Pompeo in Warschau und die Gefahr aus dem Osten

US-Außenminister Mike Pompeo bei seinem Besuch in POlen am 15. August. Bild: state.gov

Die USA verlegen weitere tausend Soldaten nach Polen, gegenüber Huawei ist man aber noch nicht auf amerikanischer Linie

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"Nun ist garantiert, dass im Falle einer Bedrohung die Soldaten Polens und der USA Schulter an Schulter stehen werden", sagte Polens Staatspräsident Andrzej Duda nach der Unterzeichnung des Vertrags von US-Außenminister Mike Pompeo und Polens Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak.

Am Samstag verpflichtete sich die USA, 5500 Soldaten an die Weichsel zu schicken, zusammen mit den unter Barack Obama georderten 4500 Soldaten werden 10.000 US-Militärs über die Sicherheit des osteuropäischen Landes wachen - der Angstgegner heißt Russland.

Die Verhandlungen zur Erweiterung des Kontingents liefen zwischen dem nationalkonservativ regierten Polen und den USA seit über zwei Jahren, ursprünglich schwebte Warschau eine US-Militärbasis vor, welche Duda mit der Benennung "Fort Trump" dem US-Präsidenten schmackhaft machen wollte. Das Projekt scheiterte jedoch an den finanziellen Forderungen der Amerikaner.

Die US-Soldaten werden vornehmlich im Westen des Landes stationiert, haben keine feste Militärbasis und werden im Rotationsverfahren ausgewechselt. Sie sollen mit einer hohen Immunität gegenüber dem polnischen Rechtssystem ausgestattet sein. Ein Teil von ihnen wird vermutlich aus den 12.000 Soldaten bestehen, die aus Deutschland abgezogen werden. US-Präsident Donald Trump ärgerte sich darüber, dass der NATO-Verbündete nicht die vorgeschriebenen zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung ausgibt.

Doch ob es auch ein wichtiges Treffen an der Weichsel für die US-Sicherheitsinteressen war, ist weiterhin unklar. Denn Pompeo war in antichinesischer Mission unterwegs. Das Land in Fernost, so beschwor er auf seiner Europatour, auf der er zuvor Tschechien, Slowenien und Österreich besucht hatte, sei der Hauptfeind der freien Welt. Gegenüber Polen erklärte er: "Truppengröße hat seine Bedeutung, doch die Welt hat sich weiter entwickelt." Er spielte damit auf die Gefahren durch Cyberattacken und Desinformation und somit auf China an. Zu den Protesten in Belarus gefragt, erklärte der 56-jährige Trump-Vertraute, die Präsidentschaftswahlen seien dort nicht "fair und demokratisch" gewesen, verlangte jedoch Konsultationen mit anderen "Partnern". Eine recht zögerliche Formulierung für den langgedienten Ex-Offizier, der nicht für diplomatisches Auftreten bekannt ist.

Die Amerikabegeisterung in Polen hat lange Tradition

Das Land verkörpert den Traum von der großen Freiheit, die dem Land hinter dem Eisernen Vorhang lange verwehrt war. Das Trump-Amerika geht darum auf die Vorlieben Polens für Geschichtspolitik und Symbolik immer wieder ein, um den treuen Alliierten entgegen zu kommen.

Pompeo, der sich auch mit Premierminister Mateusz Morawiecki sowie seinem Amtskollegen Jacek Czaputowicz traf, war zu einem besonderen Datum in Warschau: Das Land feierte den 100. Jahrestag des "Wunders an der Weichsel". Am 15. August 1920 schlugen die polnischen Truppen unter Staatsoberhaupt und Kommandant Jozef Pilsudski die Rote Armee vor Warschau. Die polnische Armee konnte darauf die sowjetischen Truppen zurückdrängen und 1921 im Friedensvertrag von Riga sein Territorium weit nach Osten ausdehnen.

"Die Schlacht um Warschau ist eines der vielen heroischen Ereignisse, durch die Polen im 20. Jahrhundert berühmt wurde", erklärte Pompeo.

Nach Lesart vieler Konservativen in Polen, so auch der Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS), hätte Polen damit dem restlichen Europa einen Vormarsch der Roten Revolution erspart. Der polnische Staatssender TVP Info freute sich darum am Sonntag, dass einige Medien in den USA, wie etwa ABC News oder die "New York Post", diese Sicht ebenfalls teilen.

Gegenüber China und Huawei ist das Regierungslager gespalten

Doch so weit ging die Begeisterung nicht, dass von der polnischen Regierung eine klare Aussage über eine Kooperation mit dem chinesischen Konzern Huawei als möglicher Anbieter des neuen Mobilfunksystems 5G geäußert wurde - was eine wichtige Mission des Zentraleuropa-Trips Pompeos war. Von Tschechien bekam er in dieser Frage eine klare Abfuhr, die Slowenen unterschrieben mit dem ehemaligen CIA-Direktor einen Vertrag, der die Chinesen ausschloss.

Der polnische Regierungssprecher Piotr Mueller erklärte am vergangenen Wochenende, dass Polen in Sachen 5G gerne mit amerikanischen wie auch europäischen Firmen zusammen arbeite. Dies hörte sich schon anders an als die Aussage von Premierminister Mateusz Morawiecki in der Daily Mail im Juli, als er betonte, dass chinesische Firmen von der Einrichtung des 5G-Netzes in Polen und Europa fernzubleiben haben.

In dieser Frage ist das Regierungslager gespalten. Landwirtschaftsminister Jan Krzysztof Ardanowski befürchtet, dass polnische Lebensmittel in Zukunft vom chinesischen Markt ausgeschlossen werden könnten. Der polnische Export von Agrarprodukten im Wert von über 11 Milliarden Zloty (2,5 Milliarden Euro) sei im Wachsen begriffen und auch Außenminister Jacek Czaputowicz trat als Bedenkenträger auf. Gerade werde doch für den Herbst der Peking-Besuch von Staatspräsident Andrzej Duda vorbereitet.

Zudem ist das chinesische Unternehmen Huawei seit 16 Jahren auf dem polnischen Markt präsent und wird vom Ausnahmefußballer Robert Lewandowski beworben. Derzeit arbeiten 800 Personen für den Konzern an der Weichsel, dies soll in kurzer Zeit auf 3000 Mitarbeiter erweitert werden. Demnächst wird ein Forschungszentrum gegründet, wo Polens "beste Ingenieure" wirken sollen, wie Polens Huawei-Chef Tonny Bao erklärt

In Zeitungen warnen Experten, dass sich Polen bei dem Ringen der Großmächte um 5G sich nicht so schnell für eine Seite entscheiden sollten - vor allem da China ein langes Gedächtnis habe und die USA bei einem neuen Präsidenten eine ganz andere Außenpolitik fahren können.

Zwar ist China nach Stand von Ende 2019 nur auf dem 23. Platz der ausländischen Investoren in Polen, doch dies solle sich bald ändern. China plant auch Produktionsstätten in Polen, und der Autor dieser Zeilen stolperte in dem strukturschwachen Kreis Przysuchy über Protestplakate gegen ein chinesisches Unternehmen, das dort Plastikgranulate herstellen wollte.

Einen kleinen, nachweisbaren Erfolg im Ringen mit China konnte der US-Außenminister bei der Polenvisite dennoch verbuchen. Andrzej Duda, der sich seit März mittels TikTok an die Jugend gewandt hatte, meldete sich kürzlich bei dem chinesischen Videoportal wieder ab, das in den USA verboten werden soll.