Konjunkturpaket: Kein Meilenstein für den Klimaschutz

Plug-in-Hybrid von BMW. Bild: Mario Duran-Ortiz/CC BY-SA-2.0

Die Energie- und Klimawochenschau: Kaufprämien für Elektroautos und Plug-In-Hybride, das ewig verschobene Ende des Solardeckels und die große Wirkung von Kleinstlebewesen im Meer

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Vergangene Woche hat sich der Koalitionsausschuss auf ein Konjunkturpaket mit einem Volumen von 130 Milliarden Euro verständigt, um die Wirtschaft nach der Corona-Krise wieder anzukurbeln. Die Maßnahmen müssen nun im nächsten Schritt im Bundeskabinett beraten werden.

Schlimmste Befürchtungen, dass sich die Autolobby mit einer allgemeine Kaufprämie für neue Pkw durchsetzen würde, haben sich, wahrscheinlich auch aufgrund massiver Proteste, nicht bewahrheitet. Allerdings stellt das Paket auch nicht die Weichen für eine klimafreundlichere, geschweige denn für eine sozial gerechtere Wirtschaft.

Zwar mag das Konjunkturpaket die Elektromobilität auf deutschen Straßen fördern, da der Kauf von E-Autos bis Ende 2021 mit 6.000 Euro bezuschusst werden soll und auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur und Forschung und Entwicklung bei der Elektromobilität und der Batteriezellfertigung mit 2,5 Milliarden Euro unterstützt werden sollen. Allerdings gelten als E-Autos auch Plug-In-Hybride, bei denen fraglich bleibt, ob sie wirklich Emissionen einsparen, da man nicht weiß, wie oft sie überhaupt mit Elektroantrieb gefahren werden. Fest steht, dass die Fahrzeuge erst einmal schwerer sind als herkömmliche Verbrenner und daher bei Betrieb mit Verbrennungsmotor eher mehr Sprit verbrauchen.

Im Papier das Koalitionsausschusses heißt es dazu lediglich: "Im Rahmen der nationalen Plattform 'Mobilität der Zukunft' werden wir die Frage des optimierten Nutzungsgrades des elektrischen Antriebs bei plug-in Hybridfahrzeugen diskutieren." Der BUND fordert beispielsweise einen Nachweis, dass Plug-In-Hybride mindestens 70 Prozent der Kilometerleistung elektrisch zurücklegen, als Voraussetzung dafür, dass eine Kaufprämie ausgezahlt wird.

Doch auch auf diesem Weg würden nur die Besserverdienenden bezuschusst und weitere Probleme des Straßenverkehrs nicht gelöst. Zwar sieht das Konjunkturpaket auch vor, die Länder mit 2,5 Milliarden bei der Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs zu unterstützen. Damit sollen pandemiebedingte Einnahmeausfälle ausgeglichen werden, d.h. damit sind noch keine Investitionen in den Ausbau des ÖPNV getätigt. Ein solcher würde aber, anders als Kaufprämien für bestimmte Fahrzeuge, allen Bevölkerungsschichten zugutekommen. Immerhin sollen auch alternative Antriebe von Bussen und Lkw mit 1,2 Milliarden gefördert werden, beispielsweise E-Busse im Stadtverkehr.

Eine differenzierte Sichtweise auf Elektroautos fordert ein Forschungsteam des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) in einem jüngst im Fachjournal Nature Climate Change veröffentlichten Beitrag. Dort wird vorgeschlagen, der Staat solle gezielt Anreize für weniger Autoverkehr in Ballungsräumen schaffen. Denn dort würde "selbst ein Elektroauto insgesamt immer noch vier Fünftel der Folgeschäden eines Benziners" verursachen. Das MCC plädiert hier eher für Negativanreize, die aber geografisch differenziert werden sollen, etwa in Form von Straßenbenutzungsgebühren abhängig von der Uhrzeit oder Luftverschmutzungsgebühren. Die Einnahmen aus diesem System sollten dann wieder pro Kopf rückerstattet werden bzw. auch in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und von Radwegen fließen.

Die Gewerkschaft IG Metall macht sich in ihrer Kritik am Konjunkturpaket zur Fürsprecherin der Autoindustrie. Ihrer Auffassung nach hätte es auch Kaufprämien für "moderne Verbrenner" geben sollen. Allein die Absenkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 16 Prozent reiche hier als Anreiz nicht aus. Sie stellt fest, dass Elektroautos trotz erhöhter Zuschüsse für viele zu teuer sein würden. Das gleiche dürfte allerdings für Neuwagen mit Verbrennungsmotor gelten. Auch die langen Lieferzeiten für E-Autos und die fehlende Ladeinfrastruktur werden als Argument für eine allgemeine Kaufprämie ins Feld geführt.

Wie das Portal Klimareporter darstellt, fällt die Gewerkschaft mit ihrer aktuellen Position weit hinter das zurück, was sie vergangenes Jahr gemeinsam mit den Umweltverbänden BUND und Nabu im Eckpunktepapier "Die Klima- und Mobilitätswende gestalten" formuliert hatte.

Verfassungsbeschwerde von Solarunternehmen

Auch in Bezug auf die Erneuerbaren Energien wäre im Konjunkturpaket weitaus mehr möglich gewesen. Dass der Deckel für den Photovoltaik-Ausbau abgeschafft werden soll, ist sowieso längst überfällig und bei der Windkraft wird lediglich das Offshore-Ausbauziel von 15 auf 20 Gigawatt in 2030 angehoben.

Für die Windkraft an Land wird sogar noch die Abstandsregel von 1000 Metern, die die Länder beschließen dürfen, als positive Errungenschaft verkauft: "Die Länder erhalten die Möglichkeit, zur Steigerung der Akzeptanz von Windkraft-Anlagen Mindestabstände von 1.000 Metern gesetzlich festzulegen."

Da die Aufhebung des Solardeckels nunmehr seit Monaten immer wieder verschoben wird, hat ein Solarunternehmen aus Hessen auf Initiative des Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) nun Verfassungsbeschwerde eingelegt. Das Unternehmen sieht sich in seiner Existenz bedroht, wenn in diesem Sommer voraussichtlich der Solardeckel erreicht wird und damit keine weiteren Anlagen gefördert werden.

"Der Bundestag wird in der kommenden Sitzungswoche hoffentlich eine gütliche Einigung ermöglichen, indem er endlich verbindlich die Abschaffung des Solardeckels beschließt. Nur dann kann der Bundesrat den Fall des Solardeckels am 3. Juli besiegeln. Für diesen Fall werden wir die Verfassungsbeschwerde selbstverständlich sofort zurückziehen", so der BSW-Geschäftsführer Carsten Körnig. Nach Einschätzung des Verbands würde der Solarmarkt um die Hälfte einbrechen, wenn die Förderung wegfällt.

Gefährdete Mangroven und veränderte Nahrungsnetze

Am Montag war der Welttag der Ozeane. Viele Belastungen sind bekannt, ihre langfristigen Auswirkungen im komplexen System, das die Meere darstellen, jedoch kaum absehbar. Hier bedarf es weiterer Forschung.

Eine aktuelle Studie der Nanyang Technological University in Singapur verweist auf die Bedrohung von Mangrovenwäldern durch einen zu schnell ansteigenden Meeresspiegel. Mangrovenwälder spielen - wie die noch stärker in ihrer Existenz bedrohten Korallenriffe - eine wichtige Rolle beim Küstenschutz und sind ein wichtiger Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Den Wissenschaftlern der Nanyang Technological University zufolge hätten Mangroven ab einem Anstieg von 6 Millimeter pro Jahr kaum eine Überlebenschance, bei einem Anstieg um bis zu 5 Millimeter pro Jahr könnten sie mitwachsen. Die Projektionen beruhen auf Sedimentproben, aus denen die Wissenschaftler ablesen können, wie der Meeresspiegel sich vor 10.000 bis vor rund 4.000 Jahren verhielt.

Die Erwärmung der Meere zieht auch Veränderungen auf der Mikroebene nach sich, die aber das ganze Nahrungsnetz beeinflussen könnten. So haben Wissenschaftler der University of Plymouth festgestellt, dass wichtige Planktonarten im Nordostatlantik aufgrund des Klimawandels innerhalb der letzten 60 Jahre um 50 Prozent zurückgegangen sind. Mit sonnigen und trockeneren Sommern finden die größeren Arten des Phytoplanktons - worunter verschiedene Algen zusammengefasst sind - schlechtere Wachstumsbedingungen.

Phytoplankton ist die Basis vieler Nahrungsnetze im Ozean, davon ernähren sich Arten des Zooplanktons, die wiederum von größeren Tieren wie Fischen oder Meeresvögeln gefressen werden. Stattdessen profitiert unter den jetzigen Bedingungen das kleinere Picoplankton, wozu Bakterien und Viren zählen. Dieses kann aber nicht die gleiche Funktion in Hinblick auf das darauf aufbauende Nahrungsnetz erfüllen. Damit ist die Verschiebung auf der Mikroebene essentiell, denn sie dürfte Einfluss auf die Fischbestände haben und damit auf eine wichtige Nahrungsgrundlage der Menschen.

Die veränderte Artenzusammensetzung könnte aber auch wieder Rückwirkungen aufs Klima haben, die noch untersucht werden müssten. Denn Plankton fungiert auch als eine Kohlenstoffpumpe, da es Kohlenstoff binden und beim Absterben mit in die Tiefe des Ozeans nimmt.