Die zweite Welle überschlägt sich

Bild: NIAID/CC BY-2.0

Grippesaison, Risikogebiete, Reisewarnungen und immer wieder die Zahl der angeblich Neuinfizierten, das sind die Schlagworte, mit denen die Corona-Krise in die nächste Saison verlängert wird. Dagegen steht die Realität mit medizinischen Fakten, Zahlen und dem Verständnis von Statistik

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Hinter dem Vorhang aber lauern echte Probleme, die nicht mehr zur Sprache kommen; denn es herrscht Konsens zwischen Regierung, den großen Medien und einer Mehrheit im Publikum, dass man diese Büchse der Pandora nicht wieder aufmachen soll. Trotzdem und genau deshalb seien die realen Herausforderungen hier kurz aufgezählt.

Die Krisen hinter der Corona-Krise

Größtes Problem: Zerstörung der Umwelt und Klimawandel, Verschwendung von Rohstoffen und Energie: Menschen haben durch ihre Zahl, ihren Konsum, ihre Beweglichkeit und Bequemlichkeit, durch ihre Gier und Unersättlichkeit den Planeten so sehr ausgebeutet, verschmutzt und malträtiert, dass viele Schäden nicht mehr zu beheben sind.

Die Krise der Medien: Parteipolitiker und Medien wiederholen ständig die gleichen Narrative; es besteht zwischen Regierung und Medien ein aufdringlicher Konformismus.

Erosion der Demokratie: Alle Parteien wollen das Gleiche, NATO, Rüstung, Wachstum und Schulden für die nächste und übernächste Generation.

Die ungebremste Macht der Finanzwelt: Steigender Reichtum, steigende Armut, steigende Geldmenge, steigende Schulden, keine Kontrolle von Banken und Giralgeldschöpfung.

Kriegsvorbereitungen, Rüstung und Kriegshetze. Sinken der Hemmschwelle durch Drohneneinsätze. Hetze gegen Russland, Iran und China.

Dauerkrise der EU: Beschlussunfähigkeit durch Bestimmungen, die mit 6 Mitgliedern gefasst wurden und bei 27 Mitgliedern nicht durchführbar sind. Es ist tausendmal leichter, einen Beschluss zu verhindern, als einen herbeizuführen.

All das wird verdrängt, während man eine Obergrenze bei Hochzeitsfeiern in Betracht zieht oder Reisewarnungen für Wien ausspricht. Und Herr Lauterbach verdrängt mit seiner Corona-Phobie den Niedergang der SPD.

Jedes einzelne der genannten Probleme, außer der SPD, bedroht unsere Zukunft wesentlich mehr als das Corona-Virus Sars-CoV-2, aber keins von ihnen ist so leicht zu bewältigen. Gegen Corona genügen Ordnungsmaßnahmen. Spielraum für Politiker auf allen Ebenen, sich zu profilieren, zu diskutieren und ins rechte Licht zu rücken. Hin und her, an und aus, auf und zu. Und es wird getestet und getestet und die Tests getestet.

Deutschland: Viele Tests, nur 1% positiv, wenige Infektionen, kaum Tote

Anhand der Zahl der positiv verlaufenen Tests wird Angst geschürt. Wenn dann auch noch behauptet wird, die geringe Zahl der Todesfälle wäre auf die Maskenpflicht und die Abstandsregeln zurückzuführen, dann widerlegt diese Argumentationskette sich selbst.

Die Zahl der positiven Tests zeigt ja, dass die einschränkenden Maßnahmen die Verbreitung des Virus nur verzögern. Die geringe Zahl der Todesfälle bei steigenden Zahlen positiver Tests beweist dagegen, dass die Krankheit relativ harmlos ist und nicht, dass die Maßnahmen gegen die Verbreitung des Virus erfolgreich waren.

Der Gedankenfehler welcher der Linie der Politik und der Mehrheitsmeinung zugrunde liegt, ist folgender:

Die Bekämpfung des Virus wird mit der Rettung von Menschenleben gleich gesetzt. Das hört sich gut an und klingt plausibel. Es ist aber ein Trugschluss. Dieser Trugschluss basiert auf einem Mangel an Kenntnissen von statistischen Zusammenhängen und dem Gespür dafür. Man unterscheidet nicht zwischen Korrelation und Kausalität.

Eine Kausalität zwischen Übertragung eines Virus und dem Tod einer Person kann prinzipiell nicht festgestellt werden, da es sich um einen statistischen Prozess handelt, bei dem Einzelereignisse nicht erfasst werden können. Auch Virologen können das nicht. Sie verstehen, wie das Virus an Zellen andockt und sich vermehrt. Das konkrete Ereignis wird aber vom Zufall bestimmt.

Zwischen der Ausbreitung des Virus und der Erkrankung besteht eine vom Zufall beherrschte Beziehung, die quantitativ als Korrelation beschrieben wird. Der Korrelations-Koeffizient gibt an, wie stark der statistische Zusammenhang ist.

Zwischen der schnellen Ausbreitung des Virus, der steigenden Zahl der Tests mit einer steigenden Zahl von positiven Testergebnissen besteht eine starke Korrelation. Das ist logisch. Das Virus breitet sich aus, es wird viel getestet, die RNA des Virus wird in den Proben entdeckt.

Zwischen den positiven Testergebnissen, den Infektionen und den Todesfällen, bei denen Covid19 im Spiel ist, besteht aber nur eine sehr schwache Korrelation. Die Todesfälle in Deutschland sind wenige und sie korrelieren fast immer (stehen im nachgewiesenen statistischen Zusammenhang) mit anderen Todes-Risiken:

• hohes Alter,
• angegriffenes Herz-Kreislauf-System,
• Vorerkrankungen (Hepatitis, Zuckerkrankheit).

Diese anderen Korrelationen verringern den Korrelations-Koeffizienten des Virus; denn alle Koeffizienten zusammen (bekannte und unbekannte) ergeben höchstens 1. (1 bedeutet, dass ein Todesfall eintritt.) Wie stark die Korrelation mit anderen Todesursachen ist, erkennt man an Folgendem: Das Durchschnittsalter der Corona-Toten liegt in Deutschland bei 82 Jahren (Netzwerk Evidenz basierter Medizin) und damit oberhalb der durchschnittlichen Lebenserwartung von 81 Jahren.

Das Netzwerk evidenzbasierte Medizin (EbM) diskutiert umfangreiche und aktuelle Forschungsergebnisse (in Medizinersprache) und fordert evidenzbezogene Maßnahmen anstatt wahlloser Tests an Menschen ohne Symptome.

Es ist natürlich zu bedauern, wenn alte Menschen vorzeitig sterben, doch die Statistik lehrt uns, dass wir mit Maßnahmen für die gesamte Bevölkerung, Kinder eingeschlossen, diese Risikogruppe kaum schützen können. Sehr Alte und Schwache haben nur mit wenigen Personen Kontakt und da muss man gezielt mit Hygiene ansetzen (nicht mit Isolation), das würde sie mehr schützen als Maskenpflicht für alle und willkürliche Massentests. Die Angst vor Corona muss nicht größer sein als die allgemeine Angst vor dem Tod, die man nicht wegdiskutieren kann, weil der Mensch ja sterblich ist und im Schnitt kaum 85 Jahre alt wird.

Die tiefgreifenden Ordnungsmaßnahmen mit ihren Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft führen nur in wenigen, nicht greifbaren Fällen dazu, dass bedrohte Leben verlängert werden.

Testen, testen, testen! Aber keine Infektionen

Wenn die Zahl der Tests steigt, steigt die Zahl der positiv verlaufenen Tests, das ist logisch und nicht bedrohlich. Relevant ist nicht die absolute Zahl der positiven Testergebnisse, sondern der prozentuale Anteil der positiven Ergebnisse an der Zahl der durchgeführten Tests. Und die ist bei Zufallstest jetzt in Deutschland noch sehr niedrig, etwa 1%.

Wenn der Test positiv verläuft, sind das aber keine Neuinfektionen, wie immer behauptet wird. Es sind nämlich gar keine Infektionen. Eine Infektion liegt dann vor, wenn ein Virus sich im Körper so weit vermehrt, dass ein Infekt, also eine Entzündung, eintritt: Symptome wie bei einer Erkältung oder Grippe mit Fieber. Das ist Neuinfektion, nicht der Nachweis von Viren-RNA im Speichel.

Neuinfektion als Falschwort benutzt, täuscht darüber hinweg, dass die meisten Menschen, auch die positiv Getesteten und insbesondere alle Kinder, gar nicht auf das Virus reagieren, sondern es abwehren oder überwinden ohne Hilfe der Medizin. Nur, wenn das Virus eine Infektion verursacht, wird es gefährlich. Genau diese Tatsache wird durch das Wort Neuinfektionen übergangen.

Eine Wissenslücke der Virologen

Das Corona-Virus hat die Eigenschaft, sich auch über Träger zu verbreiten, bei denen keine Infektion eintritt. Wie und wie oft das genau geschieht, ist noch nicht bekannt. Dass es aber so geschieht, wurde besonders deutlich im Fall der Großschlachterei Thönnies: Weit mehr als hundert positiv getestete Mitarbeiter, aber keine einzige Erkrankung.

Wenn man sich in die Welt des Virus hineindenkt, einige Virologen tun das, dann wird diese Merkwürdigkeit verständlich. Ein Virus hat nicht die Absicht, Menschen zu töten oder krank zu machen, sondern es will sich ausbreiten und vermehren. Wenn die Träger schwer erkranken oder sterben, ist dies für die Ausbreitung des Virus kontraproduktiv.

Wenn ein Virus sich schnell ausbreitet, ohne viel Schaden anzurichten, ist es aus der Sicht dieser Existenzform ein Erfolg. Das Corona-Virus Sars-CoV-2 ist in diesem Sinne ein sehr erfolgreiches Virus, wie andere Corona-Viren auch, es vermehrt sich schnell und hat sich in drei Monaten global ausgebreitet, Covid-19 ist aber deshalb noch keine besonders gefährliche Krankheit. Sars-CoV-2 ist auch nicht harmlos, denn es verursacht Lungenentzündungen und Thrombosen, aber es ist kein Killervirus, weil nur wenige erkranken und bei guter Behandlung die meisten Erkrankten überleben.

Realistische Sicht auf eine fremde Welt

Viele Menschen fühlen sich gesund und stark genug, sich dem Virus zu widersetzen, sie spüren, dass sie falsch informiert werden und sehen, dass sich Sars-CoV-2 zwar erstaunlich leicht verbreitet, aber nur in einer kleinen Risikogruppe Schaden anrichtet.

Die schwachen und anfälligen Menschen in Altenheimen und Krankenhäusern gezielt zu schützen und optimal zu behandeln, ist Aufgabe der Medizin und des Pflegepersonals, unterstützt durch den Staat und die Allgemeinheit. Das funktioniert in Deutschland mit seinem aufwändigen medizinischen System recht gut. Aber Falschinformationen und Angst zu verbreiten, und gesunde Menschen, sogar Kinder, durch Gesichtsmasken sprachlos zu machen, leistet dazu keinen konstruktiven Beitrag.

Was testet Herr Drosten mit seinem PCR-Test?

Die RNA ist bekanntlich ein spiralförmiges Riesenmolekül, das sich selbst reproduzieren kann. Bei den Tests wird die Reproduktion im Labor induziert und dann 30 mal bis 45 mal in Zyklen wiederholt, bis eine analytisch feststellbare Menge an RNA vorliegt.

Es handelt sich bei diesen Zyklen aber nicht um das digitale (mathematisch korrekte) Kopieren, sondern um einen biologischen Vorgang, der mit einer Fehlerquote behaftet ist. Diese Fehler werden in der Kaskade ebenfalls immer wieder vervielfältigt (potenziert), so dass nach 30 und mehr Zyklen Unsicherheit besteht, ob überhaupt und vor allen Dingen, wie viele Viren am Anfang in der getesteten Probe vorhanden waren.

Der Regierungsberater Prof. Drosten hat selber so einen Test mit 45 Zyklen entwickelt, der nach ihm benannt wurde.

Der mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnete Professor ist weiterhin der Wortführer in der Corona-Debatte. In seinem Interview im letzten Podcast des NDR steuert er eine neue Richtung in seiner Argumentation an und fordert (zunächst für Schüler) einen Antigen-Test. Damit rückt er, ohne es zuzugeben, ab vom millionenfach ausgeführten PCR-Test, wie er ihn selber entwickelt hat.

Der Antigen-Test reagiert nach Darstellung der Pharmazeuten auf Infektionen der getesteten Person, während der PCR-Test, wie schon erwähnt, auf die RNA des Virus reagiert und nicht Infektionen feststellt, sondern Viren-RNA in nachweisbarer Menge erzeugt und dann nachweist. Wegen der kaskadenartigen Vermehrung im Test, mit Faktoren 2 hoch 30 bis zu 2 hoch 45, ist die Anfangsmenge der RNA nur vage zu bestimmen. Deshalb ist das Falschwort Neuinfektionen für positive PCR-Testergebnisse unangebracht.

Auch bezüglich der Altersabhängigkeit lenkt Prof. Drosten jetzt ein und verweist darauf, dass überwiegend Menschen sterben, die wegen des hohen Alters (über 80 Jahre) naturgemäß eine hohe Todesrate haben. Immer noch macht Drosten den Fehler, den Zusammenhang (als Virologe) nicht statistisch korrekt zu erfassen. Das Virus ist eine Todesursache von mehreren und die Korrelation ist schwach, insbesondere die Korrelation mit PCR-Testergebnissen. Wegen dieser Tests werden aber bisher alle weiteren Maßnahmen verordnet.

Der stärkste Widerspruch gegen die Handlungsanweisungen von Prof. Drosten kommt aus den Kreisen von Medizinern, insbesondere von Epidemiologen, die ein Gespür für die Ausbreitung von Viren haben (haben müssen), also für die statistischen Zusammenhänge. Der Tenor dieser Ärzte ist: Wir müssen mit dem Virus leben und können es nicht ausrotten, weil es sich so leicht verbreitet. Zu dieser evidenzbasierten Einstellung gehört es, sehr alte Menschen ganz gezielt vor Infektionen zu schützen.

Einfache Maßnahmen mit vager Wirkung

Das alles ist kompliziert und nicht leicht verständlich, wird aber von Politikern und Medien in simple Schlagworte umgesetzt, die einfache Maßnahmen rechtfertigen, welche die Verbreitung des Virus einschränken sollen. In den Medien dominieren starke Vokabeln, die ständig wiederholt werden: Pandemie, steigende Infektionszahlen, Multi-Spreader, globale Gefahr.

Nehmen wir an, ein Mundschutz für alle Käufer und Verkäufer in allen Supermärkten würde das Infektionsrisiko in Supermärkten um 50% senken, was nicht erwiesen ist, dann sagt uns die Statistik: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich unter 50 oder 100 Personen überhaupt Infizierte im Laden aufhalten oder, dass man selber infiziert ist, ist nahe bei Null.

Diese winzige Wahrscheinlichkeit ,(aus Rücksicht oder Vorsicht) durch Mundschutz für alle weiter zu reduzieren, macht keinen Sinn. Sinnvoller wäre es, dass diejenigen, die sich selbst zur Risikogruppe rechnen, freiwillig eine medizinisch effektive Gesichtsmaske tragen, wenn sie in die Öffentlichkeit gehen. Das Beispiel Supermarkt lässt sich auf die meisten anderen Kontakt-Risiken übertragen. Besonders krass ist es beim Mundschutz in Schulen. Kinder haben ein noch deutlich geringeres Risiko, an Corona zu erkranken.

Pharmaindustrie und Gesundheitswesen verdienen oft mehr an Diagnostik als an der Therapie. Hier ist ein Sonderfall: Sie führen in vielen Millionen von Fällen einen Test durch, der z.B. 100 Euro kostet und der nicht einmal die Diagnose einer Krankheit darstellt, sondern nur die Ausbreitung des Virus dokumentiert. Das ist, wie schon erwähnt, nicht das Gleiche.

Zahlreiche Viren sind nicht automatisch Feinde oder Killer von vielen Menschen. Sie bilden eine Gefahr, aber die Gefahr ist, statistisch gesehen, gering. Und anders als statistisch kann man den Vorgang einer Epidemie nicht verstehen, weil weder das einzelne Virus erfassbar ist, noch der einzelne Ansteckungsvorgang.

Man stelle sich vor, es gäbe einige Todesfälle, die mit einem Herpes-Virus in Verbindung stehen und man wolle diese dadurch verhindern, dass man die Ausbreitung der Herpes-Viren global bekämpft. Ein riesiges Thema für Virologen, Gesundheitspolitiker, Medien und... Satire.

Es geht nicht darum, das Ausbreiten eines Virus zu verhindern, sondern darum, Menschen vor Krankheit und Tod zu bewahren.

Wer das will, findet schnell Ansatzpunkte mit größerem Effekt, also mit einer stärkeren Korrelation zur Verlängerung von Menschenleben: Man könnte beispielsweise...

• große und kleine Veranstaltungen mit viel Bier, Wein und Alkohol meiden oder untersagen,
• das Inhalieren von Genussmitteln jedweder Art unterlassen oder unterbinden, nebst der Werbung dafür,
• Fleischkonsum einschränken durch Verzicht oder durch Verbot von Massentierhaltung und Auflösung der Großschlachtereien,
• das Naschen von Süßigkeiten, besonders bei Kindern, unterlassen und/oder durch Werbe-Auflagen und eine gestaffelte Mehrwertsteuer eindämmen.

Das sind reale Möglichkeiten mit Erfolgsgarantie. Sie verkleinern die Risikogruppe für Covid19 und für zahlreiche andere Krankheiten, verbessern die allgemeine Gesundheit und die Lebensqualität.

Was hilft gegen das Überschwappen der zweiten Welle? Der Autor empfiehlt in jedem Fall viel frische Luft und mehr Demokratie als Aktionsprinzip, von unten bis ganz oben.

Rob Kenius ist Systemkritiker und betreibt die Webseite kritlit.de.