Hunter und Twitter - zwei Elefanten im Raum

Statt der ausgefallenen zweiten Fernsehdebatte gab es gestern zwei getrennte TV-Fragestunden von Donald Trump und Joseph Biden, bei denen Themenbereiche ausgespart blieben

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Nachdem die zweite Fernsehdebatte vor der US-Präsidentschaftswahl wegen Donald Trumps (inzwischen überstandener) Covid-19-Erkrankung abgesagt wurde, traten die beiden Bewerber gestern bei getrennten TV-Fragestunden auf: Donald Trump beim Sender NBC in Miami, der Metropolen des wichtigen Schlachtfeldstaats Florida, und Joseph Biden beim Sender ABC in Philadelphia, der größten Stadt im ebenfalls wichtigen Schlachtfeldstaat Pennsylvania.

Trump: QAnon "sehr entschieden gegen Pädophilie"

Trump bestätigte der NBC-Moderatorin Savannah Guthrie dabei indirekt die Größenordnung seiner von der New York Times gemeldeten Verbindlichkeiten in Höhe von gut 400 Millionen Dollar, meinte jedoch, diese seien angesichts der Vermögenswerte seiner Firmen keine große Sache. Zu QAnon meinte der US-Präsident, darüber wisse er nicht viel. Er könne nur sagen, was er darüber höre: "Dass sie sehr entschieden gegen Pädophilie sind" - und dem stimme er zu.

"White Supremacy", so Trump, habe er bereits in der Vergangenheit immer wieder verurteilt und mache das erneut. In diesem Zusammenhang merkte der Republikaner an, dass NBC Joe Biden bei dessen Auftritt im Sender nicht fragte, ob er die Antifa verurteile, in deren Namen unlängst ein "Day of Rage" ausgerufen worden war, bei dem in Portland ein Café eines als "feindlich" kategorisierten Veteranen zerstört und eine Statue von Abraham Lincoln umgestürzt wurde.

Biden: Trump trägt "immer noch keine Masken"

Biden versprach währenddessen auf ABC, er werde sich nach dem 22. Oktober dazu äußern, ob er die Zahl der Richter am Supreme Court erhöht. Außerdem warf er dem Präsidenten vor, er unternehme auch nach seiner Covid-19-Erkrankung "nichts" gegen die Ausbreitung des Sars-CoV-2-Virus. Als konkretes Beispiel dafür führte er an, dass Donald Trump "immer noch keine Maske" trage. Inwieweit das nach einer überstandenen Infektion medizinisch sinnvoll wäre, ließ er offen. Vielleicht ging es ihm auch um eine Vorbildwirkung, die er vermisst.

Burisma-Affäre

Das Auffälligste an Bidens Fragestunde war, dass Moderator George Stephanopoulos einen Themenbereich komplett aussparte: Bidens Sohn Hunter und dessen Tätigkeit für die ukrainische Gasfirma Burisma (vgl. Die Ukraine, die USA und die Korruption). Auffällig war diese Abwesenheit vor allem deshalb, weil die New York Post am Mittwoch sehr viel Aufmerksamkeit mit Material erregte, das ihr von Donald Trumps Anwalt Rudolph Giuliani übergeben wurde. Es stammt angeblich aus einem Computerreparaturbetrieb in Delaware, in dem ein Apple-Laptop abgegeben wurde, dessen Besitzer sich danach nicht mehr meldete.

Als sich der Techniker den Rechner ansah, entdeckte er Giulianis Angaben nach Emails, die sowohl Einblicke in Hunter Bidens Privatleben gaben als auch nahe legten, dass Joseph Bidens am 19. September 2019 ausgesprochene Behauptung, er habe mit seinem Sohn "nie über dessen Geschäfte in Übersee gesprochen", nicht ganz der Wahrheit entsprochen haben könnte.

Hunter Biden scheint nämlich vom ukrainischen Gaskonzern Burisma unter anderem ein höheres Gehalt mit dem Argument des Zugangs zu seinem Vater einzufordern. Und Burisma scheint den Junior zu drängen, dass er dafür sorgt, dass der damalige ukrainische Generalstaatsanwalt Wiktor Schokin entlassen wird. Joseph Biden rühmte sich später öffentlich, das über die Drohung des Zurückhaltens von einer Milliarde Dollar erreicht zu haben, bestreitet aber einen Zusammenhang mit Hunter und Burisma.

Verbreitungsunterdrückung

Deutlich an Aufmerksamkeit gewann die Geschichte gestern dadurch, dass Twitter und Facebook die Verbreitung der Geschichte zu verhindern versuchten. Twitter ließ Tweets mit dem Link auf die Artikel in der New York Post nicht zu und sperrte neben zahlreichen anderen auch den Account der 1801 von Alexander Hamilton gegründeten Zeitung. Der Social-Media-Konzern begründete das erst (und automatisiert) damit, dass es sich um "potenziell schädliche" Informationen handle.

Danach hieß es, das Material sei ohne Zustimmung der davon betroffenen Personen an die Öffentlichkeit gelangt, weshalb es den Twitter-Regeln nach nicht weiter verbreitet werden dürfe. Das warf jedoch Fragen dazu auf, warum der Kurznachrichtendienst diese Regel nicht in ähnlichen Fällen in der Vergangenheit genauso anwendete - etwa dann, als die New York Times über Donald Trumps angeblich nur dreistellige Einkommensteuer schrieb.

Schließlich meldete sich Twitter-Chef-Jack Dorsey zu Wort, kritisierte die vorangegangenen Aussagen, und begründete die Sperre mit einer Verletzung der Privatsphäre von Personen. Damit bezog er sich anscheinend auf Hunter Biden. Das Material enthält nämlich auch Bilder, die den Sohn des demokratischen Präsidentschaftsbewerbers mit Crack-Konsum und einem in der Öffentlichkeit möglicherweise nicht unbedingt werbewirksamen Verhalten Frauen gegenüber in Verbindung bringen.

Dass auch diese Bilder veröffentlicht wurden, begründet die New York Post damit, dass sie für eine Authentizität des anderen Materials sprechen. Davon hat die viertgrößte amerikanische Zeitung Giuliani zufolge noch längst nicht alles publiziert. Der echte Sprengstoff lagert seinen Angaben nach in den China-Geschäften Hunter Bidens, der seinen Vater während dessen Vizepräsidentschaft auf einer Reise in die Volksrepublik begleitete (vgl. Biden junior scheidet aus chinesischem Firmenvorstand aus).

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.