Waldsterben 2.0?

Abgestorbene Buchen. Bild: Christoph Jehle

Der Wald gilt als Erholungsgebiet und CO2-Senke. Durch Trockenheit und Schädlingsbefall muss so viel eingeschlagen werden, dass die Waldbewirtschaftung kaum noch wirtschaftlich ist

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Während man dem ersten Waldsterben, das vom sogenannten sauren Regen ausgelöst wurde, durch umfangreiche Kalkung der Wälder und Entschwefelungsanlagen in den Kohlekraftwerken erfolgreich zu Leibe rückte, sieht es im dritten trockenen Sommer nacheinander für viele Baumarten ziemlich übel aus.

Sie sitzen im wahrsten Wortsinne auf dem Trockenen. Verantwortlich für diese Entwicklung wird der kaum noch zu bestreitende Klimawandel gemacht. Ob er anthropogen verursacht wird oder nicht, ist in diesem Zusammenhang ziemlich uninteressant. Man muss in jedem Fall mit der Entwicklung zu Rande kommen.

Hoffen auf staatliche Hilfen

Gestandene alte Buchen vertrocknen und müssen gefällt werden, weil der Waldeigentümer eine sogenannte Verkehrssicherungspflicht hat. Diese erfordert eine aktive Bewirtschaftung des Waldes, auch wenn der erzielbare Ertrag nicht einmal die Kosten deckt. Kommt dann noch ein Schädlingsbefall hinzu, und der Borkenkäfer treibt hier mit seiner ungezügelten Vermehrung viele beinahe in die Verzweiflung, muss auch das befallene Holz aus dem Wald.

Während kommunale und staatliche Waldbesitzer die Kosten für die Waldbewirtschaftung aus ihrem Gesamtbudget finanzieren können, sieht die Situation für private Waldbesitzer deutlich schlechter aus. Noch können die Kosten aus den Erträgen vergangener Jahre getragen werden. Wenn sich die Situation im deutschen Wald jedoch nicht bessert, könnte ein Finanzamt schon mal auf die Idee kommen, die Liebe des Waldbesitzer zu seinem Wald als Liebhaberei zu betrachten, was dessen Lage durchaus noch verschlimmern könnte.

Viele Waldbauern hoffen inzwischen auf staatliche Hilfen, um ihren Wald weiter bewirtschaften zu können. Im Gespräch ist derzeit eine Klimawandelprämie als Ausgleich für den wohl für Jahrzehnte ausbleibenden Gewinn. Damit will man Anreize schaffen, die auch in Zukunft eine nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes ermöglicht.

Die Frage, welchen Baumarten zukünftig der Vorzug gegeben werden soll, ist noch nicht beantwortet. Was sich inzwischen jedoch abzeichnet, ist, dass auch die heimischen Buchen nicht mehr zu den stattlichen Exemplaren emporwachsen werden, die bis vor kurzem noch im Wald standen und jetzt häufig vertrocknen.

Der Wald als Erholungslandschaft

Als in den vergangenen Wochen das Wandern im Wald zu den wenigen verbliebenen Freizeitvergnügen zählte, entdeckten viele die Erholungsfunktion des Waldes wieder, auch wenn ihn mancher, seinen Müll wild zurücklassend, in einen Zustand versetzte, den er bei seinem nächsten Besuch nicht wieder vorfinden will. Die Erholungsfunktion des Waldes ist inzwischen vielfach der letzte mehr oder weniger allgemein anerkannte Nutzen.

Was in diesem Zusammenhang kaum jemand bemerkt - im Gegensatz zu den tropischen Wäldern wächst die bewaldete Fläche in Deutschland noch immer, auch wenn einzelne Flächen aufgrund der Trockenheit inzwischen eher braun als grün sind.

Was beim Wald im Gegensatz zu anderen aktuellen Landnutzungen auffallend ist, sind die großen Zeitperioden, in die beim Anbau gedacht wird. Üblicherweise kann die Generation, die den Wald anlegt, die Ernte nicht mehr einfahren, sondern eher die Enkelgeneration. Entsprechend bodenständig geben sich die Waldbauern.

Der Wald als CO2-Senke

In den letzten Jahren wuchs die Bedeutung des Waldes als CO2-Senke und wenn das Holz dann in der Konstruktion von Häusern Verwendung findet, hält die CO2-Bindung auch lange vor. Leider endet derzeit jedoch ein großer Teil der Holzernte als sogenannte Hackschnitzel in der Feuerung, was die CO2-Bindung zügig beendet.

Derzeit befinden sich etwa sechs Jahresernten an Holzhackschnitzeln auf Halde. Das dies der Preisentwicklung nicht gut tut, dürfte jedem auffallen. Selbst Langholz kann in Europa kaum noch vermarktet werden und wird in Containern nach Südkorea exportiert.

Was bislang kaum bekannt ist, ist die Tatsache, dass man aus Holz auch textiles Material fertigen kann und "Holzsocken" nichts mit dem Charme niederländischer Holzschuhe zu tun haben. Während sich Bambus als Grundstoff für die Herstellung von Strümpfen und Socken am Markt breitmacht, hat sich Holz inzwischen eine Nische im Bereich der Gesundheits- und Funktionsbekleidung erobert.

Der Rohstoff Buchen- oder Fichtenholz aus dem die Zellulosefaser hergestellt wird, stammt aus heimischen Wäldern und die aus dieser Faser produzierten Socken locken mit einer antibakteriellen Wirkung und bieten eine gute Stoßdämpfung.

Zur Herstellung der Faser werden in einem ersten Arbeitsschritt kleine Holzstücke eingeweicht, damit der Zellstoff gelöst werden kann. Das in der Folge eingesetzte Lösemittel wird zu über 99 Prozent zurückgewonnen und wiederverwendet. Die Spinnlösung wird anschließend durch Düsen gepresst und so die Faser hergestellt.

Unter dem Aspekt der CO2-Bindung stellt diese Holznutzung eine nicht unbeachtliche Möglichkeit dar und ist auch unter weiteren Gesichtspunkten deutlich umweltgerechter als Baumwolle, für deren Anbau große Mengen an Wasser und Chemie benötigt werden. Dass die Socken nach Nutzungsende kompostierbar sind, trägt letztlich zum Stoffkreislauf bei.

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