Covid-19 in Russland: Die Zahlen und die Toten

Roter Platz, Moskau, im Januar. Foto: Thorsteinn Svavarsson/Unsplash

Kein Corona-Wunder: Russischen Behörden zufolge ist die Zahl der Covid-Toten vermutlich drei Mal so hoch wie bisher angegeben

Angesichts der weltweit zunehmenden Covid-Opfer fallen solche Meldungen fast nicht mehr auf: Die offizielle Zahl der Covid-Toten in Russland lag Ende Dezember bei 55.827. Legt man aber neue Daten des russischen Statistikamtes zugrunde ergeben sich seit Beginn der Pandemie über 186.000 Corona-Tote.

Angaben des Russischen Amtes für Statistik (Rosstat) zufolge lag die Zahl der Sterbefälle zwischen Januar und November 2020 um 229.732 höher als in derselben Vorjahresperiode. Dies entspräche einem Anstieg gegenüber dem Vorjahr um fast 14 Prozent.

Vize-Ministerpräsidentin Tatjana Golikowa, die in Russland für die Bekämpfung der Pandemie zuständig ist, erläuterte die Zahlen in der vergangenen Woche. "Mehr als 81 Prozent dieses Anstiegs der Sterblichkeit in diesem Zeitraum", so Golikova, "ist auf Covid-19 und die Auswirkungen des Virus zurückzuführen." Dies entspräche mehr als 186.000 Toten – mehr als drei Mal so viele coronabedingte Sterbefälle wie bisher offiziell gemeldet.

Schon länger wurde darauf hingewiesen, dass die niedrige Sterberate in Russland wenig plausibel sei. Die neuen Zahlen führen laut British Medical Journal zur verspäteten, aber aufgrund der Bevölkerungszahl nicht besonders überraschenden Erkenntnis, dass in Russland mehr Menschen an Covid-19 gestorben sind als in Ländern wie Frankreich oder England. Stimmen die Zahlen, dann liegt Russland, hinter den USA und Brasilien, an dritter Stelle der Länder mit den meisten Covid-Toten.

Bereits zu Beginn der Pandemie berichteten russische Medien, dass es Hinweise darauf gab, dass die tatsächliche Sterblichkeit in Moskau fast drei Mal höher lag als die offiziellen Zahlen zeigten. Laut diesen Analysen lag die Übersterblichkeit in der russischen Hauptstadt im Frühjahr bei fast 20 Prozent. Der Zeitung Novaya Gaseta zufolge manipulieren die russischen Behörden häufig die Sterbestatistik, um die Zahlen in Einklang mit der offiziellen Politik zu bringen.

Eine Erklärung für die Diskrepanz zwischen der offiziellen und der tatsächlichen Sterberate liegt aller Wahrscheinlichkeit nach in der Zählweise: In Russland würden nur diejenigen Fälle als Covid-19-Tote gezählt, in denen mit einer Autopsie eine Corona-Infektion als direkte Todesursache festgestellt worden sei. Patienten mit Komorbiditäten tauchen dann aber nicht in der Statistik als Corona-Opfer auf.

So zählte ein Bericht der englisch-sprachigen Online-Ausgabe der Tass am gestrigen Sonntag weiterhin "nur" 58.506 Coronavirus-Tote ("coronavirus fatalities") in Russland.