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Die Energie- und Klimawochenschau: Klimawahl in den USA, China vor neuem Solar- und Windenergieboom doch deutsche Politiker setzen lieber auf untergehende Industrien

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Das ist nun wirklich der Hammer. Die Arbeit an dieser Wochenschau lag in den letzten Zügen, da stimmt das EU-Parlament für das Landwirtschaftsprogramm der Union. 400 Milliarden Euro, werden in den nächsten sieben Jahren über der Agrar- und Fleischindustrie ausgegossen. Klimaschutz? Artensterben? Alles egal. Geld bekommen vor allem die, die viel Fläche bewirtschaften, Umweltauflagen gibt es bestenfalls in homöopathischen Dosen.

Überdüngung? Lachgas-, also Treibhausgasemissionen? Alles egal. Demokratie auch. Die Abstimmung wurde kurzfristig und überraschend um einen Tag vorgezogen. EU-Parlamentarier Martin Sonneborn schreibt von einer Abgeordneten, die von der Vorverlegung nur per Zufall erfahren hatte. Es seien noch nicht einmal die vielen Änderungsanträge übersetzt gewesen. Zudem wurde en bloc über den Vorschlag von Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen abgestimmt, wie hier in einer Kritik des Naturschutzbundes beschrieben.

Wen interessiert es da schon, dass die Welt gerade ihren wärmsten September seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen - und vermutlich sehr lange darüber hinaus - erlebt hat.

Abweichung der September-Temperatur vom Mittel der Jahre 1951 bis 1980. Bild: Goddard Institute for Space Studies der NASA

Biden oder Trump

Der US-Wahlkampf tritt in seine Endphase und sein Ausgang wird in vielfacher Hinsicht für die nächsten Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte, einen Einfluss auf die globalen Verhältnisse und die internationale Diplomatie haben. Unter anderem könnte von ihm abhängen, in welchem Maße die globale Erwärmung noch begrenzt werden kann.

Der britische Sender BBC berichtet über US-amerikanisches Wissenschaftler, die vor einem Sieg des Amtsinhabers Donald Trump warnen. Weitere Investitionen in Ausbeutung, Verteilung und Verbrauch fossiler Energieträger könnten anhaltende Treibhausgasemissionen für Jahrzehnte bedeuten. Die USA ist historisch der größte und nach China aktuell der zweitgrößte Verursacher von Emissionen, die das globale Klima verändern.

Nicht erst seit Trump behindert und verzögert die US-Diplomatie in den internationalen Verhandlungen Klimaschutzverträge. Diese Politik geht weit in die 1990er Jahre zurück und war auch unter den Demokraten Bill Clinton und Al Gore, der später zum Grünen-Guru aufstieg, gängige Praxis. So weit wie Trump, der aus einem bereits ratifizierten Vertrag ausstieg, hatte es bis dahin allerdings noch keiner getrieben.

Von Joe Biden kann erwartet werden, dass er zum Pariser Klimaübereinkommen zurückkehrt. Wenn er das mit seinem Green New Deal verbindet, könnte das den Weg für andere Staaten erleichtern, sich auf etwas ehrgeizigere Klimaziele festzulegen.

Biden greift mit dem Green New Deal eine Forderung der US-Linken auf und verspricht - ohne in die Details zu gehen - ein großes Investitionsprogramm für erneuerbare Energieträger. 1,7 Billionen US-Dollar soll seine Regierung dafür in zehn Jahren ausgeben und zusätzliche Investitionen des Privatsektors und der Kommunen anstoßen Ziel: Die USA bis 2050 klimaneutral machen.

China wartet nicht

Chinas Präsident Xi Jinping wartet derweil nicht auf den Wahlausgang und beendet endgültig das alte Spiel, in dem jahrzehntelang Beijing (Peking) und Washington jeweils mit dem Finger aufeinander gezeigt und vom jeweils anderen den ersten Schritt erwartet haben.

Bereits im September ging Xi auf der UN-Generalversammlung in Vorleistung, indem er versprach, sein Land bis 2060 klimaneutral zu machen. Nahezu zeitgleich hatten chinesische Wissenschaftler einen entsprechenden Plan vorgestellt.

Das ist immer noch nicht genug, aber eine deutliche Verbesserung in der chinesischen Verhandlungsposition. Bisher hatte China lediglich versprochen, den weiteren Anstieg seiner Emissionen bis 2030 anzuhalten und danach zu reduzieren. Tatsächlich sind die chinesischen Emissionen schon in den letzten Jahren kaum noch gewachsen.

Xis Ankündigung scheint offensichtlich ernst gemeint zu sein. Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet dieser Tage, dass die klimapolitischen Ziele im nächsten Fünf-Jahres-Plan deutlich heraufgesetzt werden sollen.

Statt 2030 soll nun schon 2025 20 Prozent der in dem Riesenland eingesetzten Primärenergie mit CO2-freien Energieträgern zur Verfügung gestellt werden. Der Anteil der Kohle im Energiemix soll binnen dieser fünf Jahre um 5,5 Prozentpunkte gedrückt werden.

Um das zu erreichen, so die Agentur, müsste der Ausbau von Solar- und Windenergie, Felder auf denen China ohnehin bereits weltweit führend ist, massiv beschleunigt werden. Denn zum Ersatz für Kohlekraftwerke kommt auch noch ein bisher jährlich um rund fünf Prozent wachsender Strombedarf. Dieses Wachstum könnte sogar in den nächsten Jahren noch etwas größer ausfallen, denn nach dem Zweiradverkehr und den Bussen sollen auch die Pkw mehr elektrifiziert werden. (Strom deckt bisher 48 Prozent des chinesischen Energiebedarfs ab.)

Die neuen Ziele würden bedeuten, dass in den nächsten Jahren jährlich Solaranlagen mit einer Leistung von 80 bis 115 Gigawatt (GW) ans Netz gehen. Das entspräche gegenüber dem bisher besten Solarjahr Chinas einer Steigerung von 60 bis über 100 Prozent. Zusätzlich müssten Jahr für Jahr neue Windkraftanlagen mit 36 bis 45 GW hinzukommen. (Zum Vergleich: In Deutschland sind derzeit Windkraftanlagen mit einer Kapazität von rund 62 GW und Solaranlagen mit einer Gesamtleitung von gut 52 GW in Betrieb.)

Der Plan wird vom chinesischen Parlament endgültig im kommenden Frühjahr verabschiedet, doch die Details werden vermutlich schon im Winter ausgearbeitet. Helfen könnte bei der Umsetzung, dass China schon jetzt auf beiden Gebieten globaler Vorreiter ist und erhebliche Kapazitäten aufgebaut hat. Außerdem sind Solaranlagen in China wie in den meisten anderen Ländern inzwischen die billigste Möglichkeit Strom zu erzeugen, wenn es um neue Anlagen geht und keine abgeschrieben alten Kohlekraftwerke weiterlaufen sollen.

Kein Interesse an Windenergie

In Deutschland ist es derweil weiter unklar, ob die Bundesregierung den Betreibern von Altanalgen rechtzeitig eine sichere Perspektive gibt. Seit Jahren wird sie von diversen Verbänden der Energieversorgung und der Windkraftindustrie darauf hingewiesen, die ab 2020 auf die Branche zukommen. Rund 16 GW Windkraftleistung wird bis 2025 aus der Förderung durch das Erneuerbare-Energie-Gesetz fallen, schreibt der Bundesverband Windenergie (BWE), und die Bedingungen für einen Weiterbetrieb sind ungewiss.

Eines der Probleme ist der derzeit extrem niedrige Börsenstrompreis von meist unter drei, oft auch unter zwei Cent pro Kilowattstunde. Da scheint ein wirtschaftlicher Betrieb kaum machbar. Durch die 2017 eingeführte Pflicht, für Neuanlagen an einer Ausschreibung teilzunehmen, ist aber auch der Ersatz der alten durch neue Windkraftanlagen erheblich erschwert worden.

Der BWE fordert unter anderem eine zwei- bis dreijährige Übergangsunterstützung und vereinfachte Regeln für das sogenannte Repowering, damit keine Standorte verloren gehen. Der Verband hofft, das entsprechende Lösungen noch in die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes eingebaut werden, die derzeit vorbereitet wird.

Besonders am Herzen liegt der Berliner Koalition die Windindustrie jedenfalls bisher nicht. Der Ausbau an Land ist unter ihrer Ägide von seinem Höchststand von rund fünf GW 2017 auf jeweils knapp ein GW 2019 und vermutlich auch 2020 zurück gegangen. Das führte bereits zum Verlust von mehreren 10.000 Arbeitsplätzen, was aber weder in der Union noch in der SPD keinen zu interessieren scheint.

Genauso wenig Interesse zeigt die Bundesregierung an dem nicht unerheblichen Potenzial, dass die Branche für eine Wiederbelebung der Wirtschaft nach der Corona-Krise hat. Europaweit bietet sie zur Zeit immer noch rund 300.000 Arbeitsplätze, konstatiert ein Bericht zur Lage der europäischen Windenergie. Würde bis 2030 die Gesamtleitung der Windkraftanlagen auf 400 GW verdoppelt (111 GW davon auf dem Meer), könnten 150.000 neue Jobs hinzu kommen.