Japan sagt Nein zum Erwerb des landgestützten US-Aegis-Raketenabwehrsystems

Aegis-System auf Hawaii. Bild: MDA

Es sei zu teuer, sagte der japanische Verteidigungsminister, vermutlich wurde es auch als zu unzuverlässig betrachtet, ein schwerer Schlag für die USA

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Vor drei Jahren war verwunderlich, warum das US-Militär keinen Versuch machte, eine der von Nordkorea abgeschossenen Raketen mit dem Aegis-Raketenabwehrsystem abzuschießen. Im August 2017 schoss Nordkorea provokativ eine Mittelstreckenrakete ab, die erstmals Nordjapan überflog und dann vor Guam mit dem amerikanischen Militärstützpunkt ins Meer stürzte. Damit war der Beweis geliefert, dass nordkoreanische Raketen Japan erreichen können, für das Land ein weiterer Beleg, sich aufzurüsten und die Raketenabwehrsysteme zu stärken.

Die USA hatten das US-Raketenabwehrsystem THAAD kurz zuvor in Südkorea gegen Proteste von Teilen der Bevölkerung aufgebaut, zudem verfügte die US-Marine über einige Kriegsschiffe in der Region, die mit Aegis-System ausgestattet sind. Auch südkoreanische und japanische Kriegsschiffe sind mit dem System ausgestattet, überdies hat Japan Patriot-Raketenabwehrsysteme gekauft und zum Schutz von Tokio vor nordkoreanischen Angriffen installiert. Fragen kann man, warum kein Versuch unternommen wurde, die Rakete abzuschießen und damit auch den "Raketenmann" in seine Schranken zu weisen.

Das war auch schon zu früherer Gelegenheit eine offene Frage, wobei das Aegis-System, ein landgestütztes Aegis-System (Aegis Ashore)ist in Rumänien seit 2015 einsatzbereit, in Tests besser abschneidet als das GMD-System. Möglicherweise scheut das Pentagon davor zurück, die beiden Raketenabwehrsysteme erstmals in einem wirklichen Einsatz zu testen. Ein Scheitern könnte eine gefährliche Sicherheitslücke offenbaren und für andere Länder die Raketenabwehrsysteme bzw. den amerikanischen Raketenabwehrschild unattraktiv machen.

Man kann davon ausgehen, dass dies auch ein Grund dafür ist, dass Russland zwar sein Raketenabwehrsystem S-400 in Syrien stationiert hat, aber dort trotz verschiedener Angriffe nicht zur Abwehr einsetzte. Schließlich verkauft man das System als das bessere gegenüber amerikanischen - mit bislang guten Geschäften. Syrien und Iran erhielten nur S-300-Systeme.

Ein Tiefschlag für die amerikanischen Patriot-Raketenabwehrsysteme ereignete sich 2019, als ein Angriff mit tieffliegenden Drohnen und Marschflugkörpern auf die saudischen Aramco-Ölanlagen in Abqaiq und Khurais offenbar von den amerikanischen Systemen nicht entdeckt und schon gar nicht abgewehrt wurde. Aus Japan wurde berichtet, dass die von den USA gekauften Aegis-Systeme und das Radar den Flug einiger der von Nordkorea ab Mai 2019 abgefeuerten Raketen nicht verfolgen konnten. Die Raketen, zu der auch eine gehörte, die Japan erreichen könnte, wurden nach Aussagen der Informanten deswegen nicht entdeckt, weil sie zu niedrig und "irregulär" flogen, also auch austesteten, ob sich das Raketenabwehrsystem austricksen lässt. Das südkoreanische Militär soll die Raketenabschüsse hingegen beobachtet haben.

Japan wollte sich eigentlich mit zwei weiteren Aegis-Systemen weiter aufrüsten, der Beschluss fiel 2017 nach mehreren nordkoreanischen Raketen- und Atomwaffentests und Druck von Donald Trump, und damit noch weiter unter den amerikanischen Raketenabwehrschild begeben. Aber nach den Erfahrungen im letzten Jahr wuchsen die Zweifel an der Zuverlässigkeit der amerikanischen Systeme, zumal Nordkorea und China Raketen entwickeln würden, um diese auszutricksen. Auch THAAD wollte man nicht mehr kaufen. Vor einer Woche erklärte schließlich der japanische Verteidigungsminister Taro Kono, dass man die beiden landgestützten Aegis-Systeme für 200 Milliarden Yen (1,7 Milliarden Euro) doch nicht kaufen will, die in Akita und Yamaguchi aufgestellt werden sollten.

Das Problem seien nicht nur die Kosten, es seien auch wahrscheinlich 10 Jahre erforderlich, um sicherzustellen, dass die Triebraketen über unbewohntem Gebiet auf die Erde fallen, weil Software und die Booster verändert werden müssen, es wäre also eine neue Rakete anstatt der SM-3 IIA erforderlich. Die Aegis-Systeme in Rumänien und Polen sind in nicht dicht bevölkerten Gegenden. Es gab aber auch lokale Proteste, da viele Menschen eben Angst davor hatten. Es war nur ein Abstand von 700 Metern zwischen dem Abschusssystem und dem Radar und den nächstgelegenen Privathäusern vorgesehen.

Man werde sich auf die Aegis-Systeme auf den japanischen Zerstörern und die Patriot-Systeme stützen und die nationale Sicherheitsstrategie erstmals seit 2013 aktualisieren. Dabei geht es nicht nur um die Raketenabwehr und Rüstungstechnik, sondern auch um die "ökonomische Sicherheit" sowie die Situation in einer Post-Corona-Welt.

Es könnten grundlegende Veränderungen der Sicherheitsstrategie eingeführt werden, die mit Abe bereits den defensiven Charakter der japanischen Streitkräfte aufgegeben hatte und Auslandseinsätze zulässt. Zudem stiegen die Ausgaben für Rüstung und wurde mehr Geld in die Rüstungsentwicklung gesteckt, auch um in das Waffengeschäft einzusteigen (Japans Regierung nutzt Nordkorea-Konflikt zur Militarisierung).

Ohne das landgestützte Aegis-System und mit Schwierigkeiten, das seegestützte System auf weiteren Schiffen auszubauen, weil schon jetzt nicht mehr genügend Personal vorhanden ist, ist Japans Verteidigung eingeschränkt. Jetzt denkt man beispielsweise an eine schwimmende Plattform, auf der im Meer ein Raketenabwehrsystem installiert werden könnte, so dass die Raketen ins Meer fallen. Aber hier gibt es andere Probleme, weil diese angeblich ein leichtes Ziel für Terroristen sein könnten und es Schwierigkeiten geben würde, so viele Soldaten zu finden, um die Plattform zu beschützen.

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