Schuldengebirge oder Helikoptergeld gegen Mega-Depression?

UBild: International Monetary Fund, Washington D.C. Foto: Jörg Gastmann

In der Corona-Krise ist eine der wichtigsten Fragen, wie man ein ökonomisches Desaster für öffentliche Haushalte, Unternehmen und Bürger verhindern kann

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Atemberaubende Zahlen kursieren zu den Kosten der Corona-Krise. Mittlerweile liegt der Zwischenstand bei 750 Milliarden Euro für Deutschland. Lediglich 500 Milliarden Euro (rund 1.120 Euro pro Bürger) soll ein EU-"Hilfspaket" umfassen, dessen Finanzierung ebenso unklar ist wie (laut Bundesfinanzministerium) geplante 1.173 Milliarden Euro für Deutschland. Weltweit sind bisher 9,2 Billionen Euro Rettungspakete und Bürgschaften in Diskussion.

Man staunt, welche kreativen Ideen die Krise gebiert. Als neueste Variante gab EU-Kommissionschefin von der Leyen am 20.04.2020 ihre Idee bekannt, dass die EU-Kommission eine Anleihe auf den EU-Haushalt ausgeben will, für deren Schulden die EU-Mitgliedsländer bürgen sollen, ohne dafür zu haften. Wie genau eine Bürgschaft ohne Haftung möglich sein soll, ließ Frau von der Leyen offen.

Kreativ ist auch Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez, der nach einem Bericht der Zeitung "El Pais" einen kreditlosen "Recovery Funds" im Umfang von etwa 1,5 Billionen Euro fordert. Dieses Geld soll nicht in Form von Krediten, sondern als schuldenfreie Zuschüsse an EU-Staaten fließen. Sánchez will das Geld durch "ewige Anleihen" finanzieren, für die zwar Zinsen fällig werden, die aber keinen Rückzahlungstermin haben. Man könnte es auch Helikoptergeld mit Mini-Zinsen nennen, wobei unklar ist, warum dieses Konstrukt überhaupt Zinsen enthält.

Alle diese vagen Hochrechnungen und kreativen Finanzkonstrukte gehen lediglich von wenigen Wochen oder Monaten aus, während mindestens ein halbes Jahr stark reduzierter Wirtschaftstätigkeit durchaus wahrscheinlich ist. "Schlimmster Wirtschaftsabschwung seit der Großen Depression" nannte der Internationale Währungsfonds die Situation.

Wie kann man diese enormen Summen finanzieren? Dazu gibt es fünf Optionen.

Option 1: Staatsschulden-Explosion durch immer mehr Kredite

Diese Option könnte man auch "weiter wie bisher" nennen. Keynesianer fordern kreditfinanzierte Staatsausgaben, damit der Staat bei Konjunktureinbrüchen gegensteuern kann und als Nachfrager am Markt auftritt. In "besseren Zeiten" wollen Keynesianer diese Defizite abbauen. Nur passiert das nie.

Keynes‘ Grundidee ist zwar theoretisch zielführend, aber sie scheitert daran, dass die ständig steigenden Schulden der Staaten kein konjunkturelles, sondern ein strukturelles Problem abbilden. Die Staaten haben viel zu geringe Einnahmen, weil ihre Steuersysteme ineffizient sind und riesige Schlupflöcher haben. Wenn sich Regierungen weigern, unübersehbare Mängel und Schlupflöcher zu beseitigen, ist das gemäß "cui bono?" ("wer profitiert?") nur durch Korruption zu erklären.

Wer von zu geringen Staatseinnahmen spricht, erntet bei neoliberalen und libertären Demagogen und ihren Anhängern stets das Scheinargument, der Staat könne schlecht mit Geld umgehen, und daher solle man möglichst alle staatlichen Leistungen privatisieren. Das ist aus vielerlei Gründen undurchdacht. Erstens geht jeder Euro, den ein Staat einnimmt, direkt oder indirekt an seine Bürger zurück. Das ist bei Privatisierungen nie der Fall, da hier immer Profite an die Kapitaleigentümer fließen. Damit sind wir beim zweiten Pluspunkt öffentlicher Haushalte: Hier gibt es keine Profite. Bund, Länder und Kommunen arbeiten lediglich auf Basis der Kostendeckung. Und nicht einmal das tun sie, denn durch ihre Defizite fließt mehr Geld an die Bürger und Steuerzahler, als diese durch Steuern zahlen.

Nun dreht sich die Spirale der Staatsschulden immer weiter. Auch in Deutschland, denn die "Schwarze Null" ist lediglich eine Bilanzfälschung durch unterbliebene Investitionen und Instandsetzungen. Die entscheidende Frage lautet: Wie lange geht das gut? In Japan, dem Land mit den weltweit höchsten Schulden in Relation zum Staatshaushalt, spielen Schulden keine große Rolle. Denn zwischen Regierung und der Notenbank gibt es ein "Geschäftsmodell", das zum Ärger der Schuldenhysteriker funktioniert: Die Notenbank kauft seit vielen Jahren unbegrenzt japanische Staatsanleihen, mit Zinsen von fast Null Prozent, und alte Anleihen werden durch neue Anleihen endlos als Schneeballsystem finanziert. Eine Rückzahlung der Staatsschulden / Anleihen erwartet niemand, der das System kennt. Wenn man ehrlich ist, ist das eine Form von Helikopter-Geld, auf das wir weiter unten zurückkommen.

Im praktisch gesamten Rest der Welt scheitert die japanische Strategie an der Ideologie, Staatsschulden seien mit den Schulden von Unternehmen und Privatpersonen vergleichbar (Konzept "schwäbische Hausfrau"). Das gilt allerdings nur für Staaten mit einer schwachen Wirtschaft, die auf Devisen für den Import wichtiger Güter angewiesen sind. Auch in den USA funktioniert bisher das Modell des Staatsanleihen-Kaufs durch die FED, und im Euro-Raum kauft die EZB Staatsanleihen auf, bei denen klar ist, dass auch sie nur durch ein Schneeballsystem verlängert und deren Schulden nie getilgt werden.

Da Wirtschaft zum Großteil auf Vertrauen basiert, ist dieses Modell bzw. das endlose Anhäufen von Schulden allerdings selbst für die stabilsten Staaten gelinde gesagt wackelig. Denn dieses Kartenhaus wird einstürzen, sofern entweder die Entscheider die Nerven verlieren oder kollabierende überschuldete Staaten als Absatzmärkte ausfallen. Gerade China ist ein Schulden-Pulverfass. Auch das Damoklesschwert der Digitalisierung und der damit verbundenen Einnahmeausfälle wird von Regierungen und den meisten Volkswirten nach wie vor ignoriert.

Option 2: Transferunion

Eine von Süd-/Osteuropa geforderte und von Nord-/Westeuropa abgelehnte Option ist die Transferunion: Die weniger verschuldeten Länder zahlen einen "Länderfinanzausgleich" an die stärker verschuldeten Länder. Die Einäugigen zahlen gewissermaßen an die Blinden. Im Klartext heißt das: Bürger und Unternehmen unter anderem aus Deutschland, Österreich, Schweden, Dänemark und den Niederlanden zahlen höhere Steuern, um die Staatsdefizite in Ländern wie Italien, Griechenland, Polen, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Spanien geringer ausfallen zu lassen.

Unter "Europa braucht den XXL-Geldtopf" forderte als Vertreter dieser Option ein Spiegel Online Kolumnist am 19.04.2020 die Transferunion. Nur verpackt er sie als "größeren EU-Haushalt", in den die weniger verschuldeten Länder wie Deutschland mehr einzahlen und aus dem die verschuldeteren Länder mehr erhalten. Die Effekte sind auch mit einem anderen Etikett die Gleichen.

Einer der wichtigsten Effekte ist die Umverteilung. Vereinfacht geht das Geld folgenden Weg: Exportüberschüsse (unter anderem) aus Süd-/Osteuropa mehren die Vermögen von Nord-/Westeuropas Kapitaleigentümern. Nord-Westeuropas und gerade Deutschlands Arbeitnehmer profitieren davon größtenteils nicht, weil zu niedrige Gehälter eine Grundlage des Export-"Erfolgs" sind. Die Staatshaushalte aus Nord-/Westeuropa sollen die Importdefizite der Süd-/Osteuropäer (zumindest teilweise) ausgleichen. Das Geld dafür zahlen die Steuerzahler in Nord-/Westeuropa. Im Endeffekt wäre das also ein Nullsummenspiel für Süd-/Osteuropa und in Nord-/Westeuropa eine Umverteilung von Arbeitnehmern / Steuerzahlern an die Kapitaleigentümer.

Daraus ergibt sich ein weiterer Effekt: Wer die Transferunion fordert, macht Wahlkampf für rechtspopulistische EU-Gegner:https://www.heise.de/tp/features/Kein-ESM-wir-sind-Italiener-4702348.html. Ein realistisches Szenario einer Transferunion ist das Ende der EU.

Option 3: Gemeinschaftsschulden

"Eurobonds" oder "Corona-Bonds" sind lediglich in der EU eine Option. Im Rest der Welt gibt es keine solchen Staatenbünde und Möglichkeiten bzw. Überlegungen. Eurobonds sind Staatsanleihen, die alle EU-Staaten bzw. Euro-Staaten gemeinsam ausgeben und gemeinsam für die Rückzahlung haften. Daraus ergibt sich für Länder wie Italien, Spanien und Griechenland ein niedrigerer Zinssatz, während Länder wie Deutschland, Österreich und die Niederlande höhere Zinsen zahlen müssten. Oder wie im Falle Deutschlands, dass derzeit sogar Negativzinsen für seine Schulden erhält: Deutschland müsste dadurch überhaupt erst wieder Zinsen zahlen.

Logische Konsequenz: Die Hochzins-Länder sind dafür, die Niedrigzins-Länder sind dagegen. Beide Seiten haben nachvollziehbare Argumente:

Der Euro ist eine Luxuswährung, die man sich leisten können muss. Denn wer weniger wettbewerbsfähig ist, muss entweder intern oder extern abwerten. Externe Abwertung heißt: Sofern man eine eigene Währung kontrolliert, kann man den Wechselkurs abwerten. Schwachen Ländern ohne eigene Währung bleibt nur die interne Abwertung. Das heißt: Armut für die Bevölkerung durch die Kürzung von Löhnen und Renten. Länder wie Griechenland, Italien und Spanien werden keine Wahl haben, als den Euro zu verlassen bzw. ihre alten Währungen als Parallelwährungen einzuführen, was de facto auf das Gleiche hinausliefe.

Damit wäre der Euro gescheitert, was gerade für Länder wie Deutschland, Österreich und die Niederlande bedeuten würde, dass sie nicht mehr durch einen Euro subventioniert würden, dessen Wechselkurs für sie zu niedrig ist. Das hätte wiederum zur Folge, dass die Exporte einbrechen und die Krise auch auf die stärkeren Länder durchschlägt. Damit das nicht passiert, fordern auch einige deutsche Ökonomen und Journalisten Euro-Bonds.

Das Gegenargument ist ebenso gewichtig: Euro-Bonds wirken, als würde man in einem Hochhaus die Strom- und Wasserzähler der einzelnen Haushalte ausbauen und durch Gemeinschaftszähler ersetzen. Alle Kosten werden nur zu einem Bruchteil den Verursachern in Rechnung gestellt, während Sparsamkeit nur zu einem Bruchteil bei den Sparsamen ankommt. Die logische Konsequenz ist eine hemmungslose Verschwendung beziehungsweise Verschuldung.

Aus dieser Zwickmühle gibt es keinen Ausweg. Deshalb sind Euro-Bonds keine Lösung.

Option 4: Alternatives Wirtschaftssystem

Ob Arbeitsmarkt oder Finanzierung öffentlicher Haushalte, ob Finanzmarkt oder Gesundheitssystem, ob Inflationsbekämpfung oder Schere zwischen Arm und Reich: Es gibt mindestens zwei Dutzend alternative Wirtschaftssysteme und Steuersysteme, über die man ergebnisoffen diskutieren muss. Ebenso wie Kapitalismus und Kommunismus muss man die Systeme den drei Killkriterien für Ideen und Systeme unterziehen: Problemlösungsfähigkeit, Umsetzbarkeit und Mehrheitsfähigkeit.

Die langfristige Lösung für die strukturellen Probleme von Wirtschaft und Gesellschaft liegt in einem alternativen Wirtschaftssystem, das die Wirtschaft den Interessen aller Menschen unterordnet und dabei gleichzeitig nicht wie der Sozialismus die Motivation zu Arbeit und unternehmerischer Tätigkeit zerstört. Ein solches System muss außerdem den globalen Steuer-Unterbietungswettbewerb beenden und (statt durch demotivierend hohe Steuersätze) durch eine effiziente und gerechte Finanzierung der öffentlichen Haushalte überzeugen.

Alternative Wirtschaftssysteme benötigen allerdings je nach System teils Monate, teils Jahre, bis sie ihre Wirkung entfalten. Um die Schäden des Corona-Lockdown zu kompensieren und den drohenden "Schlimmsten Wirtschaftsabschwung seit der Großen Depression" zu verhindern, muss eine Gegenmaßnahme sofort wirken. Sofort wirkt nur Helikoptergeld:

Option 5: Helikoptergeld statt Schuldengebirge

Echtes Helikoptergeld ist von den Zentralbanken durch bloße Buchungen erzeugtes Geld, das an Regierungen überwiesen und dann von den Regierungen an Unternehmen und/oder Bürger verteilt wird. Wie unter "Vollgeld, Giralgeld, Helikoptergeld, Schuldgeld, Zinsen" erläutert, ist Helikoptergeld eine Option, die von immer mehr Experten empfohlen wird. Wäre Bernie Sanders der nächste US-Präsident, und würde der US Congress mitziehen, wäre Helikoptergeld unter dem Namen "Modern Monetary Theory" im Umfang von mehreren Billionen Dollar (nicht nur US "billions", sondern US "trillions") umgesetzt worden, um zum Beispiel einen "Green New Deal" zu finanzieren. Dann wäre aus einem Gedankenspiel Realität geworden.

Schon vor der Corona-Krise erstickte die Welt unter Schuldenbergen, obwohl die Summe aller Vermögen abzüglich aller Schulden einen gigantischen positiven Saldo hat. Eine Welt, in der Schulden nur bei laufenden Krediten existieren, und in denen öffentliche Haushalte alles Wünschenswerte finanzieren können, ohne die Bürger nennenswert zu belasten, ist möglich (siehe Option 4).

Nun machen die Lockdown-Maßnahmen der Corona-Krise die Schuldenberge zu Schuldengebirgen. Wenn Regierungen der Forderung mancher Leute nachkommen, den Lockdown aufrecht zu erhalten, bis es einen Impfstoff gibt, werden nicht nur unzählige Unternehmen insolvent. Ganze Staaten stehen dann vor dem finanziellen Kollaps. Daher braucht es einen schnellen Ausgleich der Umsatz- und Einkommensverluste. Das kann nur Helikoptergeld schaffen.

Das Gegenargument ist eine mögliche Inflation. Wobei Inflation zwei Bedeutungen hat. Die erste ist die "Aufblähung" der Geldmenge, woher die Inflation ihren Namen hat. Die Steigerung der Geldmenge ist jedoch irrelevant, sofern dadurch die Preise nicht steigen. Damit sind wir bei der zweiten und einzig relevanten Definition von Inflation: Die Steigerung der Preise.

Crash-Gurus und Inflationshysteriker sehen grundsätzlich immer eine drohende Hyperinflation und instrumentalisieren die Hyperinflation im Deutschland der 1920er-Jahre. Eine Hyperinflation gibt es jedoch nur, wenn es a) ein sehr geringes Warenangebot (wie in der Zeit nach dem 1. Weltkrieg) und gleichzeitig b) eine sehr hohe Geldmenge (die bei Hyperinflationen von der Regierung gedruckt und verteilt wird) in den Händen der breiten Masse der Bevölkerung gibt. Da das Warenangebot (außer bei Toilettenpapier und anderen Corona-spezifischen Produkten wie Atemschutzmasken und Desinfektionsmitteln) in Europa riesig ist und die Unternehmen auf vollen Lagern und hohen Produktionskapazitäten sitzen, gibt es keine Inflationsgefahr.

Wie unter "Vollgeld, Giralgeld, Helikoptergeld, Schuldgeld, Zinsen" erläutert, könnte Helikoptergeld in wohldosierter Menge eine zusätzliche Kaufkraft schaffen, ohne die Inflation zu erhöhen. Die Dosis ist recht einfach zu berechnen. Für Bürger ist es eine Aufstockung des Einkommens auf das Level vor Corona und Kurzarbeit / Arbeitslosigkeit. Bei Unternehmen ist es grob gesagt die Formel "Umsatz minus Aufwand für Vorprodukte".

Dementsprechend würde wie zum Beispiel im Falle der NRW-Corona-Hilfen allen Antragstellern das Einkommen / der Umsatz aufgestockt. Es gäbe für Unternehmen keinen Grund, jemanden zu entlassen, da die Personalkosten ebenso wie die Flächenkosten, Energiekosten, Abschreibungen etc. durch Helikoptergeld von der Zentralbank finanziert würden. Hingegen sinkt der Ressourcenverbrauch. Da der nicht stattgefundene Ressourcenverbrauch nicht ersetzt würde, wäre das eine neutrale Position.

Helikoptergeld nutzt sowohl öffentlichen Haushalten als auch Unternehmen und Bürgern. Es ist die Wahl zwischen Schulden und Umsatz/Einkommen. Kredit-"Hilfen" statt Umsatz sind keine Hilfen. Kredite müssen zurückgezahlt werden und belasten Bilanzen und Kreditwürdigkeit. Je länger der Lockdown dauert, desto stärker steigen die Schulden in den Bilanzen, und desto großer wird die Insolvenzwelle. Geschenktes Geld wie bei den Kleinunternehmen in NRW reißen gewaltige Löcher in die öffentlichen Haushalte. Bei Bundesländern und Kommunen kommt hinzu, dass sie nicht wie Staaten Anleihen ausgeben können, um sich bis in alle Ewigkeit zu verschulden. Bundesländer und Kommunen müssen Kassenkredite tilgen, was früher oder später zur Handlungsunfähigkeit führt. Auch für die Haushalte von Ländern und Kommunen wäre Helikoptergeld der EZB die Rettung.

Wenn also lediglich die Verluste voll kompensiert würden, aber auch nicht mehr als das, bleibt die Kaufkraft von Unternehmen und Konsumenten exakt gleich. Da sich am Umfang des Warenangebots nichts ändert, kann es keine allgemeine Inflation geben. Die einzige Inflation gibt es sowieso bei den knappen Corona-spezifischen Produkten. Eine Deflation / Preissenkungen gibt es hingegen aufgrund der geringeren wirtschaftlichen Tätigkeit bei Produkten wie Benzin und Fahrzeugen. Eine Inflation könnte es in 2020 bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen geben, weil Erntehelfer fehlen und das Angebot sinkt, aber auch das wäre bei Helikoptergeld nicht anders.

Die einzige Gefahr bei Helikoptergeld ist die Senkung der Hemmschwelle. Ist diese Büchse der Pandora einmal geöffnet, ist fraglich, ob die Regierungen und Zentralbankchefs dieses Instrument nicht immer hemmungsloser nutzen, wenn die Kaufkraftkrisen des Kapitalismus durch Rationalisierungen / Automation / Digitalisierung, Profitmaximierung und Marktkonzentrationen systembedingt immer größer werden. So lange Politiker mit Helikoptergeld lediglich Verluste von Umsätzen und Einkommen kompensieren, kann es keine Preissteigerungen beim "Warenkorb" geben, mit dem die Inflationsrate gemessen wird.

Allerdings steigt die Inflation dort, wo sie nicht gemessen wird, obwohl sie höchst relevant ist: Bei den Kosten für Immobilien / Wohnen. Da sich durch die systembedingte Umverteilung immer mehr Geld bei Großkapitaleigentümern sammelt, kaufen diese immer mehr Immobilien und Unternehmensanteile auf. Um dies zu begrenzen und auch das Helikoptergeld wieder einzusammeln, sind Vermögensbeschränkungen eine problemlösende, umsetzbare und mehrheitsfähige Option.

Fazit

Es gibt keine Tabus mehr. EU-Kommissionschefin von der Leyen glaubt haftungsfreie Bürgschaften erfunden zu haben. Spaniens Ministerpräsident fordert ewige Anleihen ohne Rückzahlungstermin. Linke und SPD fordern Corona-Vermögensabgaben. Sigmar Gabriel will ein Corona-Lastenausgleichsgesetz, was gleichbedeutend ist mit Steuern auf Immobilien und andere Vermögensarten. Zentralbanken kaufen seit Jahren Staatsanleihen auf, die als Schneeballsystem unendlich verlängert werden.

Ein alternatives Wirtschaftssystem (Option 4) ist die nachhaltigste und konsequenteste Lösung, aber als Sofortlösung kann nur Helikoptergeld die drohende Mega-Depression verhindern. Sogar ein Neustart mit Entschuldung aller öffentlichen Haushalte wäre möglich. Da dies jedoch bei dauerhafter Verfügbarkeit ein Anreiz zu hemmungsloser Verschuldung wäre, muss Helikoptergeld auf Katastrophen mit sofortigem riesigem Finanzbedarf beschränkt bleiben. Dauerhaft und nachhaltig führt an einem alternativen Wirtschaftssystem kein Weg vorbei.

Über den Autor: Jörg Gastmann ist Buchautor und Sprecher der NGO economy4mankind.org, die das alternative Wirtschaftssystem Economic Balance System vertritt.