Russen, Chinesen oder Außerirdische?

Das US-Militär betreibt nun auch offiziell UFO-Forschung

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Es war ein offenes Geheimnis, doch nun wurde es vom Pentagon bestätigt: Die U.S.-Regierung betreibt ein Programm zur Erforschung von UFOs. Offiziell wurde die "Unidentified Aerial Phenomena Task Force" (Arbeitsgruppe für Unidentifizierte Luftphänomene), am 4. August genehmigt. In Wirklichkeit betreibt man UFO-Forschung schon viel länger.

Bislang hatte es immer geheißen, dass es zwar zeitweilig ein Regierungsprogramm zur Erforschung unbekannter Flugobjekte gegeben habe. Dieses sei aber im Jahr 2012 eingestellt worden. Wie sich gezeigt hat, wurde dieses Projekt auch in den Jahren danach fortgesetzt. Tatsächlich werden Begegnungen mit UFOs schon seit Ende des Zweiten Weltkriegs untersucht.

Beendet, aber nicht eingestellt

Laut einem Bericht der New York Times vom Dezember 2017, sei ein Forschungsprogramm mit dem Namen "Advanced Aerospace Threat Identification Program" mit einem Budget von 22 Millionen Doller im Jahr 2007 gestartet worden. Untersucht wurden Fälle von unidentifizierten Flugobjekten. Ein Großteil des Geldes sei an ein privates Luft- und Raumfahrt-Forschungsunternehmen namens Bigelow Aerospace geflossen.

Vertreter des Pentagons hätten erklärt, dass das Programm 2012, nach fünf Jahren, eingestellt worden sei. Doch laut dem langjährigen Leiter des Programms habe das Pentagon zwar die Finanzierung des Projektes beendet, die eigentliche Aufklärungsarbeit der Arbeitsgruppe sei jedoch auch nach 2012 weitergelaufen. Mitarbeiter der Marine und der CIA seien beteiligt gewesen. Man habe weiterhin Ereignisse mit unidentifizierten Flugobjekten untersucht.

Noch bis ins Frühjahr 2020 hielt das Pentagon an seiner Darstellung fest, dass die Finanzierung des UFO-Programms im Jahr 2012 gestoppt worden sei. Doch die Zeitschrift Popular Mechanics lieferte bereits Ende 2019 in einem Investigativbericht zahlreiche Belege dafür, dass das verdeckte Programm jahrelang weiterlief. Die New York Times bestätigte dies im Juli 2020. Die dem Office of Naval Intelligence angegliederte Einheit zur Untersuchung mysteriöser Fluggeräte habe unter neuem Namen weiter bestanden. Das Programm selbst sei nicht geheim, dessen Arbeit jedoch schon.

Fortgeschrittene Bedrohungen aus der Luft

Der nun offiziell "Unidentified Aerial Phenomena Task Force" (UAPTF) genannten UFO-Einheit, die beim Marineministerium angesiedelt sein soll, geht es nicht nur um potentielle Besucher aus anderen Galaxien. Das Senate Select Committee on Intelligence, das die Gelder für die UFO-Einheit bewilligt, sorgt sich auch um Bedrohungen durch feindliche Akteure auf dem blauen Planeten.

Senator Marco Rubio, der Vorsitzende des Senatsausschusses, erklärte kürzlich in einem Interview, dass er sich primär um Berichte von unidentifizierten Flugkörpern über amerikanischen Militäreinrichtungen Sorgen mache. "Es gibt Dinge, die über unseren Militärbasen und über Orten fliegen, an denen wir militärische Übungen durchführen", so Rubio, "und wir wissen nicht, was es ist." Dabei handele es sich potentiell um Technologien, über die man nicht verfüge. Ob diese von Chinesen, Russen oder von Akteuren außerhalb dieses Planeten stammen, kann Rubio nicht sagen.

In einem Bericht des Senatsausschusses steht dazu:

Das Komitee unterstützt die Bemühungen der Unidentified Aerial Phenomenon Task Force beim Office of Naval Intelligence, die Erfassung von und Berichterstattung über nicht identifizierte Luftphänomene, etwaige Verbindungen, die sie zu gegnerischen ausländischen Regierungen haben, und die Bedrohung, die sie für U.S.-Militärkapazitäten und -einrichtungen darstellen, zu standardisieren.

Bericht

CNN berichtet, dass sowohl Kongressabgeordnete als auch Vertreter des Pentagon sich schon länger über das Auftauchen unidentifizierter Flugzeuge über US-Militärbasen Sorgen machen. Es bestehe kein Konsens darüber, woher sie stammen. Manche glauben, dass es sich um Drohnen handelt, die von irdischen, nicht von außerirdischen Gegnern der USA zur Luftaufklärung eingesetzt werden.

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"Ich bin fast mit einem dieser Dinger zusammengestoßen"

Im April 2020 hat die U.S.-Navy offiziell drei Videos (FLIR.mp4, GOFAST.wmv, GIBAL.wmv) von Objekten im Luftraum veröffentlicht, die "unerklärliche Luftphänomene" zeigen. Die Videos kursierten schon jahrelang in der Öffentlichkeit. Eine der mysteriösen Begegnungen ereignete sich bereits im Jahr 2004 nahe der Küste von San Diego. Ein anderes Ereignis trug sich im Jahr 2015 zu. Die Flugmanöver der beobachteten unidentifizierten Objekte, so Popular Mechanics, seien mit heutiger Flugtechnologie nicht möglich ("What the fuck ist that?").

"Es beschleunigte wie nichts, was ich jemals gesehen habe", sagte einer von zwei an der Sichtung im Jahr 2004 beteiligten Piloten. Sie hatten sich in ihren Kampfflugzeugen dem unbekannten Objekt genähert, das erratisch in niedriger Höhe über dem Wasser flog und blitzschnell verschwand. Wenig später tauchte das Objekt auf dem Radar eines in der Gegend befindlichen Schiffes wieder auf. Anscheinend hatte es eine Strecke von 60 Meilen in weniger als einer Minute zurückgelegt.

Worum es sich bei den Luftphänomenen handelt, dazu wollte oder konnte sich das Pentagon nicht äußern. Bestätigt wurde lediglich, dass die Videos authentisch waren und von Marinefliegern stammen. Was da auf dem Videomaterial zu sehen ist, dazu wurde nichts gesagt. Außerirdische sind zur Erklärung nicht zwingend erforderlich. Astrophysikern zufolge gebe es viele mögliche Erklärungen, darunter atmosphärische Effekte und Reflexionen oder Bugs in den Bildgebungs- und Displaysystemen der Kampfflugzeuge.

Merkwürdige Objekte, so die New York Times, erschienen von Sommer 2014 bis März 2015 beinahe täglich über der Ostküste von Virginia bis Florida. Laut Berichten von Marinepiloten des Flugzeugträgers Theodore Roosevelt hatten die Objekte keinen erkennbaren Antrieb oder Abgasfahnen. "Diese Dinger waren den ganzen Tag da draußen", berichtet Lt. Ryan Graves, einer der Navy-Piloten. Woher die Flugobjekte stammten, ist unklar.

Ende 2014 kam es sogar fast zu einer Kollision mit einem der Objekte. "Ich bin fast mit einem dieser Dinger zusammengestoßen", berichtete einer der Navy-Piloten. Der Pilot und sein Wingman flogen im Abstand von etwa 30 Metern östlich von Virginia Beach, als etwas, das wie eine Kugel aussah, die einen Würfel umhüllt, direkt am Cockpit vorbei zwischen ihnen durchflog. Die Flugstaffel war über den Vorfall so erschrocken, dass ein Pannenbericht eingereicht wurde.

Über die Herkunft der merkwürdigen Flugobjekte möchte, so die New York Times, keiner der involvierten Piloten spekulieren. Merkwürdig sei, dass die Objekte sowohl in 30.000 Fuß Höhe als auch direkt über der Erdoberfläche fliegen konnten, auf Schallgeschwindigkeit beschleunigen, aber dann abrupt abbremsen und sofortige Wendungen vornehmen konnten - und das alles ohne erkennbaren Antrieb.

Funde von unerklärlichen Objekten

Eine wachsende Zahl von Sichtungen "unidentifizierter Flugzeuge" hat die US-Navy sogar dazu veranlasst, neue Richtlinien für die Meldung solcher Vorfälle herauszugeben. "In den letzten Jahren gab es eine Reihe von Berichten über nicht autorisierte und / oder nicht identifizierte Flugzeuge, die in verschiedene vom Militär kontrollierte Bereiche und ausgewiesene Lufträume einflogen", so die Navy gegenüber Politico. Deswegen habe die Navy den Meldeprozess für solche Fälle aktualisiert und formalisiert.

Nachdem die Herkunft der unbekannten Flugobjekte per Definition unklar ist, wird natürlich auch darüber spekuliert, ob sie nicht auch extraterrestrischen Ursprungs sein könnten. Der Initiator des 2007 gestarteten Programms, ein ehemaliger demokratischer Senator aus Nevada, glaubt, dass Abstürze von Objekten unbekannter Herkunft aufgetreten sein könnten und dass geborgene Materialien untersucht werden sollten.

Ein Astrophysiker, der seit 2007 für das UFO-Programm arbeitete, sagt, dass es in einigen Fällen nicht möglich gewesen sei, die Herkunft der Materialien zu bestimmen. Er schließt daraus: "Wir könnten es selbst nicht herstellen." Erst im März habe er eine Agentur des Pentagon über Bergungen von "Off-World-Gefährten, die nicht auf dieser Erde hergestellt wurden", gebrieft. Auch Mitglieder des Senate Armed Services Committee habe er bereits in geheimer Sitzung über Funde von unerklärlichen Objekten informiert.

Die U.S.-Regierung untersucht Fälle von Sichtungen unidentifizierter Flugobjekte mindestens seit den 40er Jahren. Fast ebenso lange wird behauptet, die wahren Ergebnisse der UFO-Untersuchungen würden vertuscht. Die CIA erklärt dazu: "Während die Besorgnis der Agency über UFOs bis in die frühen 1950er Jahre erheblich war, hat die CIA den Phänomenen seitdem nur begrenzte und periphere Aufmerksamkeit geschenkt."

Dr. habil. Thomas Schuster, ehem. Berater bei Roland Berger und ehem. Autor der Frankfurter Allgemeine ist Hochschullehrer für Kommunikations- und Medienwissenschaft. Seine Bücher "Staat und Medien. Über die elektronische Konditionierung der Wirklichkeit" und "Die Geldfalle. Wie Medien und Banken die Anleger zu Verlierern machen" sind bei S. Fischer und im Rowohlt Verlag erschienen.

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