Trump zum Truppenabzug: "Es ist gut für unsere Wirtschaft"

US-Soldaten des 2. Kavallerieregiments in Vilseck. Foto: media.defense.gov

Die USA wollen statt der vorher angekündigten 9.500 11.900 bislang in Deutschland stationierte Soldaten verlegen

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Gestern konkretisierte der amerikanische Verteidigungsminister Mark Esper das Vorhaben des US-Präsidenten, weitere Gis aus Deutschland abzuziehen. Statt der vorher kommunizierten 9.500 sollen es nun 11.900 von insgesamt etwa 35.900 werden. Ungefähr 5.600 davon werden nach Polen, in das Baltikum, nach Belgien und nach Italien verlegt. Der Rest kehrt in die Heimat zurück.

Zu den Einheiten, die aus der Bundesrepublik abgezogen werden, gehört auch ein F16-Geschwader, das bislang im rheinland-pfälzischen Spangdahlem stationiert ist. Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz von der SPD verlautbarte dazu, durch diese Entscheidung der US-Administration müsse man sich nun "leider auch auf den Verlust von deutschen Arbeitsplätzen" einrichten. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, dessen Bundesland mit dem Abzug von 4.500 bisher in Vilseck stationierten amerikanischen Soldaten ebenfalls besonders betroffen ist, sprach von einer "Belastung des deutsch-amerikanischen Verhältnisses".

Sollten die Deutschen "anfangen, ihre Rechnungen zu bezahlen", könne man den Truppenabzug noch einmal überdenken

US-Präsident Donald Trump meinte zu solchen Stimmen, der Abzug erfolge auch deshalb, weil Deutschland mit seinen Verteidigungsausgaben im Rückstand sei und der NATO "Abermilliarden an Dollar" schulde: "Jetzt sagt Deutschland, es sei schlecht für seine Wirtschaft - nun, es ist gut für unsere Wirtschaft." Sollten die Deutschen "anfangen, ihre Rechnungen zu bezahlen", könne er den Truppenabzug noch einmal überdenken - denn die Soldaten seien da, um Deutschland zu beschützen - "und Deutschland soll dafür bezahlen".

Zwei-Prozent-Ziel

Mit seinem Vorwurf bezieht sich der US-Präsident darauf, dass die Bundesregierung aktuell 1,38 Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung ausgibt, obwohl sie der damalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier 2014 beim NATO-Gipfel in Wales dazu verpflichtete, zwei Prozent anzustreben. Die Amerikaner haben dieses vereinbarte Ziel der NATO-Mitgliedsländer mit 3,4 Prozent dagegen deutlich übererfüllt.

Von den europäischen Ländern, in die die bislang in Deutschland stationierten US-Soldaten verlegt werden könnten, erfüllen Polen und Lettland mit jeweils zwei Prozent das NATO-Ziel genau. Estland liegt mit 2,1 Prozent etwas darüber, Litauen mit 1,2 Prozent deutlich darunter. Italien könnte mit 1,3 Prozent als Entschuldigung eine marode Wirtschaft vorbringen - Belgien mit einem Verteidigungsbudget von nur 0,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht.

Aber in der belgischen Hauptstadt Brüssel sitzt nicht nur die EU, sondern auch die NATO-Zentrale, was der Grund dafür sein dürfte, dass das bislang im schwäbischen Stuttgart angesiedelte regionale Europa-Hauptquartier der US-Streitkräfte dorthin verlegt wird. Gleiches gilt für das US European Command EUCOM, das von Stuttgart nach Mons umzieht. Wohin die bislang ebenfalls in der baden-württembergischen Landeshauptstadt angesiedelte amerikanische Afrika-Kommandozentrale geht, ist noch offen.

Würden die Amerikaner den Stationierungsumbau alleine nach dem Kriterium Verteidigungsausgaben gestalten, müssten viele deutsche Soldaten nach Griechenland verlegt werden, wo man sich 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigungsausgaben leistet. Dass das nicht geschieht, könnte einerseits mit der Entfernung Griechenlands von Russland und andererseits mit der Nähe Griechenlands zur Türkei zu tun haben, die 2,5 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in Rüstung steckt. Mit diesem Geld leistet sich das NATO-Land nicht nur militärische Drohungen im Erdgasstreit mit dem NATO-Nachbarn Griechenland, sondern auch eine Besetzung Nordsyriens, ein Eingreifen in den libyschen Bürger- und Stellvertreterkrieg sowie große gemeinsame Manöver mit Aserbaidschan (vgl. "Beendet die Quarantäne und beginnt einen Krieg!").

Neocons enttäuscht

Esper zufolge sollen die Soldaten "so schnell wie möglich" verlegt werden. Sind dafür zusätzliche Mittel erforderlich, muss diese der US-Kongress bewilligen. Dort kritisierte Eliot Engel, der demokratische Außenpolitikausschussvorsitzende im Repräsentantenhaus, die Entscheidung bereits als "schweren Schlag" für die NATO und für Deutschland, deren Kanzlerin er für eine "echte demokratische Führerin" hält. Aus den Reihen der Republikaner kam neben lobenden Worten auch Kritik. Vor allem von solchen Politikern, die für die interventionsfreundliche republikanische Außenpolitik der Nullerjahre stehen.

Der Neocon John Bolton twitterte, damit sende man ein "falsches Signal an unsere Gegner" und mache "unsere Verbündeten angesichts der zunehmenden globalen Bedrohungen verwundbar". Mitt Romney sprach von einem "Geschenk an Russland", das "kurzfristig innenpolitisch gut ankomme", aber langfristig "amerikanischen Interessen schade". Und sein Senatskollege Ben Sasse bemängelte, Trump verstehe nicht, dass auswärts stationierte amerikanische Soldaten die "expansionistischen Ziele der schlimmsten Regime der Welt, vor allem Chinas und Russlands" bremsen würden.

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