Deutscher Heimatschutz

Wenn die Bundeswehr den Rechten den Heimatbegriff streitig machen will

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Kritik am Militarismus ist in Deutschland zurzeit nicht besonders entwickelt. So war der Bundestagsabgeordnete der Linken, Tobias Pflüger, einer der wenigen Politiker, der daran erinnerte, dass der vieldiskutierte EU-Sondergipfel weitere Schritte auf dem Weg zur eigenständigen Militärmacht beschlossen hat.

Für den sogenannten Europäischen Verteidigungsfonds ist immer noch Geld da. 7,014 Milliarden Euro stehen dafür bereit, weitere 1,5 Milliarden sollen unter dem Stichwort "Military Mobility" in den Ausbau des Verkehrsnetzes fließen, das für Militärtransporte tauglich gemacht werden soll. Die "Europäische Friedensfazilität", wie Militärhilfe für Drittstaaten neuerdings beschönigend genannt wird, bekommt 5 Milliarden Euro. Und für die Weltraumprogramme, vor allem Galileo und Copernikus, sind 13,202 Milliarden Euro vorgesehen.

Tobias Pflüger, Die Linke

Ein Jahr für Deutschland

Pflüger übt sich da nicht in etwa in EU-Bashing, sondern stellt klar, dass die EU-Beschlüsse ganz auf der Linie der deutschen Politik sind. Dort hat Verteidigungsministerin und Noch-CDU-Vorsitzende Kramp Karrenbauer einen freiwilligen Dienst bei der Bundeswehr unter dem Namen "Heimatschutz" vorgestellt. Die Bundeswehr bewirbt diesen Dienst nicht minder heimattümelnd mit: "Ein Jahr für Deutschland - freiwillig die Heimat schützen".

Dort wird auch gezeigt, wie nahtlos deutscher Heimatschutz und europäische Verwaltung ineinander übergehen.

"Dein Jahr für Deutschland - freiwilliger Wehrdienst im Heimatschutz" soll alle Männer und Frauen ansprechen, die sich für das Gemeinwohl und regionale Aufgaben im Heimatschutz interessieren. Der gesellschaftliche und soziale Charakter des insgesamt einjährigen Dienstes steht dabei im Vordergrund. Deutschland will seiner Verantwortung in Europa gerecht werden. Deshalb muss das Land selbst in Krisenlagen widerstandsfähiger werden. Die Bundeswehr leistet mit "Dein Jahr für Deutschland" einen weiteren Beitrag dazu.

Deutsche Bundeswehr

Deutschland wird also nach Meinung der Bundeswehr der Verantwortung für Europa dadurch gerecht, dass es in Krisenzeiten noch widerstandsfähiger wird und dafür leistet der Heimatdienst seinen Beitrag.

Nun wird es auch in der EU Stimmen geben, die da Widerspruch anmelden.

Rechte Diskurse bedienen

Interessant ist die Begriffsbildung. Gerade in der sogenannten Postmoderne haben Wörter und Zeichen eine immense Bedeutung bekommen. Heute kann ausgiebig und anhaltend über Bezeichnungen gestritten werden. So wird manchmal mehr Zeit darauf verwendet, einen sensiblen Begriff für Wohnungs- und Obdachlose zu finden, statt sich zu fragen, wie Zustände hergestellt werden können, in denen kein Mensch mehr wohnungslos sein muss.

So ist auch ein Begriff wie "Heimatschutz" nicht zufällig gewählt. Es dürfte auch den Erfindern bewusst sein, dass er für rechte Diskurse anschlussfähig ist. Diverse rechte Parteien haben sich in unterschiedlichen Zusammenhängen immer wieder positiv auf den Heimatschutz bezogen, beispielsweise durch die Parole "Naturschutz ist Heimatschutz".

Wenn also ein freiwilliger Bundeswehrdienst "Heimatschutz" genannt wird, muss man zumindest konstatieren, dass man wie so oft mit den Rechten um den Heimatbegriff konkurriert. Nimmt man da in Kauf, dass auch manche Rechte, sich so positiv von dem Begriff angesprochen fühlen und sich gleich für ein Jahr freiwillig verpflichten, um Deutschland zu dienen?

Wie passt das zusammen mit dem Bestreben, die Bundeswehr von Rechten freizuhalten? Gerade in letzter Zeit wurde von Politikern verschiedener Parteien und auch Bundeswehrangehörigen erklärt, man werde Rechte in der Bundeswehr erkennen und rausschmeißen. Warum aber wählt man dann für einen Freiwilligendienst einen Begriff, der Rechte geradezu anlockt. Als Honigtopf für heimliche Rechte? Oder ist nicht die Frage schon falsch gestellt?

Macht man mit der Weigerung, Begriffe wie Heimatschutz den Rechten zu überlassen, nicht schon deutlich, dass man eben zeigen will, dass man rechte Politik besser umsetzen kann als die ganzen zerstrittenen rechten Kleinparteien. Schließlich hat es auch der Begriff der "Deutschlandfeindlichkeit", der klar aus ultrarechten Diskursschulen stammt, mittlerweile in offizielle Dokumente des Bundesinnenministeriums geschafft.

Vorbild "Heimatschutzbehörden" in den USA?

Nun könnte jemand erwidern, dass sich der freiwillige Heimatschutz der Bundeswehr an den Heimatschutzbehörden in den USA orientiert, die nach den islamistischen Anschlägen vom 11. September 2001 gegründet wurden. Doch das wäre kein Grund zur Beruhigung.

Denn genau die Truppen dieser Behörden werden aktuell von der Trump-Administration gegen die Protestaktionen der letzten Wochen in den in verschiedenen Städten der USA oft auch gegen den Willen der Bürgermeister und Gouverneure eingesetzt. Die Ereignisse in den USA werden auch in Deutschland durchaus kritisch verfolgt und führten auch hierzulande zu temporären Protesten.

Es wäre zu wünschen, dass ein Teil der dadurch politisierten Menschen auch auf die Straße geht, wenn die Bundeswehr den Rechten den Heimatbegriff streitig machen will.