Arabische Franken besiegen französische Schwaben

Das neue Bundeswehr-Sturmgewehr kommt nicht von Heckler & Koch, sondern von Haenel

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Gestern teilte das deutsche Bundesverteidigungsministerium gesprächigen Fachpolitikern der Koalitionsparteien das Ergebnis der Auswertung der Angebote für ein neues Bundeswehr-Sturmgewehr mit. Danach wird der fast 250 Millionen Euro schwere Auftrag im Umfang von 120.000 Stück an die Firma C.G. Haenel gehen, wenn der Haushaltsausschuss des Bundestages in den kommenden Monaten zustimmt.

Staatseigentum der Vereinigten Arabischen Emirate

Der 1840 im ethnisch fränkischen und politisch damals preußischen Suhl gegründete und vor allem durch die Entwicklungen der Brüder Hugo und Hans Schmeisser international bekannt gewordene Waffenhersteller war 1945 eigentlich aufgelöst und in das Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk Ernst Thälmann überführt, aber 2008 "wiedergegründet" worden. Er ist nun Teil der Suhler Merkel-Gruppe, die wiederum Teil der Emirates Defence Industries Company (EDIC) aus Abu Dhabi ist, welche zum dortigen staatlichen Rüstungskonzern EDGE gehört.

Verlierer der Auswertung ist die von ehemaligen Mauser-Mitarbeitern gegründete Firma Heckler & Koch aus dem schwäbisch-badischem Grenzgebiet, die der Bundeswehr seit 1959 Sturmgewehre lieferte. Ein im engeren Sinne heimisches Unternehmen ist auch diese Firma nicht mehr: Sie gehört über die Luxemburger Holding CDC und die Sofo Kapital auf Barbados zum tonangebenden Teil dem französische Investor Nicolas Walewski.

Problemgewehr G36

Während es über Heckler & Kochs Wirtschaftswunderklassiker G3 kaum Beschwerden gab, war das beim Nachfolger G36 anders: Am 22. April 2015 ordnete die damalige deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sogar an, dass alle 167.000 G36-Sturmgewehre der Bundeswehr ausgemustert werden. Grund dafür war, dass die zu einem großen Teil aus glasfaserverstärktem Kunststoff gefertigten Waffen an Zielgenauigkeit einbüßen, wenn sie heiß geschossen oder außerhalb europäischer Klimabedingungen verwendet werden (vgl. Linksfraktion blockiert G36-Untersuchungsausschuss). Bei der Ausschreibung des Auftrags für ein neues Bundeswehr-Sturmgewehr hatte das Verteidigungsministerium deshalb explizit gefordert, dass die Waffe für Auslandseinsätze in allen Klimazonen geeignet sein muss.

Allerdings waren auch Haenel-Waffen nicht immer frei von Anlässen für Unzufriedenheit: Das an die Hamburger Polizei gelieferte CR 223 - dessen Weiterentwicklung MK 556 die neue Bundeswehr-Ordonanzwaffe werden soll - musste 2016 nachgebessert werden, weil es mit der dort verwendeten Munition Ladehemmung hatte. Der zum arabischen Mutterkonzern gehörige Hersteller Caracal rief drei Jahre davor wegen Verletzungsgefahr sogar alle seine C-Pistolen zurück.

Sig sauer (sic)

Wie gut Heckler & Koch die Niederlage verkraftet, wird sich herausstellen. Immerhin darf die nun faktisch französische Firma den französischen Streitkräften ihr HK416 als neues Sturmgewehr liefern. Und ihre Maschinengewehre MG4 und MG5, die Maschinenpistole MP7, sowie ihren 40-Millimeter-Granatwerfer kauft die Bundeswehr weiterhin dort. Es könnte jedoch sein, dass das profitable Unternehmen wegen hoher Schulden nach neuen Investoren Ausschau halten muss.

Andere Interessenten am deutschen Auftrag waren bereits vor Heckler & Koch ausgeschieden oder abgesprungen - darunter ein Konsortium aus dem deutschen Kanonenhersteller Rheinmetall und der österreichischen Steyr-Mannlicher GmbH mit dem RS556 und die Firma Sig Sauer mit ihrem MCX.

Die Sig Sauer GmbH & Co. KG ist Bestandteil einer Holding namens L&O, der auch die amerikanische Sig Sauer Inc. in Newington im US-Bundesstaat New Hampshire und die Swiss Arms im schweizerischen Neuhausen gehören, die in den 1970er Jahren den Namensbestandteil Sig für "Schweizerische Industrie-Gesellschaft" beitrug. Sie wird zum Jahresende ihren Standort in Deutschland schließen und hat in diesem Zusammenhang neben deutschen Vorschriften auch eine Benachteiligung wegen ihrer "internationalen Ausrichtung" beklagt (vgl. Sig Sauer wird amerikanischer).

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