Allrad-Sportler mit Doppelkupplungsgetriebe und 385 PS

Von der Kette gelassen: Ausflug im Porsche 911 Carrera 4S PDK

Schon 1983 nutzte Porsche Doppelkupplungsgetriebe im Rennsport, doch als die Technik im Golf schon Einzug hielt, gab es im 911 bloß Wandler-Automaten. Damit ist nun Schluss

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Von
  • sg
Inhaltsverzeichnis

Groß Dölln, 28. Juli 2008 – Ready for take-off: Ich stelle den Wählhebel des Porsche 911 Carrera 4S PDK auf D und aktiviere per Knopfdruck den "Sport-Plus"-Modus für extra kurze Schaltvorgänge. Jetzt noch den linken Fuß auf die Bremse, während der rechte das Gaspedal niedertritt. Der 3,8-Liter-Boxer jubelt hoch, dass es eine wahre Freude ist. Dann meldet das Zentraldisplay am Instrumentenbrett "Launch Control aktiv" und es kann losgehen: Ich nehme den Fuß von der Bremse. Der Porsche krallt sich mit allen Vieren in den regennassen Beton des ehemaligen Sowjet-Flugplatzes, wo heute das Michelin Driving Center beheimatet ist. Schon nach 4,3 Sekunden fällt die 100-km/h-Marke. Nach 15,3 Sekunden bin ich auf Tempo 200, aber die 385 PS des Sechszylinders im Heck schieben mich noch weiter mit Nachdruck Richtung Horizont.

Hautstraffung inklusive

Links und rechts neben der flachen Schnauze spritzen jetzt hohe Gischtfontänen auf, der Porsche scheint auf seiner eigenen Bugwelle zu reiten. Zu spüren ist das aber ebenso wenig wie der kräftige Seitenwind: Das Coupé bleibt stoisch in der Spur, verlangt höchstens nach minimalen Lenkkorrekturen. Keine Zeit, eine mentale Notiz über die exzellente Stabilität bei hoher Geschwindigkeit (und Nässe!) zu machen: Mit 263,7 km/h fliege ich durch die Lichtschranke und vorbei an der Bremsmarkierung. Mit aller Kraft steige ich aufs linke Pedal und erlebe, warum Porsche-Käufer in jedem Fall mindestens 8032,50 Euro mehr für ihren Elfer bezahlen sollten. Soviel nämlich kostet die Keramikbremse "PCCB", die im Testwagen für brutale Verzögerung sorgt. Die Reifen jaulen auf und das Auto tanzt ganz leicht nach links und rechts. Mit ein wenig Input am Lenkrad halte ich aber auch hier den Wagen problemlos in der Spur, hänge im Sicherheitsgurt und hoffe, dass meine Gesichtshaut auf meinem Schädel bleibt. Sekunden später steht der Wagen. "Und? War das mal geil?" freut sich der Porsche-Instruktor auf dem Beifahrersitz. Ich grinse breit zurück und beantworte die rhetorische Frage: "Das machen wir gleich nochmal."

War gut, ist gut, bleibt gut

Bei der Renovierung des Evergreens 911 entwickelte Porsche eine ähnlich hohe Dynamik wie das Fahrzeug selbst. Den Anfang machten im Juni 2008 die heckgetriebenen Carrera-2-Modelle. Einen guten Monat später folgen nun die Carrera-4-Versionen mit neu entwickeltem Allradantrieb. Weiter geht's noch in diesem Jahr mit den aufgemöbelten Targa-Modellen, der Turbo hingegen wird erst 2009 auf den neuesten Stand gebracht. Selbst mit dem Wissen um das Facelift muss ich beim Erstkontakt mit dem neuen Allrad-Elfer ganz genau hinsehen, um die Unterschiede zu erkennen. Was bei vielen anderen Herstellern einer Enttäuschung gleichkäme, registriere ich beim Porsche mit innerlichem Jubel: Hurra! Der 911 ist noch immer ein 911.