Wir werden auch die Corona-Schulden nicht zurückzahlen!

Bild: Annette Fischer/unsplash

Nun dringt in immer breitere Kreise vor, dass die mit den Coronavirus-Rettungsmaßnahmen explodierenden Staatsschulden niemals zurückgezahlt werden. Ein Kommentar

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Wie in einem früheren Beitrag schon ausgeführt, ist mit der Coronavirus-Krise das Wort "Billion" zum neuen Zauberwort in der lange vorhersehbaren Weltwirtschaftskrise geworden und das hat eine entscheidende Bedeutung für die Schulden, die darüber nun angehäuft werden.

Hatte man nach der Finanzkrise ab 2008 noch mit Milliarden um sich geworfen, sind es nun schon Billionen, die weltweit zur Bekämpfung der "Coronaviruskrise" ausgereicht werden. Die Bundesbank rechnet damit, dass die Folgen der Coronavirus-Pandemie allein den deutschen Staat bis zu 1,9 Billionen Euro kosten könnten.

Solche Prognosen sind allerdings mit großer Vorsicht zu genießen, denn der Verlauf ist nicht berechenbar. Es könnte deshalb noch sehr viel teurer werden. Prognosen von derlei Institutionen sind oft schon mit der Veröffentlichung überholt.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung rechnet aber schon einmal vor, dass "1900.000.000.000 Euro" in etwa der Betrag sei, der für die deutsche Wiedervereinigung aufgewendet wurde. Das ist "mehr als fünfmal so viel wie der gesamte Bundeshaushalt des vergangenen Jahres". Nach Angaben des Finanzministeriums hätten die Nothilfen schon bisher einen Umfang von etwa einer halben Billion Euro.

Rechnet man aber dazu, dass über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) weitere 600 Milliarden zur Verfügung stehen, allein 400 Milliarden Euro an Staatsgarantien für Verbindlichkeiten, 100 Milliarden Euro für direkte staatliche Beteiligungen und weitere 100 Milliarden Euro für Refinanzierung von Sonderprogrammen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), dann ist klar, dass allein damit die Billion schon überschritten ist.

Gerettet werden damit natürlich auch wieder Großunternehmen wie die Lufthansa. Das sollte ebenfalls besonders zu denken geben. Denn der ehemalige Staatsbetrieb wurde einst privatisiert und damit auch die bisherigen Gewinne. Die Verluste sollen nun dagegen sozialisiert werden.

Nach glaubwürdigen Berichten sollen neun Milliarden Euro in eine Airline gepumpt werden, deren Wert nicht einmal bei vier Milliarden liegt. Warum übernimmt also der Staat die Airline nicht komplett wieder, wenn ohnehin doppelt so viel bezahlt werden soll, wie sie insgesamt wert ist?

Und wieso wird überhaupt über ein "Mitsprachrecht" debattiert?

Die "Quasi-Eurobonds" ...

Wer zahlt, bestimmt die Musik, heißt es doch üblicherweise. Aber hier werden die Alpträume der letzten Krise erneut Realität. Wie war das mit der Rettung der Hypo Real Estate (HRE)? Da flossen Milliarden um Milliarden zur Rettung in eine Absturzbank und dann musste der Steuerzahler auch noch die Aktionäre entschädigen, die ohne die Rettung alles verloren hätten. Kaputte kapitalistische Welt!

Aber damit ist längst nicht das Ende der Fahnenstange der horrenden Rettungssummen erreicht. Denn der französische Staatspräsident Emmanuel Macron und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel haben verkündet, dass man sich auf einen europäischen Corona-Wiederaufbaufonds mit einem Volumen von einer halben Billion Euro geeinigt habe. Damit sollen schon bislang beschlossene Maßnahmen im Umfang von 540 Milliarden Euro ergänzt werden, womit eine weitere Billion aufgehäuft werden soll.

Mit den "Quasi-Eurobonds" wird nun auch glasklar der Weg in die Eurobonds und die gemeinsame Haftung für Schulden beschritten, die in der letzten Krise noch nicht durchgesetzt werden konnten. Diese halbe Billion soll über gemeinsam aufgenommene Staatsschulden zusammenkommen.

Sie sollen angeblich in den nächsten 20 Jahren aus dem EU-Haushalt beglichen werden, wird uns vorgegaukelt. Deutschland ist schon jetzt der größte Nettozahler und mit dem Brexit nimmt der Anteil an der Haftung natürlich noch zu.

Doch der große Aufschrei kann getrost ausbleiben. Vielmehr sollte man an einer ganz anderen Stelle aufschreien. Denn das Problem ist weniger das Geld, wie wir noch sehen werden, sondern das eigentliche Problem mit den Vorstellungen von Merkel und Macron ist, dass damit eine EU-Kommission sogar mit einer Finanzhoheit ausgestattet werden soll.

... und eine "Quasi-Staatlichkeit"?

Mit den Quasi-Eurobonds würde die EU-Kommission eine Quasi-Staatlichkeit erlangen, ohne dass diese Institution demokratisch legitimiert ist, noch vom Parlament kontrolliert werden kann. Es werden also Demokratiedefizite ausgeweitet und nicht eingeschränkt. Wieder einmal die völlig falsche Richtung.

Und anders als im linken Lager gerne geglaubt wird, sind zum Beispiel auch die von der spanischen Regierung geforderten Eurobonds im Land umstritten. So fragen sich zum Beispiel in der linken Zeitung eldiario.es auch Leser unter einem Beitrag zum Rettungsfonds, warum "man deutsche Steuerzahler um Hilfe bitten sollte", wenn man sich im eigenen Land sogenannte SICAVs leistet?

Gewinne aus diesen "Investmentgesellschaften" werden nur mit 1% besteuert, statt mit der üblichen Kapitalertragssteuer von 21-27%. An wen sie sich richten, ist auch klar. Man muss mit mindestens 2,4 Millionen Euro einsteigen. So fragen sich viele, warum nicht Superreiche wie "Amancio Ortega" zur Kasse gebeten werden, bevor man "um Almosen von außen" nachsucht.

Der Leser "outoftimeman" meint zum Beispiel, "man muss auch kritischer mit dem eigenen Umgang sein, bevor man mit Leier vom unsolidarischen Europa kommt". Dieser linke Leser hält es angesichts der "massiven Korruption und Verschwendung" für "logisch", dass man vorsichtig ist, Spanien Geld zu leihen, um von einer "gemeinsamen Haftung für Schulden mit uns" nicht erst zu sprechen. Eine Einzelmeinung ist das wahrlich nicht.

Der bekannte Wirtschaftswissenschaftler Santiago Niño-Becerra twitterte zum Beispiel am Samstag zum Widerstand gegen die Quasi-Eurobonds durch die "sparsamen vier" Österreich, Niederlande, Schweden und Dänemark: "Denkt man genau darüber nach, ist das vollkommen logisch", dass die "frugal four" nur für einen zeitlich beschränkten Fonds eintreten, der nur Kredite vergibt und die Beiträge für die Mitgliedsstaaten nicht erhöht.

Und in einem weiteren Tweet weist auch der Professor der Universität Ramon Llull in Barcelona darauf hin, dass Spanien stets ein Problem auf der Einnahmeseite hatte.

"Es ist richtig, dass die Steuerbelastung niedriger als in anderen Ländern ist, aber Steuerbetrug und Steuervermeidung sind ungeheuerlich viel höher."

Die Antworten auf den Tweet, in dem Santiago Niño-Becerra Verständnis für die "Sparsamen" zeigt, sind ebenfalls zustimmend. Erinnert wird zum Beispiel auch an die massive Korruption von Parteien und daran, dass in der letzten Krise nur die "Staatsverschuldung verdreifacht" wurde, um zum Beispiel auch private Autobahnbetreiber zu retten.

Es wird auf die Steueramnestie verwiesen, mit denen Steuerbetrüger ihr Schwarzgeld waschen konnten, während das Sozialsystem zusammengestrichen wurde. Das Geld aus Europa sei nie unten angekommen, während andere damit reicher geworden seien. "Die Schuld hat nicht Europa, sondern die Verschwender." Schon damals sei klar gewesen, dass die Kredite niemals zurückgezahlt werden würden. Damit sind wir wieder beim Thema.

Denn niemand sollte ernsthaft glauben, dass die Quasi-Eurobonds zurückgezahlt werden. Und das macht auch schon der Vorschlag von Merkel und Macron mit einem Zeitrahmen von 20 Jahren deutlich. Denn in dieser Zeitspanne wird mit allergrößter Sicherheit längst die nächste schwere Krise ausgebrochen sein und erneut viel Geld ausgereicht werden.