Näher kommen in Zeiten von Corona, Trump und Bose

Digitale und Augmented Reality werden immer ein wenig schwerer in diesen Tagen in Einklang miteinander zu bringen. Jedenfalls in den Einklang, den das Wahlkampfteam von Donald Trump und ein Konzern wie Amazon gerne sehen würden.

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OK, zugegeben, das war schon eine lustige Idee, die da in TikTok seinen Anfang nahm und das Congress Center von Tulsa ein bisschen wie Waterloo riechen ließ. Da kommen vorwitzige Teenager auf die Idee, dem noch regierenden POTUS eine Falle zu stellen und Karten online zu bestellen, dabei denken sie nicht im Traum daran, am Samstag wirklich in Tulsa aufzutauchen und den Reboot des Präsidentenwahlkampfes vor Ort zu unterstützen. Stattdessen bleiben gut 30-40% der 19.000 Plätze in der Halle und das ganze Freiluftareal leer.

Herr Trump spricht wie üblich Stuss, nur diesesmal vor halbleeren Rängen und wird ab jetzt den Geruch der gnadenlosen Niederlage nicht mehr wirklich los. Es war für alle ein Fest, die ihn nicht mögen. Natürlich läge es mir auch entfernter als entfernt, den Noch-Präsidenten der Vereinigten Staaten mit Adolf Hitler gleichzustellen. Neinnein. Aber wenn ich mir vorstelle, dieser Dingsda mit seinem Schnauzer wäre auf dem Parteitagsgelände von Nürnberg auch wie ein einsamer Pilzesammler zur Bühne gelaufen... es wäre wohl nichts weniger als das Zeichen vom Ende gewesen.

Selbiges schwingt jetzt auch mit Donald Trump in der Luft herum. Küss die Hand, der Herr. Und hahahha, wenn das mit TikTok wirklich diese Auswirkungen gehabt hätte. Eineinhalb Millionen Kartenanfragen werden es, wie vom Wahlkmapfteam vorab gemeldet, nicht gewesen sein, aber ordentlichen Ärger kann das schon in einen laufend gedrillten Wahlkampf bringen. Zumindest auch ein bisschen Humor... grins...

Ganz abgesehen davon ist Donald Trump nicht der Einzige, der mit diesem digitalen Zeugs immer wieder ein wenig Ärger hat, schließlich lässt sich in so einem Medium die Wirklichkeit auch in eine Richtung verbiegen, die sich dann nicht immer zum Vorteil eines Präsidenten ausschüttelt.

Das werden vielleicht auch bald die Manager von Amazon merken, die gerade ein Device einführen, das den Arbeitern signaliseren soll, wenn sie sich zu nahe kommen. Das wird sicher sehr lustig werden, wenn es in den Lagerhäusern von Amazon ständig zu piepsen anfängt, weil sich die MItarbeiter ständig beim hastigen Einräumen von Paketen zu nahe kommen. Nicht auszudenken, was so ein Gerät im Stress des Weihnachtsversands anstellen wird.

Vermutlich dauert es nicht lange, und die ersten Amazonianer werden heimlich den Piepslautsprecher abstellen, damit sie nicht immer dabei erwischt werden, wie sie möglichst nah nebeneinander und aneinander vorbei rennen, nur um ihre Stundensolls abzuarbeiten. So ein Gerät ist vielleicht etwas für einen Baumarkt, wo man sich ab und zu so einen Piepser wünscht, um einen Angestellten zu finden, aber nicht für Hochleistungskapitalisten und Schichtpresser wie Amazon. Ich bitte Sie.

Überhaupt ist dieses ganze Digitalgeöhns mit einer verbesserten Wahrnehmung der Umgebung vom Aussterben bedroht. Sogar Bose hat sich aus dem AR-Geschäft jetzt wieder zurück gezogen, weil die eigenen Devices mit Kopfhörer und Bildschirm in Sonnengläsern einfach nicht abheben wollen. Man braucht es scheints nicht auf dem Markt, und Bose stellt die Produkte dazu ein.

Vermutlich schauen die anderen Hersteller ein wenig neidisch auf den Entscheid. Google hat Glass schon gar nicht auf den Markt gebracht, Microsoft kann seine HoloLens bisher nur im Profimarkt unterbringen und Magic Leap dürfte wohl nur dank eines ausgezeichneten Fundings noch nicht über den Jordan gesprungen sein. Es ist einfach so, dass niemand an Augmented Reality wirklich interessiert zu sein scheint.

Nicht weil die Technik nicht interessant und inzwischen sogar leidlich funktionabel ist. Vielmehr scheint eine virtuelle Wirklichkeit nur eine einzige Person auf der Welt zu interessieren. Und das auch nur, wenn die nächste Halle wieder leer sein sollte. Donald Trump wird dann zu Hause in Unterhosen auf dem Lieblingssessel sitzen und an eine virtuelle und simulierte Community sein Wort richten. Es gibt sicher bald eine "Wahlkampf 2020"-App, die den Applaus von Hunderttausenden simulieren können wird. Dann wird für den Hansel alles gut und wehrlose Städte wie Tulsa müssen sich seine Wahlkampfauftritte auch nicht mehr live und in Realiter antun.