Corona-Gesundheitszertifikat als Exitstrategie

Geplant ist eine weitere App. Ein digitaler Immunitätsausweis zum Vorteil von Wirtschaft, Gesundheitssystem und Forschung

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War er infiziert? Ist er immun? Hat er bereits eine Impfung erhalten? Was gestern noch als bloße Verschwörungstheorie galt, könnte bald Wirklichkeit werden: Ein digitales Gesundheitszertifikat, das zur Vorlage bei anfordernden Stellen lückenlos die Corona-Biographie eines Menschen dokumentiert (erfolgte PCR-Tests, Antikörperbestimmungen, Impfstatus und mehr).

Laut einer bisher wenig beachteten "Formulierungshilfe" der Bundesregierung für einen Entwurf für ein zweites Gesetz "zum Schutz der Bevölkerung" in der Coronakrise sollen Bürger bald einen "Anspruch" erhalten, "auf eine Infektion oder Immunität" getestet zu werden. Zudem soll "eine Immunstatusdokumentation [...] künftig analog der Impfdokumentation (auch zusammen in einem Dokument) die mögliche Grundlage dafür sein, eine Immunität nachzuweisen".

Gegen Bürger, die "nachweisen, dass sie nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft die übertragbare Krankheit, wegen der Schutzmaßnahmen getroffen werden, nicht oder nicht mehr übertragen können", sollen Grundrechtseinschränkungen nach § 28 Abs. 1 IfSG (Infektionsschutzgesetz) nicht angeordnet werden dürfen.

An einer digitalen Version eines solchen Immunitätsnachweises wird bereits gearbeitet. Beteiligt an dem Projekt sind u.a. die Bundesdruckerei, Lufthansa Industry Solution, die Boston Consulting Group, Ubirch, die Universitätsklinik Köln sowie "als zentraler Datennutzer" das Gesundheitsamt Köln:

Um einen schnellen Neustart der Wirtschaft zu ermöglichen, schlagen wir eine IT-Infrastruktur vor, die den Koronastatus und andere relevante Daten einer getesteten Person in einer Blockchain verankert und damit allen Beteiligten - Gesundheitssystem, Patienten, Unternehmen - jederzeit und anwendungsübergreifend zugänglich macht. Damit wird es möglich sein, den Menschen ein Gesundheitszeugnis vergleichbar mit einem digitalen 'Korona-Impfpass' auszustellen. Unsere Lösung wird eine vollständige Anleitung der Testpersonen durch den Prozess beinhalten, angefangen von der Authentifizierung bis hin zur Kommunikation mit und Überwachung von positiv getesteten Patienten.

White Paper Digital health certification

Mit einem solchen "digitalen Tagebuch" entstehe laut Ines Mangold, Geschäftsführerin von Digital Health Germany, auch "ein wertvoller Datensatz für die Forschung".

Das digitale Gesundheitszertifikat soll nicht nur in der Region Köln Anwendung finden, sondern in ganz Deutschland und Europa.

Bei der Umsetzung stützt man sich auf das LISSI-Projekt (Let's initiate self-souvereign identity), das die Schaffung einer digitalen Identität zum Ziel hat, d.h., eine Blockchain-basierte verschlüsselte Speicherung grundlegender persönlicher Daten (z.B. Name, Geburtstag und -ort, Nationalität, Ausbildungszeugnisse, evtl. biometrische Daten und Gesundheitsdaten usw.). Diese von etlichen Unternehmen und Banken unterstützte Initiative wird auch von der für Ausweisdokumente zuständigen Bundesdruckerei vorangetrieben und wird mittlerweile vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert.

Auch die bundesweiten Antikörperstudien des Robert-Koch-Instituts stehen u.a. im Zusammenhang mit der Planung eines solchen Immunitätsausweises. Im Interview mit dem Spiegel hatte Gérard Krause, Epidemiologe vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig und einer der Koordinatoren der Studien, Ende März auf die Möglichkeit hingewiesen, Immunen "eine Art Impfpass" auszustellen, "der es ihnen zum Beispiel erlaubt, von Einschränkungen ihrer Tätigkeit ausgenommen zu werden".