A49: Massiver Polizeieinsatz

Screenshot Video #Hambi bleibt

Hessens schwarz-grüne Landesregierung scheut für den Autobahnbau keine Mühen und nimmt Verletzte in Kauf

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Im hessischen Dannenröder Forst ist es bei der Räumung durch die Polizei am heutigen Sonntagmorgen zu einem schweren Unfall gekommen. Eine der Aktivistinnen stürzte aus einem sogenannten Tripod mehrere Meter tief, nachdem ein Sicherungsseil gekappt worden war.

Die Dreibeine werden von den gegen Rodung und Autobahnbau protestierenden Umweltschützer eingesetzt, um Teile des Waldes zu blockieren. Eine kleinere Version ist auf einem kleinen Video vom gestrigen Samstag zusammen mit einem enormen Polizeiaufmarsch zu sehen.

Die Berliner Tageszeitung berichtet, dass es zur Schwere der Verletzung der Verunglückten bisher keine Angaben gibt. Auch auf Twitter ist bei den dort schreibenden Aktivisten nichts darüber zu finden. Einige machen direkt die Polizei verantwortlich.

Unstrittig ist, dass ein Sicherungsseil durchgeschnitten wurde. Ein Aktivist, der nach eigenen Angaben Augenzeuge des Sturzes war, berichtet auf Twitter, dass zum fraglichen Zeitpunkt nur Polizeibeamte in der Nähe gewesen seien. Er habe zwar nicht das Abschneiden beobachtet, sich wohl aber das Seilende anschauen können. Das sei eindeutig durchgeschnitten gewesen.

Das Seil war offensichtlich in über zehn Meter Entfernung an einem Baum befestigt. Denkbar ist, dass es durchtrennt wurde, da es einen Durchgang versperrte, und dass dabei nicht auf seine Funktion geachtet wurde.

Andere Aktivisten berichten in diesem Zusammenhang, dass Polizeibeamte in den letzten Tagen wiederholt Seile im Wald durchtrennt hätten, ohne zu kontrollieren, ob sie zur Sicherung von Menschen dienen. Fotos der Aktivisten zeigen zu dem einen Baum, in dem sich noch ein Baumhaus befindet, der aber bereits angesägt wurde.

In einer per Email verbreitete Presserklärung sprechen die Besetzer davon, dass die Polizei in den vergangenen Tagen wiederholt "grob fahrlässig" vorgegangen sei. Sie appellieren daher an die hessische Landesregierung und die Polizei, "den Einsatz sofort zu beenden, um weitere Gefährdungen und Verletzungen zu vermeiden".

Während die Polizei angibt, Beamte hätten den Absturz "aus der Distanz" beobachtet und der Sachverhalt werde ermittelt, berichtet der oben zitierte mutmaßliche Augenzeuge, dass das Seil im Nachhinein noch an einer weiteren Stelle durchtrennt worden sei.

Seit dem Beginn der Rodungssaison Anfang Oktober versucht die schwarz-grüne hessische Landesregierung mit einem Polizei-Großaufgebot Umweltschützer aus dem Wald zwischen Kassel und Gießen zu vertreiben. Diese protestieren gegen den Bau der Autobahn A49, die dort durch ein Wasserschutzgebiet geführt werden soll.

Die Waldbesetzer protestieren dabei nicht nur gegen die Zerstörung eines intakten Mischwaldes. Sie erinnern auch daran, dass die 2015 in der Pariser Klimaüberkunft eingegangenen Verpflichtungen nur eingehalten werden können, wenn die Emissionen aus dem Straßenverkehr rasch und drastisch reduziert werden.

Bereits am Mittwoch hatte es bei der Räumung im Dannenröder Wald einen Schwerverletzten gegeben. Ein Aktivist war von einer Baumaschine gefallen, vermutlich ohne Fremdeinwirkung.

Derweil zeigt ein am Samstag auf Twitter veröffentlichtes Video zerschnitte Schlafsäcke, Planen, einen zerschlagenen Ofen, ein zertretenes Fahrrad und eine Vielzahl anderer offensichtlich mutwillig zerstörter Gegenstände. Unter anderem auch zerschnittene Seile.

Der Autor, der vor zwei Jahren bereits viel über die Räumung des Hambacher Forstes im Rheinland berichtet hatte, macht für die Zerstörungsorgie Polizeibeamte verantwortlich. Auf einem anderen Video kann man den Beamten bei ihrem Zerstörungswerk zuschauen.

Mittlerweile entwicklet sich die Auseinandersetzung um die A49 zu einem Protestfanal gegen den weiteren Bau von Autobahnen. In Berlin, wo derzeit die teuerste Autobahn der Republik gebaut wird, gab es am Samstag eine Solidaritätsdemonstration für die Besetzer des Dannenröder Forstes.

1.200 Menschen radelten nach Angaben von Teilnehmern über die dortige Stadtautobahn, die A100. Dort wird an einer drei Kilometer langen Verlängerung gebaut, die 613 Millionen Euro kosten und die Autofahrer an einer maroden Spreebrücke voraussichtlich in einen Maga-Stau entlassen wird. Auch dagegen richtete sich der Protest der Fahrradfahrer.

Und zum Schluss noch ein paar Bilder, die zeigen, wie bisher in einer von Deutschland nun in Sachen Rechtsstaat lernenden Diktatur mit Widerstand gegen Autobahnen und Immobilienprojekte umgegangen wird.