Es streamt sich so schön

Der Fernsehmarkt ist im Umbruch, auch wenn er zuerst einmal ein wenig wächst

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

So richtig überraschend war das jetzt auch nicht. Im vergangenen Quartal wanderten mehr Fernseher über den Ladentisch als jemals zuvor. 62 Millionen Stück, um genau zu sein. Weltweit, aber damit hätte man in jeden der 41 Millionen bundesdeutschen Privathaushalte 1.5 Geräte stellen können. Was man genau mit einem halben Fernseher im Wohnzimmer will, das sei hier einmal dahin gestellt, aber wir wissen, was zumindest in den USA inzwischen auf den Geräten passiert.

Laut einer aktuellen Umfrage wenden sich mehr und mehr US-Konsumenten vom klassischen Fernsehen ab und streamen. 85 Prozent der Befragten haben sich Netflix und Co ins Haus geholt, und 75 Prozent nutzen dabei mehr als einen Dienst. Da sieht es dann eher duster für Free- und Kabel-TV in den USA aus. Vermutlich können da noch so viele Fliegen auf den Kunsthaaren von Vizepräsident Pence landen, das sieht sich bald keiner mehr an. Und wenn Donald Trump am 3.11. sich nicht via Netflix zum Präsidenten erklärt, wird es vermutlich keiner mehr mitbekommen.

Ich würde aber sagen, dass das alles nur ein Zwischenschritt sein kann, denn zu streamen ist ja schön und gut, aber wenn man die fünfunddreißigste Version eines Küchenbattles gesehen hat oder die hundertste Wiederholung eines Marvel "Ich hau die Welt kaputt"-Films, dann kehrt auch wieder ein wenig Langeweile ein.

Wie gut, dass still und leise sich eine weitere Möglichkeit anbahnt, die natürlich neue Hardware braucht, die aber vielleicht ein wenig mehr Spannung verspricht. Mit der Hilfe von Oculus Quest kann ich jetzt in den Genuss des Blair Witch Projects kommen. Ja, genau, ich kann in 3D mir vor Schreck in die Hosen machen, weil hinter jedem dritten Busch noch eine Hexe auf mich wartet. Oder ein Fernsehkoch.

So genau kann ich das noch nicht sagen, weil ich das Ding noch nicht angefangen habe zu spielen. Denn dazu brauche ich noch eine rutschige Oberfläche, die mir dann das Wegrennen und Hinfallen perfekt simuliert. Zwei neue Stücke Hardware, die den Markt auch wieder freuen werden. Und dann ist das Fernsehen zu einem Nachtoderlebnis mutiert, das mir jeden Abend nach dem Essen meinen Kick gibt und vielleicht ein wenig heftiger wirkt als eine Präsidentendebatte. Was nicht heißen soll, dass die erste in diesem Wahlkampf nicht auch schon ein ziemlicher Horror war.

Willkommen also zur dritten Fernsehgeneration, die sich über kurz oder lang noch anbahnen wird. Dann ist die Glotze endlich angekommen, wo sie sein will. Als Weltersatz für – derzeit eher zwangsmäßige – Couchpotatoes, die deren frittierte Kollegen und ein Bier in sich hineinstopfen und eine Kunstwelt auf sich einrieseln lassen.

... wobei ich nicht weiß, wie es sich mit einem Oculus Quest auf dem Schädel Bier trinken und Chips essen lässt. Vermutlich geht da ziemlich viel daneben.