Trump-Regierung diskutierte Durchführung eines Atomwaffentests

Trinity-Test 1945

Das New START-Abkommen läuft aus, Trump will China einschließen oder einen Grund haben, aus dem letzten Abkommen zur Begrenzung von Atomwaffen auszusteigen

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Nach Medienberichten wurde in der Trump-Regierung am 15. Mai darüber diskutiert, wieder einen Atomwaffentest durchzuführen. Das haben ein Informant aus dem Weißen Haus der Washington Post nach einem Treffen von Repräsentanten der höchsten Sicherheitsbehörden berichtet. Bestätigt worden soll dies durch zwei frühere Regierungsangehörige, die mit den Diskussionen vertraut seien.

Ausgangspunkt der Überlegungen waren Behauptungen, dass Russland und China Atomwaffentests mit geringer Sprengkraft durchführen sollen, was freilich nirgendwo belegt ist. Das US-Außenministerium hat im April im Compliance-Bericht, in dem den USA natürlich volle Übereinstimmung mit Rüstungskontrollabkommen bescheinigt wird, etwa Russland vorgeworfen: "The United States assesses that Russia has conducted nuclear weapons-related experiments that have created nuclear yield." Und: "The United States finds that Russia has conducted nuclear weapons experiments that have created nuclear yield and are not consistent with the U.S. 'zero-yield' standard." Unterstellt wird dies auch China. Quellen oder Belege fehlen.

Offenbar bereitet sich die Trump-Regierung darauf vor, bei den möglichen Gesprächen über eine Verlängerung des New START-Abkommens, das 2021 ausläuft und eine Reduzierung des Arsenals auf 800 Trägersysteme und 1550 einsatzbereite Atomsprengköpfe vorsieht, ihre Interessen durchzusetzen. Ziel von Washington ist, auch China mit einzubeziehen, das aber bislang davon nichts wissen will. China soll weniger als 300 Atomwaffen besitzen, Russland und die USA jeweils über 6000. Mit der Demonstration eines "Schnelltests", den die USA als Beweis der Stärke ausführen können, sollen Russland und vor allem China zu Verhandlungen weichgekocht werden. Ob Washington unter Trump wirklich Interesse an einer Verlängerung des Rüstungskontrollabkommens hat, ist freilich fragwürdig. Es könnte sich auch um Manöver handeln, um aus dem letzten großen Rüstungskontrollabkommen aussteigen zu können.

Die Intention, wieder einen Atomwaffentest durchzuführen, dürfte auch im Zuge der "Modernisierung" der amerikanischen Atomwaffen mit der Aufkündigung des INF-Abkommens und der unter Trump ausgearbeiteten Nuklearen Doktrin eines "begrenzten" Einsatzes von Mini-Nukes (NPR 2018) zu tun haben. Die ersten neuen taktischen Mini-Atombomben W76-2 wurden bereits einsatzbereit auf ein U-Boot verbracht. Und demonstrativ hat das Pentagon dieses Jahr auch wieder die Vorbereitung auf einen Atomkrieg mit einer Atomkriegssimulation im Hauptquartier des Strategischen Kommandos geübt. Demonstrativ war, dass Verteidigungsminister Esper daran teilnahm und das Pentagon darüber auch berichtete.

Seit 1992 wurden in den USA keine Atomwaffentests mehr gemacht. Es wurden aber noch bis 2012 auf der Big Explosives Experimental Facility (BEEF) der Nevada National Security Site (NNSS) unterirdisch subkritische Tests (High Hazard Testing) mit Plutonium und Uran in Stahlbehältern durchgeführt, bei denen aber keine Kernreaktion eingeleitet wird. Überdies finden weiter Tests in Form von Computersimulationen statt. Die USA haben zusammen mit Ägypten, China, Indien, Iran, Israel, Nordkorea und Pakistan den Atomwaffenteststopp-Vertrag (CTBT) nicht ratifiziert, weswegen das Abkommen nicht in Kraft treten kann. Atomwaffentests haben seit 1998 Indien, Pakistan und Nordkorea durchgeführt.

Bei dem Treffen der amerikanischen Sicherheitsbehörden Mitte Mai wurde kein Atomwaffentest beschlossen. Ob das Thema weiter auf dem Tisch bleiben wird, ist nicht klar, es kam angeblich auch eine entschiedene Kritik seitens der National Nuclear Security Administration (NNSA) auf, die für die Sicherheit des Atomwaffenarsenals verantwortlich ist. Dass aber die Möglichkeit ernsthaft diskutiert wurde, zeigt aber schon, dass die Trump-Regierung durchaus risikobereit ist, was auch schon die Strategie zeigt, taktische Atomwaffen einsetzen zu wollen.

Ob ein Atomwaffentest Russland und vor allem China unter amerikanischen Bedingungen an den Verhandlungstisch bringen wird, ist äußerst fragwürdig. Man kann eher davon ausgehen, dass dadurch das schon bestehende nukleare Wettrüsten zwischen Russland, China und den USA weiter verstärkt wird. Zudem würde dies andere Atomwaffenländer ermutigen und Länder wie Iran bestärken, ebenfalls Atomwaffen zu besitzen, während Verhandlungen etwa mit Nordkorea, das Atomwaffenprogramm und Atomwaffentests einzustellen, kaum mehr erfolgreich geführt werden können.

Schon Ende Januar hatte das Bulletin of the Atomic Scientists die Doomsday Clock, die Weltuntergangsuhr, von 2 Minuten auf 100 Sekunden vor Mitternacht gestellt. Damit wird das Risiko als höher eingeschätzt als seit 1947, als die Doomsday Clock nach dem amerikanischen Einsatz von Atombomben erstmals von dem Board, zu dem auch immer Nobelpreisträger gehören, erstmals eingestellt wurde.

It is 100 seconds to midnight. We are now expressing how close the world is to catastrophe in seconds - not hours, or even minutes. It is the closest to Doomsday we have ever been in the history of the Doomsday Clock. We now face a true emergency - an absolutely unacceptable state of world affairs that has eliminated any margin for error or further delay.

Rachel Bronson, president and CEO, Bulletin of the Atomic Scientists

Die USA haben bereits 2001 den ABM-Vertrag mit Russland aufgekündigt, um das schon lange geplante Raketenabwehrschild (National Missile Defense - NMD) aufbauen zu können. Das wurde dann auch unter der leicht durchschaubaren Behauptung, gegen den Iran gerichtet zu sein, in Rumänien mit SM-3-Raketen installiert, in Polen soll das Raketenabwehrsystem nach Verzögerungen in diesem Jahr gefechtsbereit sein. In den USA gibt es an der Westküste in Fort Greely, Alaska, und in der kalifornischen Vandenberg Air Force Base Arsenale von Ground-Based Interceptors (GBI), aber seltsamerweise nicht auf der Ostküste. Bis 2030 sollen die neuen Next-Generation Interceptors (NGI) einsatzbereit sein.

Nach dem ABM-Vertrag stiegen die USA in konsequenter Fortsetzung der Politik, sich zur nuklearen Aufrüstung aus wichtigen Rüstungskontrollprogrammen des Kalten Kriegs zu befreien, aus dem INF-Abkommen aus, das Mittelstreckenraketen verbot. Zu erwarten ist, dass die USA ebenfalls aus dem Open Sky-Vertrag aussteigen und Verhandlungen über die Verlängerung von New START-Abkommens, das Ende des Jahres ausläuft, platzen lässt.

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