Hochrangige spanische Militärs träumen davon, "26 Millionen Hurensöhne zu erschießen"

Parade spanischer Soldaten der Guardia Civil. Bild: Artistosteles/CC BY.SA-4.0

In einem internen Chat wünschen sie sich die Franco-Anhänger einen neuen Putsch, werden vom Chef der VOX-Partei gegrüßt, sie sich von deren Aussagen nicht distanziert

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Dass spanische Polizisten in internen Chats "Hitler einen guten Mann" nennen und der ehemaligen linken Bürgermeisterin von Madrid einen qualvollen Tod wünschten, darüber hatte Telepolis schon berichtet. Nun zeigt Infolibre auf, wie tief diese Ideologie weiter in den Streitkräften verankert ist.

Hochrangige pensionierte Militärs, wie General Francisco Beca, wünschen sie sich sogar einen Massenmord, der die Shoa noch in den Schatten stellen würde. In einer WhatsApp-Gruppe lehnt sich Beca besonders weit aus dem Fenster. Er will deutlich mehr als die Hälfte der Bevölkerung im Land an die Wand stellen: "Es bleibt keine andere Möglichkeit, als damit zu beginnen, 26 Millionen Hurensöhne zu erschießen."

Der frühere General der Luftwaffe hat eigentlich nur den Zweifel, ob das reicht. "Ich glaube, dass ich mit den 26 Millionen noch zu kurz gegriffen habe!!!!!!!!" Und ganz in diesem Stil geht es weiter. Die Situation stelle sich derzeit so dar, dass "die einzige Möglichkeit bleibt, den Krebs rauszuschneiden". Den Krebs stellen für ihn die linken Kräfte im Land dar. Er gesteht damit ein, dass die Linke eine klare Mehrheit im Land stellt, da Spanien nur über 42 Millionen Einwohner verfügt. Dass er ein faschistischer Franco-Anhänger ist, daraus macht er keinen Hehl, den Diktator verehrt er als den "Einzigartigen".

Auch andere ehemalige hohe Offiziere stehen nicht zurück, die "26 Millionen Kugeln" fordern, wie in einer Nachricht vom Handy des Hauptmanns José Molina: "Ich will, dass sie alle und ihre Sippschaft sterben. Das will ich. Ist das Zuviel verlangt?", fragt er mit Blick auf die sozialdemokratische Regierung. Wiederspruch gibt es unter den Militärs nicht.

Interessant auch der Nachrichtenaustausch zwischen Oberst Ángel Díaz Rivera und Oberst Andrés González Espinar. So würde Espinar gerne die Mitglieder der "verdammten ANC" (Katalanische Nationalversammlung) "bezahlen lassen". Damit meint er den Unabhängigkeitsprozess, den die große zivilgesellschaftliche Organisation vorantreibt. Dass deren früheren Präsidenten Carme Forcadell und Jordi Sànchez wegen einer Verurteilung für einen erfundenen Aufruhr im Gefängnis sitzen, reicht ihnen nicht. Sie waren sogar für einen angeblichen Putsch (Rebellion) angeklagt, weil sie friedlich Wahlurnen aufgestellt haben.

VOX stellt sich hinter die Militärs

Rivera antwortet ihm darauf: "Eines Tages ... wird jemand anfangen müssen, etwas (Legales oder Illegales) gegen diese Hurensöhne zu unternehmen." Worauf Espinar zurückgibt, man müsste den ANC-Sitz bombardieren. Es wird deutlich, dass man in dieser Chat-Gruppe real von einem neuen Militärputsch und einer Rebellion träumt, wie man sie 1981 versucht hatte, als die Guardia Civil das Parlament stürmte und Panzer auf den Straßen auffuhren.

Ultras aus diesem Chatforum gehören zum Teil auch zu der Gruppe von 73 pensionierten Militärangehörigen, die sich kürzlich in einem Brief an den König gewandt haben. Bekannt ist, dass Franco die Monarchie restauriert und den König als seinen Nachfolger eingesetzt hat. Mit der Wortwahl der ultrarechten VOX-Partei, die Regierung der Sozialdemokraten (PSOE) und der Linkskoalition "Unidas Podemos" ebenfalls als "sozialkommunistisch" bezeichnet, wandten sie sich gegen die Regierung von Pedro Sánchez. Sie sehen den "nationalen Zusammenhalt" in Gefahr, da die Regierung von "ETA-Anhängern und Unabhängigkeitsbefürwortern" unterstützt werde, was zur "Zersetzung der Nationalen Einheit" führe. Den Vorgang hatte die Zeitung El País öffentlich gemacht.

Ist es also ein Wunder, wenn auch der Chef der faschistoiden VOX in dem Chatforum auftaucht? In einer Audionachricht hält er es für nötig, die Gruppe zu grüßen. "Eine Umarmung an alle. Und: Es lebe Spanien", verabschiedet sich Santiago Abascal. Und so ist es auch kein Wunder, dass sich die Partei nicht von den Militärs distanzieren will. Ihre Sprecherin Macarena Olona erklärte im Parlament, in dem über den Haushalt der Regierung debattiert wurde, der inzwischen wie erwartet mit 187 Stimmen angenommen wurde, dass man es mit Äußerungen zu tun habe, die für die "nationale Einheit Spaniens" eintreten.

VOX hatte sich kürzlich schon geweigert, sich von rechten Randalierern zu distanzieren. So war keinerlei Abstand zu den unsäglichen Äußerungen Olonas zu spüren. Distanz von der Diktatur ist in Spanien vielen fremd, in dem die Franquisten völlig ungestraft blieben und sich einfach im Übergang den demokratischen Mantel übergestreift haben. So hat sich auch die bis vor eineinhalb Jahren regierende Volkspartei (PP) nie von der Diktatur distanziert, die von ehemaligen Ministern der Diktatur gegründet wurde. Abascal stammt aus der PP, VOX ist nur eine noch radikalere Abspaltung. Für die VOX-Sprecherin Olona sind deshalb die, die von Putsch und Massenmord träumen, "natürlich unsere Leute". VOX beschwerte sich aber darüber, dass deren "private Nachrichten" veröffentlicht wurden.

Dass das Verteidigungsministerium nun den Fall der Staatsanwaltschaft übergeben will, darf nicht so gewertet würden, als drohte damit den Ultras eine Strafe. So sahen auch die Richter im Chat der Nazi-Polizisten in Madrid kein strafrechtlich relevantes Verhalten. Es ist hingegen bekannt, dass das die Justiz ganz anders sieht, wenn zum Beispiel linke Sänger wie Valtonyc über den korrupten Ex-König oder längst verschwundene Organisationen singen. Die werden zu langen Haftstrafen verurteilt und müssen, wie der Rapper, ins Exil fliehen. Dabei versucht die spanische Justiz dann mit allen Tricks, ihre Auslieferung zu erwirken. Spanien ist seit Jahren Weltmeister bei der Inhaftierung von kritischen Künstlern und übertrifft sogar noch Iran, Türkei, Myanmar, Ägypten und China.