Griechenland: Skepsis gegenüber Tourismus-Experiment

Bild: Andres Mora/Unsplash

Nach der Generalprobe: Es sieht nicht besonders gut aus mit dem "problemlosen" Tourismus in Zeiten von Corona

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Pfingsten, in Griechenland wegen des Kalenders der orthodoxen Kirche eine Woche später als in römisch-katholischen Ländern, war eine Generalprobe für den Tourismus in Griechenland in Zeiten der CoVid19-Pandemie. Das Wetter spielte mit. Knapp zehn Tage Regenwetter endeten am Samstag. Das Pfingstwochenende ist für Beamte verlängert. Für sie ist auch der Montag ein Feiertag. Weitere Branchen haben sich freiwillig der Feiertagsregelung angeschlossen. Für viele Beamte und Angestellte in Griechenland sind solche Feiertage traditionell eine Gelegenheit für einen kurzen Ausflug.

Steigende Infektionszahlen

Die Generalprobe verursachte zahlreiche kontroverse Diskussionen. Alarmierend erscheinen für einige Beobachter dagegen die wieder stark ansteigenden Infektionszahlen. Am 8. Juni meldete die Regierung 52 Neuinfektionen für die vergangenen vierundzwanzig Stunden, den höchsten Wert seit dem 23. April. Die Kommission des Gesundheitsministeriums hatte zu Beginn der Lockerungsphase angekündigt, "bei 50 bis 100 Neuinfektionen über Lock-down-Maßnahmen nachzudenken".

Die Bekanntgabe täglicher Bulletins zu den Infektionszahlen wurde Anfang Juni zunächst eingestellt. Künftig soll es wieder ein tägliches Bulletin geben. Innerhalb von vier Tagen seit dem letzten Bulletin wurden 97 neue Infektionen registriert. Nun gibt es seitens der Regierung bereits die Ankündigung, dass zumindest lokale Lock-down-Maßnahmen in Betracht gezogen werden.

Dabei beziehen sich die Infektionszahlen wegen der Inkubationszeit auf den Zeitraum der Geschehnisse, die Ende Mai - Anfang Juni stattfanden. Regierungssprecher Stelios Petsas mahnte in seiner Stellungnahme auch, dass die bestehenden Abstandsregeln und Hygienemaßnahmen streng eingehalten werden müssten.

Der für den Katastrophenschutz und die Corona-Pandemie zuständige ministerielle Staatssekretär für Bürgerschutz Nikos Chardalias mahnte ein Einhalten der Schutzmaßnahmen an. Er weilte am Montag in Thessaloniki, wo er am Flughafen zusammen mit den Verantwortlichen von Fraport das Vorgehen für die am 15. Juni beginnende Wiederaufnahme von internationalen Flügen an den von Fraport genutzten griechischen Regionalflughäfen besprach.

Viele der neuen Infektionen werden mit den ersten aus dem Ausland kommenden Linienflügen und mit Autoreisenden aus dem Ausland in Verbindung gebracht. Dies lässt Skepsis aufkommen, ob das Experiment der griechischen Regierung, den Tourismus für die laufende Saison zu ermöglichen, realisierbar ist.

Epidemiologien, wie Professor Nikos Sypsas, führen die ansteigenden Infektionszahlen auf verantwortungsloses Handeln von Bürgern zurück. Sypsas warnt, dass der eigentlich geplante, weitgehend uneingeschränkte Tourismus in Gefahr ist.

Berichte von Reisenden, die am Flughafen Eleftherios Venizelos nahe Athen ankommen, berichten jedoch davon, dass die Menschenansammlungen und das Gedränge am einzigen momentanen internationalen Flughafen des Landes eher von den Verantwortlichen, denn von den Reisenden verursacht werden. Es gibt Klagen darüber, dass sich in den Warteschlangen für die Tests auf CoVid19 Passagiere von verschiedenen Ländern auf engstem Raum stauen.

Gleiches betrifft die Schiffsreisenden. Eine Fähre mit Rückkehrern von der Insel Ägina war am Montag offensichtlich überfüllt, obwohl es eine Vorschrift gibt, dass Fähren nicht bis zur vollen Auslastung gebucht werden dürfen. Beim Boarding darf es kein Gedränge in Warteschlangen geben. Dass für dieses Chaos allein die Bürger verantwortlich sein sollen, erscheint zumindest ungerecht. Daran, dass ab Montag auch Bars und Nachtclubs geöffnet werden dürfen, haben die jüngsten Entwicklungen nichts geändert.

Reisezahlen vergleichbar mit dem Vorjahr

Das Pfingstwochenende war, weil die Möglichkeit für den Massentourismus nach Griechenland erst ab dem 15. Juni besteht, eine Generalprobe für die Binnennachfrage und für die Durchsetzbarkeit der strengen und komplizierten Infektionsschutzbestimmungen. Ein Maß für die Abschätzung der Zahl der Reisenden sind die von den Mautstationen gelieferten Zahlen der durchfahrenden Autos. Die diesbezüglichen statistischen Erhebungen wurden von einer Reihe von Medien unterschiedlich beurteilt. Die Zeitung Proto Thema berichtete zunächst, dass es im Vergleich zu 2019 weniger Ausflügler gab, die Zeitung Ta Nea sah einen Anstieg der Zahl der Reisenden.

Die Kathimerini sah die Zahlen für 2020 auf gleichem Niveau wie im Vorjahr. In den Fernsehnachrichten des Senders Ant1 wurde dagegen am Sonntagabend von der Insel Paros berichtet, dass Touristen ausgeblieben seien. Einige Medien verbreiteten dagegen, dass zwanzig Prozent weniger Menschen als im Vorjahr einen Ausflug unternommen hätten.

Etwas differenzierter analysierte The TOC, dass in absoluten Zahlen vergleichbar viele Reisende den Großraum Attika verlassen hätten, sich allerdings die Ziele für die Kurztrips etwas geändert hätten. Im Großen und Ganzen scheint die Corona-Pandemie den inländischen Tourismus nicht zu beeinträchtigen.

Des einen Freud ist des anderen Leid

Während die Live-Schaltung des Senders Ant1 aus Paros eine Strandbar zeigte, in der, mangels Touristen, die Angestellten der übrigen Lokale zusammen mit den Beschäftigten der Strandbar demonstrativ unter Einhaltung sämtlicher Abstandsregeln feierten, gab es von der Insel Mykonos andere Bilder. Mykonos konnte sich vor Touristen nicht retten.

Die Szenen von Paros wirkten gestellt. Hier sollte offenbar demonstriert werden, dass ein aus epidemiologischer Sicht sicherer Tourismus möglich ist. Hinsichtlich der Buchungszahlen klagten die Befragten auf Paros über ein Ausbleiben des Interesses. Ähnliche Meldungen gab es von der Insel Lefkada. Hier ist von einem Rückgang der Buchungen über knapp neunzig Prozent die Rede.