Franchise-Kopfabschneiden in Mosambik

So präsentieren sich die mosambikanischen Dschihadisten auf Telegram

Eine Dschihadistengruppe, die sich dem IS anschloss, hat in dem ostafrikanischen Land über 50 Menschen enthauptet

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Dschihadisten haben im Norden Mosambiks in den letzten Tagen die Dörfer Nanjaba und Muatide überfallen und unter Allahu-Akbar-Rufen angezündet. Bewohnern, die sich erfolglos im Wald verstecken wollten, wurden Zeugenaussagen nach die Köpfe abgeschnitten. In Nanjaba waren es zwei, in Muatide, wo man sie auf einem Fußballplatz zusammentrieb, mehr als 50. Frauen und Kinder wurden verschleppt.

Swahili Sunna

Die Täter sind in Mosabik vor allem unter dem Namen "al-Shabaab" (arabisch für "die Jugend") bekannt, aber nicht mit der gleichnamigen somalischen Gruppe identisch. Während die Somalis zu al-Qaida gehören hat sich die mosambikanische al-Shabaab im letzten Jahr dem Islamischen Staat (IS) angeschlossen. Der beansprucht seitdem in seinem Propagandaorgan Amaq die in Mosambik durchgeführten Glaubensmorde für sich.

Erstmals Aufmerksamkeit erregte die mosambikanische al-Shabaab 2015 in der von Swahili bewohnten Hafenstadt Mocimboa da Praia 2015, als ihre Anhänger die etablierten Moscheen mit Schuhen betraten, um auf diese Weise zu zeigen, dass sie den dort gepredigten nichtdschihadistischen Islam als Apostasie betrachteten. Zwei Jahre darauf begannen sie mit Morden, denen Schätzungen nach inzwischen eine drei- bis vierstellige Zahl von Menschen zum Opfer fiel. Amaq veröffentlichte Videos zeigen außerdem, dass es den auch unter den Namen "Swahili Sunna", "Ansar al-Sunna" und "Ahlu al-Sunna" auftretenden Dschihadisten in Mocimboa da Praia und in den Bezirken Muidumbe und Quissanga gelang, Sicherheitskräfte zu töten und dabei in größerem Umfang Schusswaffen und Uniformen zu erbeuten.

All diese Gebietskörperschaften liegen im Norden Mosambiks, in der Provinz Cabo Delgado. Sie ist neben der Nachbarprovinz Niassa die einzige mit einer moslemischen Bevölkerungsmehrheit im zu gut vier Fünfteln nichtislamischen Mosambik. Aber auch in diesen beiden Provinzen gibt es viele Christen, Atheisten, Agnostiker und Anhänger von Volksreligionen: In Niassa sind es 39 Prozent der Bevölkerung, in Cabo Delgado 46.

Praktisch ausschließlich Moslems sind vor allem die Swahili, die in Mosambik etwa sieben Prozent der Bevölkerung stellen. Dass sie auch an den Küsten Kenias und Tansanias leben erleichterte es Islamisten von dort, polizeilichem Druck auszuweichen und ihrem Dschihad in Mosambik nachzugehen.

Politik und Wirtschaft

Politisch geben dort eher die mehrheitlich christlichen Makua den Ton an, die mit etwa 40 Prozent Bevölkerungsanteil das Quasi-Staatsvolk der ehemaligen portugiesischen (und zu einem sehr kleinen Teil auch ehemals deutschen) Kolonie sind. Der aktuelle mosambikanische Präsident Filipe Nyusi stammt aber aus den Reihen der Makonde, die auch in Tansania einflussreich sind und dort mit mit Benjamin William Mkapa 1995 bis 2005 den Staatschef stellten.

Nyusi gehört der Frente de Libertação de Moçambique (Frelimo) an, einer ehemaligen Guerilla, die das Land seit dem Abschied von Portugal 1977 durchgehend beherrscht. Ihr ehemals aus den USA unterstützter Bürgerkriegsrivale Resistência Nacional Moçambicana (Renamo) und dessen Abspaltung Movimento Democrático de Moçambique (MDM) kommen zusammengerechnet lediglich auf 66 Sitze im 250-köpfigen Parlament.

Die lange Herrschaft förderte eine Verflechtung von Politik und Wirtschaft, die sich unter anderem bei Bodenschatzfunden zeigt, welche das Wirtschaftswachstum des Landes in den letzten eineinhalb Jahrzehnten stabil über sechs Prozent liegen ließen. So ging etwa die Konzession für eines der größten Rubinfelder der Welt, das man 2009 in Cabo Delgado entdeckte, an eine Konsortium mit dem Unabhängigkeitskriegsveteranen Raimundo Pachinuapa, der zusammen mit Alberto Chipande der mächtigste Mann in dieser Provinz ist. Ähnliche Auffälligkeiten gibt es in den Bereichen Titan, Kohle und Strom aus Wasserkraft. Auch die Einnahmen aus einem Gasfeld vor der Küste von Cabo Delgado, die ab 2022 sprudeln sollen, werden in Politiknähe absehbar stärker fließen als entfernt davon.

Um ausländische Investoren nicht zu verschrecken verwarf die Regierung im Frühjahr den Vorschlag des MDM-Chefs Daviz Simango, im Norden Mosambiks das Kriegsrecht auszurufen. Stattdessen setzte man außer auf die Polizei und die dort bereits stationierten Soldaten auf private Sicherheitsdienstleister aus dem Ausland. Die Ergebnisse, die die Frelimo damit erzielte, hält Alex Vines vom African Studies Centre an der Coventry University für unbefriedigend - ein Eindruck, der sich mit den neuen Anschlägen zu bestätigen scheint.

Weitere subsaharische Länder, in denen der IS nach seinen Niederlagen im Irak, in Syrien und in Libyen Franchisenehmer rekrutiert hat, sind Nigeria (vgl. Nigeria: Der Islamische Staat ist wieder da), der Kongo (vgl. IS breitet sich in Afrika aus), Kamerun, Somalia, Kenia, Tansania und Uganda. Außerhalb Schwarzafrikas konkurriert die Terrororganisation im Bürgerkriegsland Jemen mit der al-Qaida-Filiale AQAP (vgl. Schwarze Fahnen in Aden) und in Afghanistan mit den Taliban (vgl. Afghanistan: Kalifatsterroristen gegen Taliban).

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