Selbst Fox News rückt von Trump ab

Bild: Weißes Haus

Hydroxychloroquin empfiehlt der US-Präsident gegen Covid-19. Auch das Pentagon erwartet aber, bis mindestens Sommer 2021 sich auf die Pandemie vorbereiten zu müssen

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US-Präsident Donald Trump sorgt weiter täglich für Aufregung. Am Montag hat er beispielsweise erklärt, dass er präventiv gegen Covid-19 seit anderthalb Wochen das Anti-Malaria- und Arthritis-Mittel Hydroxychloroquin nimmt. Bei einigen, teils umstrittenen Studien soll sich gezeigt haben, dass sich die Lungenentzündung gebessert habe. Keinen Hinweis gibt es, dass das Mittel vor einer Covid-19-Infektion schützen könne.

Nancy Pelosi, hagere Sprecherin des Repräsentantenhauses und eine der Hauptgegner von Trump, meinte lakonisch, es sei keine gute Idee des "morbid fettleibigen" Präsidenten, Hydroxychloroquin zu nehmen. Auch Vizepräsident Pence setzt sich von Trump ab, er nehme das Mittel nicht, sein Arzt habe ihm nicht dazu geraten.

Schon zuvor hatte Trump Chloroquin oder Hydroxychloroquin als Mittel angepriesen Würde man Chloroquin zusammen mit dem antibiotischen Mittel Azithromycin zusammen einnehmen, dann könne das "einer der größten game changer in der Geschichte der Medizin" werden. Darunter macht es der US-Präsident nicht. Jetzt sagte er, er nehme jeden Tag eine Tablette und es gehe ihm gut dabei: "Es scheint eine Wirkung zu haben. Vielleicht ist das so, vielleicht nicht … Man wird nicht erkranken und sterben." Und er meinte noch, dass man mit der Einnahme nichts verlieren könne. Trumps Familie soll Verbindungen mit einer Firma haben, die Hydroxychloroquin herstellt.

Anthony Fauci, der Direktor des National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID), ist zwar noch immer Berater des Präsidenten in der Covid-19-Pandsemie, aber häufig über Kreuz mit Trump. Auch vor Trumps medikamentösen Empfehlungen warnte er, ebenso vor zu schnellen Lockerungen, die zu einer zweiten Welle führen können. Fauci sagte, Hydroxychloroquin müsse erst noch geprüft werden, von der FDA ist es (noch) nicht als Mittel gegen Covid-19 zugelassen. Die Behörde warnte vielmehr im April davor, dass das Mittel bei Covid-19-Patienten zu schweren Herzrhythmusstörungen führen kann. Es gebe keine Studien, die zeigen, dass das Mittel sicher und effektiv gegen Covid-10 eingesetzt werden kann. Es gebe laufende klinische Studien.

Ende April wurde der Direktor der Biomedical Advanced Research and Development Authority plötzlich entlassen. Er war an der Entwicklung eines Covid-19-Impfstoffs beteiligt und berichtete einem Kongressausschuss, dass er für eine strenge Prüfung von Hydroxychloroquin plädiert habe. Er soll auch gezwungen worden sein, Geld für das Medikament abzuzweigen. Trump, der sich schon mal brüstete, dass er als Mediziner Großartiges hätte leisten können und sowieso eine hohe Medizinkenntnis besitze, braucht dringend ein Wundermittel gegen Covid-19, um schnell die Lockerungen durchzuziehen, damit die Wirtschaft und damit seine Erfolgsaussichten bei der Wahl am Ende des Jahres nicht abschmieren.

"Das wird Sie töten"

Und dann kam jetzt auch Fox News, Trumps Lieblingssender. Dort wurde zwar auch Trumps Empfehlung gefeiert und Kritik als politisiert gegeißelt, aber Neil Cavuto warnte nach Trumps Werbung für Hydroxychloroquin die Zuschauer des rechten Senders, das Medikament zu nehmen.

Er bezog sich auf Trumps Äußerung, dass man mit der Einnahme nichts riskieren könne. Studien würden zeigen, dass Risikopatienten mit Vorerkrankungen durchaus etwas verlieren können, nämlich ihr Leben: "Wenn Sie einer Risikopopulation angehören und diese Präventivmaßnahme nehmen, um das Virus abzuwehren oder im schlimmsten Falle mit dem Virus infiziert sind, dann wird Sie dies töten. Ich kann dies nicht deutlich genug machen. Das wird Sie töten." Gesundheitsexpertin Manny Alvarez von Fox News, nannte Trumps Empfehlung "höchst unverantwortlich". Und dann veröffentlichte der Sender auch noch einen Artikel, in dem Mediziner vor der Einnahme warnten.

Es gab schon zuvor Probleme mit der Nibelungentreue des Murdoch-Senders. Jetzt aber scheint Trump ihn auch mehr und mehr dem Lager der Lügenpresse (Fake News) zuzuordnen, wodurch der Präsident keinen Rückhalt mehr bei den Massenmedien hätte, sondern nur noch bei rechten Außenseitern wie Breitbart. Dort wird seine Einnahme des Mittels auch gefeiert, weil er doch nur der Empfehlung seines Hausarztes gefolgt sei: "Trump’s behavior in this regard is responsible, adult, intelligent, and, most of all, medically sound."

Der erzürnte Trump übernahm sogar einen Tweet eines Menschen, der ein Gegner von Trump ist, wohl weil er die zerrissene Haltung von Fox News darstellte: "Neil Cavuto: It’ll kill you!!! Laura Ingraham: Take it! Take it! Take it!" Fox News habe sich verändert, so ein weiteres Tweet: "Er hat bei weiten mehr Anti-Trump-Menschen als jemals zuvor. Ich schaue mich nach einem neuen Sender um."

Drohende zweite Welle

Das Pentagon scheint auch nicht auf Trumps Linie zu sein, für manche ist das eine Reaktion des "deep state". Nach einem Memo, das Task & Purpose einsehen konnte, müsse sich das Verteidigungsministerium auf das weltweit vorhandene Virus vorbereiten, das sein Unwesen mangels eines Impfstoffs oder der erreichten Immunität mindestens bis Sommer 2021 treibe.

Trump hingegen verkündet, dass es noch in diesem Jahr einen Impfstoff oder ein Medikament geben werde. Man müsse mit einer zweiten Welle rechnen, auch mit einem Mangel an Schutzkleidung. Das Memo wurde nicht offiziell freigegeben. Neue Infektionswellen könnten in Clustern, aber auch zusammen mit der saisonalen Grippewelle kommen. Empfohlen wird umfangreiches Testen und Zurückverfolgung der Kontakte, was aber keine Gewissheit für die Abwesenheit des Virus bieten könne.

Science veröffentlichte gerade eine Studie von Wissenschaftlern der Princeton University, die vorausgehende Studien bestätigt, dass der Sommer im Unterschied zum Grippevirus wohl die Coronavirus-Pandemie nicht wirklich abbrechen wird. Erwartbar seien höchstens kleinere Veränderungen des Infektionsgeschehens. Wichtig seien daher die nicht-pharmazeutischen Maßnahmen. Ohne Kontrolle seien starke Infektionsausbrüche im feuchteren Klima zu erwarten, das Sommerwetter werde die Pandemie nicht wesentlich beschränken.

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