Die Fleischindustrie

Ein Beispiel für erfolgreiche europäische Agrarpolitik - Ein Kommentar

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Durch hohe Infektionszahlen ist ein Industriezweig in Deutschland ins Gerede gekommen, der eigentlich als ein Musterfall für den Erfolg europäischer Agrarpolitik gelten kann. Dieser Erfolg sollte daher durch die jüngsten Meldungen nicht in den Dreck gezogen und klein geredet werden. Denn noch vor wenigen Jahrzehnten gab die Landwirtschaft kein gutes Bild ab. Jetzt liefert sie!

Der schwierige Start

Lange galt der Agrarmarkt in der europäischen Gemeinschaft als ein Sorgenkind. Zu kleinteilig, zu ineffizient, zu teuer, zu wenig exportfähig Die Politiker haben sich außerordentlich angestrengt, diese Missstände zu beheben. Das wird viel zu selten gewürdigt!

Am Anfang fanden sie zahlreiche kleinbäuerliche Betriebe vor, die meist nur den regionalen Markt mit Produkten aus der Region versorgten und mit Zollschranken vor der internationalen Konkurrenz geschützt werden mussten. Durch wirklich konsequente Agrarmarktpolitik mit Zuschüssen an diejenigen, die sich spezialisierten und investierten, und gegen viele unsinnige Widerstände uneinsichtiger Landwirte haben die europäischen Länder es geschafft, die Zahl dieser kleinbäuerlichen Betriebe zu reduzieren und größere Betriebseinheiten zu schaffen. So wurden viele Bauern von der harten Arbeit auf ihrer Scholle befreit und ihnen ermöglicht, die Branche frei zu wählen, in der sie ihren Lebensunterhalt verdienen wollten.

Mit Mindestpreisen zur Abnahme von Produkten wurde die Produktivität weiter gesteigert. So entstanden die bekannten Milchseen, Butterberge und Mengen von Schweinehälften, die die nationale Vorratshaltung bereicherten. Dies trug dazu bei, dass die Produktivität in dem Sektor erhöht wurde und immer mehr industrielle Formen annahm. Inzwischen sind diese Abnahmegarantien überflüssig und die Produktivität hat einen Stand erreicht, der sich sehen lassen kann! Millionen geschlachteter Schweine, Rinder und Hühner können sich nicht irren!

Die Maßnahmen

Die Zeiten des Bauern mit der Mistgabel sind angesichts dieser segensreichen Entwicklung natürlich endgültig vorbei, auch wenn manche Romantiker davon noch träumen. Die Agrarförderung hat es geschafft, dass auf engstem Raum Tiere gehalten werden können, deren Versorgung von Maschinen erledigt und deren Exkremente ebenfalls durch Maschinen beseitigt wird.

Dies hat auch den Einsatz von Medikamenten in der Tierzucht enorm befördert. So kann man den Effekt der künstlichen Befruchtung der Tiere durch Hormoneinsatz erheblich steigern, auch die Einleitung der Geburt der Tiere ist so angepasst an die Produktion zu steuern. Der Ausfall an Tieren in enger Haltung konnte durch hohen Einsatz von Antibiotika und Reserveantibiotika verringert werden und hat in Form von Multiresistenten Keimen für die Forschung neue Aufgaben hervorgebracht. Und das mit den Multiresistenten Keimen ist bald auch kein Problem mehr, da ist die Forschung ebenfalls dran.

Die riesigen Mengen der anfallenden Exkremente der Tiere verschafft zudem anderen Bauern zusätzliche Einnahmequellen, in dem sie diese als Dünger massenhaft auf ihre Felder verbringen und nicht nur dort für zusätzlichen Dünger sorgen und auch das Trinkwasser mit Nährstoffen anreichern. Die Betriebe sind so in der Lage, vertragsgerecht zur festgelegten Zeit die vereinbarte Schlachtmenge an den Schlachthöfen abzuliefern und erhalten durch diese auch immer den Preis vorgegeben, an dem sie sich für die Zukunft orientieren können.

Auch die Schlachthöfe haben sich der modernen Zeit angepasst, um die riesigen Schlachtmengen zu bewältigen, bis hin zu modernen Schlachtrobotern. Sie erweisen sich aber auch der Tradition verpflichtet. So praktizieren sie das von einem Autor namens Karl Marx schon im 19. Jahrhundert beschriebene sogenannte Verlagswesen: Dabei schließt der Betrieb nicht Arbeitsverträge mit einzelnen Arbeitern, sondern er hält sich flexibel, indem er mit Subunternehmern Werksverträge abschließt, die dem Betrieb immer die Menge an Arbeitskräften sichert, die er je nach Auftragslage benötigt.

Verdienste haben sich die Schlachthöfe dabei um den europäischen Gedanken erworben, haben sie doch auf diese Weise auch Arbeitnehmern aus europäischen Randgebieten wie Rumänien und Bulgarien Einkommensmöglichkeiten verschafft. Diese werden sehr gerecht nach zerlegten Stücken bezahlt. Wenn viel anfällt, haben sie viel zu tun, wenn nicht, dann nicht. Zudem werden sie von ihren Arbeitgebern, den Subunternehmen, sehr umsorgt. Diese geben ihnen eine Unterkunft und bemühen sich auch darum, dass sie immer pünktlich zum Schlachthof kommen, wenn sie dort benötigt werden. Dass sie für diesen tollen Service Geld verlangen, versteht sich natürlich von selbst, denn schließlich müssen sie ja auch leben.

Dieses vom Arbeitgeberverband BDA als "erfolgreiches Instrument" der Werkverträge auch für andere Branchen ist nun durch Gesetze kurzsichtiger Politiker bedroht, doch die Erfahrung beweist, dass der Erfindungsreichtum deutscher Unternehmer immer damit umzugehen weiß, wie hätte sich sonst diese Tradition so lange erhalten können. Für die hohe Qualität europäischer Agrarprodukte sorgen zudem die Qualitätskriterien der EU, die jede Zollschranke überflüssig machen. So konnte erfolgreich verhindert werden, dass das ekelhafte amerikanisch Clorhühnchen unser gutes Antibiotikahähnchen vom Markt verdrängt.

Auf diese Art und Weise kann die Fleischindustrie unsere Supermarktketten mit preisgünstigem Fleisch versorgen. Die ihrerseits mit diesen preisgünstigen Produkten auch unsere europäischen Nachbarn mitversorgen, die auch die Qualität von Aldi, Lidl und Penny zu schätzen wissen.

Die Miesmacher

Trotz unschlagbarer Erfolge deutscher und europäischer Agrarprodukte in der ganzen Welt, gibt es immer wieder Menschen, die diese Erfolge schlechtreden wollen: So brauchen viele Bauern in Afrika nicht mehr auf den Markt zu gehen, weil es dort schon viele billige Produkte aus Europa gibt, wie billiges Hähnchenfleisch, Milchpulver usw. Auch in China freut man sich über das billige Schweinefleisch aus Deutschland.

Dennoch wird versucht, diese Erfolge in den Dreck zu ziehen. Journalisten oder Tierfreunde begeben sich verbotener Weise in Tierställe, filmen dort und wollen damit beweisen, dass die Verhältnisse untragbar sind. Dass dort aber effizient gearbeitet wird, wird meist verschwiegen, typisch! Auch sollen die Verhältnisse für die Arbeiter in den Schlachthöfen skandalös sein. Da stellt sich doch die Frage, was sollen die Arbeiter denn sonst machen?

Die immerwährenden Versuche, der Fleischindustrie etwas anzuhängen, sind bisher immer gescheitert und die Berichte in der Versenkung verschwunden. Zu Recht, denn ihre Ergebnisse sprechen einfach für sich! Und welche Achtung die Schlacht-Manager in der Gesellschaft genießen, kann man unter anderem an der Präsidentschaft von Fußballvereinen ablesen.

Die Macher

Umso erstaunlicher ist es, dass diejenigen, die dieses Wunder mit vollbracht haben, sich in Bescheidenheit üben und ihre Verantwortlichkeit angesichts dieser Erfolge herunterspielen. Sie haben ja bloß mit ihrer Agrarpolitik den Rahmen geschaffen, der diese Erfolge hervorgebracht hat. Diese haben eben viele Väter: Bauern, Schlachthofbesitzer, Supermarktinhaber.

So pflegen die Politiker große Zurückhaltung und vertrauen denen, die dort agieren. Dies eben auch bei Kontrollen, die angesichts einer so vertrauensvollen Zusammenarbeit sich als überflüssig erweisen. Sie haben größte Achtung vor der Privatsphäre der Wanderarbeiter in ihren Unterkünften! Gegenüber der Klage, dass den Wanderarbeitern zu viel an Miete für ihre Betten abgenommen würde, erweisen sie sich als ohnmächtig, gibt es doch nur Vergleichsmieten für Wohnungen und nicht für Betten.

Der Gewinner der marktwirtschaftlichen Fleischindustrie ist unumstritten der Verbraucher. Er bekommt zu einem günstigen Preis ein Schnitzel, das nicht nur Fleisch, sondern auch Wasser enthält, so dass es in der Pfanne schrumpft und verhindert, dass er zu viel Fleisch konsumiert und sich ungesund ernährt.

Schön wäre es natürlich, wenn der Verbraucher nicht so knickrig wäre und die Dienste der fleischproduzierenden Industrie höher honorieren würde. Manchen erscheint der Verweis auf den beschränkten Geldbeutel daher als eine Ausrede. Schließlich gibt der Verbraucher doch auch viel Geld für Miete, Auto, Kleidung und sogar für Urlaub aus. So könnte er doch auch mehr für Essen ausgeben - er tut grad so, als ob man sein Geld nur einmal ausgeben könnte!

Prof. Dr. Suitbert Cechura lehrte Soziale Arbeit im Gesundheitswesen/Sozialmedizin. Buchveröffentlichungen u.a.: Unsere Gesellschaft macht krank, Tectum Verlag Baden-Baden 2018, Inklusion - das Recht auf Teilhabe an der Konkurrenz, Kindle 2017, Kognitive Hirnforschung - Mythos einer naturwissenschaftlichen Theorie menschlichen Verhaltens, VSA Hamburg 2008.