Wählen mit Smartphone, nein. Termin beim Friseur, ja

Die Wahl in den USA rückt näher. Mit dem Smartphone geht da nichts, aber wenigstens kann man einen Friseurtermin mittels Gerät buchen

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Sicher, man will und kann es schon nicht mehr hören: am 3. November ist Wahltag. Nicht hier oder sonst wo, außer in den USA. Nur dort kann und soll man wählen. Wir fiebern (hoffentlich fieberfrei) einfach nur mit hier in Europa. Und US-Bürger außerhalb der Vereinigten Staaten können zumindest jetzt schon per Briefwahl abstimmen. Das sollen sie möglichst nicht, laut Präsident Donald Trump, denn die könnte ja gefälscht werden. Wie, das bleibt er als Antwort schuldig. Dass aber keiner per Smartphone abstimmen kann, obwohl inzwischen alles außer Kinderzeugen auch in den USA auf dem Gerät abgewickelt wird ... das kann er vermutlich auch nicht erklären.

Aber NBC News kann es. Denn man solle sich einfach vor Augen halten, dass es sich bei Online Voting über das Handy oder einen Computer nicht um eine triviale Anwendung handelt. Sicher können Bürger der USA Parking Tickets per Smartphone lösen oder sogar einen Pass beantragen, um nach der Wahl noch schnell das Land zu verlassen. Sie können die Bankgeschäfte tätigen, aber sie können nicht wählen. Noch nicht und vielleicht nie. Dabei wäre es gerade zu Corona-Zeiten so erleichternd, wenn man das ohne Schlangestehen vor einem Wahllokal könnte.

Geht nicht. Denn ein einfaches Prinzip steht dazwischen: Wähler*innen haben nur einen Versuch. Und der ist nicht mehr umkehrbar.

Im Gegensatz zu Online Banking, bei dem eine Transaktion wegen falscher Angaben oder sogar wegen Betrugs einfach wieder umgekehrt und korrigiert werden kann, muss eine (!) Stimme einmalig und endgültig abzugeben sein. Eine Bank kann sich zugunsten des Kunden irren. Ein Wähler kann das nicht. Und deshalb – so NBC News zumindest – ist hier Software der falsche Weg. Da ist der Irrtum sozusagen Bruder des Codes. Aber ein "huch, ich habe mich verklickt, kann ich mit CTRL+Z etwas richten" wird es hier nicht geben.

Wie gut, dass man sich zumindest via Google Duplex in den ganzen USA bald einen Friseurtermin geben lassen kann. Damit man gut und frisch gestriegelt aussieht, wenn man zum Wahllokal schlendert. Der Service, der ein bisschen wie nach einem Kondom benannt klingt, ist ein automatisiertes Buchungssystem, das am Telefon mittels KI den perfekten Termin für einen Haarschnitt sucht. Der ist als solches dann auch nicht mehr umkehrbar (der Haarschnitt, nicht der Temin), aber hey. Zumindest wachsen die meisten davon wieder nach.

Darf ich anmerken, liebe USA, dass Ihr vielleicht keine Abstimmung per Smartphone hinbringt, dass man Google Duplex aber vielleicht dazu nützen könnte, einen Termin an der Wahlurne zu buchen? Nur mal so ein Gedanke. Könnte das Schlangestehen ein wenig verkürzen. Aber das ist ja vermutlich gar nicht ungern gesehen. Je dunkler der Anteil von Hautfarbe in einem Wahlbezirk, desto länger die Schlange vor den Wahllokal. Aber nichts Sicheres weiß man nicht.