Atomkraft: Kein Interesse an Neubau

Archivbild (2008): Hinkley Point A, gesehen vom Eingang zu Hinkley Point B. Foto:
Mark Robinson/ CC BY 2.0

London laufen die AKW-Bauer davon

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Es steht wirklich schlecht um die Zukunft der Atomenergienutzung. Nun hat sich schon wieder ein Interessent zurückgezogen. Der japanische Konzern Hitachi gibt, nachdem bereits über zwei Milliarden Euro investiert wurden, den Bau zweier Siedewasserreaktoren mit zusammen 3.000 Megawatt im äußersten Nordwesten der walisischen Halbinsel auf, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet.

Offensichtlich war man mit den Ergebnissen von Nachverhandlungen nicht zufrieden, die in den letzten Wochen geführt wurden. Dabei, so Bloomberg, habe die Regierung nach eigenen Angaben ein Paket auf den Tisch gelegt, dass "weit über alles hinausging, was die Regierung in der Vergangenheit angeboten hatte".

Hitachi hatte 2012 die Betreibergesellschaft Horizon Nuclear Power, ursprünglich ein Gemeinschaftsunternehmen der deutschen Konzerne RWE und E.on, erworben. 2009 hatte diese ihre Baupläne für den walisischen Standort Wylfa bekanntgegeben, an dem bereits zwei uralte, vor ein paar Jahren stillgelegte Meiler stehen.

Die britische Regierung hatte zugesagt, sich mit fünf Milliarden Pfund (5,5 Milliarden Euro) an dem Bau zu beteiligen, doch das reicht Hitachi offensichtlich nicht mehr. Schon Anfang 2019 war man über Geld in Streit geraten und hatte die Bauarbeiten ausgesetzt, wie seinerzeit der Telegraph schrieb. Die Zeitung bezifferte die Gesamtkosten seinerzeit auf stolze 21,8 Milliarden Pfund (23,8 Milliarden Euro).

Vor Hitachi hatte sich bereits 2018 der ebenfalls japanische Konzern Toshiba aus britischen AKW-Projekten zurückgezogen, und das obwohl die britische Regierung Garantiepreise für den Atomstrom anbietet, die deutlich über dem in Deutschland für Windstrom Gezahltem liegen. Zudem sollen diese Einspeisevergütungen anders als die hiesigen für Grünstrom auch noch an die Inflation angepasst werden.

Somit bleiben noch die französische EDF und der chinesische Konzern China General Nuclear Power Group als letzte potenzielle Bauherren für Atomkraftwerke in Großbritannien. Die beiden errichten derzeit im Südwesten der britischen Insel, an der Atlantikküste ein Hinkley Point C genanntes Kraftwerk mit zwei Reaktoren. Derzeit werden die Baukosten dort ebenfalls auf rund 21 Milliarden Pfund geschätzt. Gebaut wird inzwischen seit acht Jahren, erste Vorarbeiten begannen bereits 2008. 2025 will man den ersten Strom ins Netz einspeisen.

Anfang der Woche hatte der Europäische Gerichtshof eine Beschwerde Österreichs gegen den Bau zurückgewiesen, wie die Plattform World Nuclear News schreibt. Wien hatte Anstoß an Kreditgarantien der britischen Regierung sowie einer vertraglichen Zusicherung von Entschädigung für den Fall genommen, dass der Reaktor aufgrund eines politischen Beschlusses vorzeitig stillgelegt werden sollte.