Das wahre Gesicht hinter der Maske?

Symbolbild: Taras Chernus/unsplash

Fake News und die Frage, wann die Pflicht zum Tragen einer Schutzmaske kommt

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In der Krise zeigt sich das "wahre Gesicht" ist so eine Redensart, die sich mit der Corona-Verunsicherung sehr verbreitet. Man behauptet zum Beispiel von Donald Trump, dass er nun sein wahres Gesicht zeigt, weil er seine "America First"-Doktrin derart rücksichtslos umsetzt, dass er den Deutschen einen potentiellen Impfstoff mit US-Dollar-Macht wegkaufen will, um ihn dann exklusiv einzig den Amerikanern zur Verfügung zu stellen.

Da sich nun Schutzmasken als immer wichtigeres hochgehandeltes Krisengut herausstellen, wird getitelt, dass Trump den Hersteller 3M dazu bringen will, die Atemschutzmasken vor allem für den US-Markt zu produzieren.

Dazu kam die Nachricht, dass die USA eine Lieferung von 200.000 Schutzmasken, die von Berlin bestellt und bezahlt worden seien, umgeleitet hätten. Der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) bezeichnete den Vorfall "als Akt moderner Piraterie".

Nachkorrekturen

In beiden Fällen musste nachkorrigiert werden. Dem Welt-am-Sonntag-Bericht vom 15. März, nach dessen Informationen die US-Regierung sich die Rechte für den "potentiellen Corona-Impfstoff" der Firma CureVac "exklusiv" sichern wollte, folgten nachträgliche Informationen, die die Sache vorsichtig gesagt, nicht mehr so eindeutig aussehen lassen, wie etwa in der FAZ nachzulesen war. Es gab kein solches Angebot, erklärte die Tübinger Firma demnach.

Man frage sich jetzt, was an der Sache "Fake News sein könne", schreibt die bürgerliche Zeitung zwei Tage nach dem WamS-Bericht. Bemerkenswert ist, dass der Vorwurf gegen Trump auch in maßgeblichen politischen Kreisen in Deutschland wie ein Fakt behandelt wurde. "Hochrangige Politiker in Berlin bestätigten gegenüber verschiedenen Medien den Vorstoß von Trump", so die FAZ.

Ähnliche Relativierungen gibt es nun auch im Fall der "umgeleiteten Schutzmasken". Offenbar war der Vorwurf etwas vorschnell. Jetzt wird von einer "Fehlinformation" gesprochen, "zumindest in dem Punkt, dass die Anweisung von der Regierung in Washington gekommen sei", wie n-tv berichtet

Noch sei nicht ganz geklärt, was stattdessen passiert ist. Möglich sei, dass die Lieferung in Thailand von dortigen Behörden gestoppt worden sei oder dass der Händler "die Ware zu einem höheren Preis verkauft" habe, "womöglich in die USA", heißt es. Die Firma 3M hatte den Vorwurf schon früh dementiert.

Das soll nun nicht zum Schluss führen, dass die Politik Donald Trumps kein hässliches Gesicht hätte - dazu muss man nur genau genug nach Venezuela schauen, in den Iran, nach Syrien oder in die ärmeren Zonen der USA, um sich davon zu überzeugen.

"Achtung Fake News!"

Aber es gilt eben genauer hinzuschauen, auch für die Bundesregierung, die in Sachen "Fake News" im Zusammenhang mit Corona kein vertrauenswürdiges Bild abgibt. Weil sie in der Corona-Krise kommunikationsmäßig schnell zum Hammer greift.

Berühmt ist mittlerweile die Warnung des Gesundheitsministeriums vom 14. März. Das twitterte mit der Überschrift "Achtung Fake News!": "Es wird behauptet und rasch verbreitet, das Bundesministerium für Gesundheit / die Bundesregierung würde bald massive weitere Einschränkungen des öffentlichen Lebens ankündigen. Das stimmt NICHT!"

Mittlerweile hat es genau diese Beschlüsse gegeben, die das öffentliche Leben massiv einschränken … Das ZDF verwies seinerseits damals in seinem Bericht darauf mit dem Titel "Gesundheitsministerium warnt vor Fake News".

Das sollte zu denken geben, wenn es um Forderungen nach Bestrafungen von Fake News geht.

Neulich galten Atemschutzmasken noch als wenig nützlich

Vorsicht ist nicht nur vor dem Virus nötig, sondern auch vor dem Erregungszirkus aus schnellen Behauptungen, die Autorität reklamieren. Die Dynamik der Corona-Krise mit ihren sich überlagernden Ensembles von Problemen (man braucht dazu nur mit jemandem aus einem kleinen oder mittelgroßen Unternehmen oder einem Freiberufler sprechen) und Kettenreaktionen lässt manche Einsichten schnell veralten.

Neulich galten Atemschutzmasken noch als wenig nützlich. Jetzt wird gemeldet, dass der österreichische Kanzler Kurz das Tragen von Mund-Nasen-Masken ab Montag zur Pflicht machen will. Der österreichische Staatschef scheint sich sicher, dass die Versorgung mit der Zeit funktionieren wird:

Was Schutzmasken betrifft, hat das medizinische Personal Vorrang. Bei Nasen-Mund-Schutz nutzen wir die Supermärkte als Distributionskanal, aber wir schließen einen Versand per Post in der Zukunft nicht aus.

Sebastian Kurz

Die Diskussion über Schutzmasken verändert sich, schreibt die britische Financial Times am Wochenende. Demnach will auch die Slowakei, Bosnien-Herzegowina und die Tschechische Republik mit einer Tragepflicht von Atemschutzmasken in der Öffentlichkeit folgen.

Deren Schutzwirkung, bei der es im Detail viel verwirrendes zu berichten gäbe, ist wohl am besten mit dem Satz des taiwanesischen Gesundheitsministers Chen Shihchung wiedergegeben: "Anything is better than nothing." Eine Untersuchung, die kürzlich bei Nature erschienen ist, bestätigt, dass Gesichtsmasken, wie man sie von Chirurgen kennt - "surgical face masks", die Transmission von menschlichen Corona- und Influenzaviren durch "Individuen mit Symptomen" verhindern könnte.

(Einf.: Für das medizinische Personal sind Schutzmasken unabdingbar. Bei der Talkshow "Anne Will" war später davon die Rede, dass nicht genug vorgesorgt wurde, obwohl doch Pläne für die Vorsorge bei Pandemien in den Schubladen lagen und man spätestens ab Januar ahnen konnte, dass sich der neuartige Corona-Virus zu einem Problem entwickeln könnte. Die Ärzte in den Krankenhäusern seien nun mit einem "schwierigen Ausrüstungsstand" konfrontiert. Auch weil es weltweit einen Run auf die Schutzmasken gibt. In Deutschland habe man derzeit 37 Millionen Schutzmasken, benötigt würden die nächsten 6 Monaten allein für das medizinische Personal schätzungsweise 115 Millionen, darunter 47 Millionen FFP2-Masken.)

Mittlerweile werden Anleitungen für das Anfertigen eigener Masken von der New York Times, von einer US-Behörde, dem BR oder Freunden übers Smartphone verschickt.

Man wartet auf das Dementi der Bundesregierung, dass es keine Pflicht zum Tragen von Schutzmasken geben wird, um zu ahnen, dass der Supermarkt-Sicherheitsmann demnächst eine andere Weisung verkünden wird. Wahrscheinlich ist, dass die Mundschutzmasken bei der kommenden "Phase" eine große Rolle spielen. Die Frage, welches Gesicht sich hinter der Maske befindet, wird uns auf neue Art beschäftigen.