Frankreich schaut, sieht, wenn auch leichte, Unterschiede in den Zahlen. Das ist nicht gerade vertrauensbildend. Man kann dies wahrscheinlich damit erklären, dass das Bemühen, der Bevölkerung ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln, im Vordergrund steht und die Zahlen, wenn es um Covid-19 geht sowieso in Bewegung sind.

Man sei in einer Situation, die sehr "évolutive" sei, so der französische Gesundheitsminister. Aber es gebe keinen Grund zur Verunsicherung, betont er wie sein deutscher Amtskollege. Man sei gerüstet, übrigens auch mit Gesichtsmasken, die weitaus besser seien als die üblichen. Ob man sich dann beim nächsten Krisentreffen so begrüßt, wie es die jungen Männer in Iran vormachen?

Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire machte währenddessen in Riad auf eine Auswirkung des Virus aufmerksam. Der Tourismus in Frankreich habe mit einem Rückgang von 30 bis 40 Prozent zu rechnen. Er macht 8 Prozent des Bruttoinlandprodukts im Nachbarland aus.