Tote nach Covid-19-Impfung in Norwegen: Gründliche Abwägung empfohlen

Bild: Alexandra Koch auf Pixabay / Public Domain

Eindeutige Belege für Impfnebenwirkungen als Sterbeursache gibt es bisher nicht. Die Gesundheitsbehörde empfiehlt sehr gebrechlichen Personen eine gründliche Abwägung von Nutzen und Nachteilen der Impfung

In Norwegen sind mindestens 23 alte Menschen nach der Impfung gegen Covid-19 gestorben - was weltweit für Schlagzeilen gesorgt hat. Norwegen hat inzwischen seine Impfempfehlungen überarbeitet und rät dazu, mögliche Nebenwirkungen und den Nutzen für die gebrechlichsten Patienten individuell abzuwägen. Ob die Menschen tatsächlich an Nebenwirkungen der Impfung gestorben sind, lässt sich bisher nicht zweifelsfrei nachweisen. Auch in Deutschland und anderswo kommt es vor, dass alte Menschen kurz nach der Impfung sterben.

Am 27. Dezember bekam der 67 Jahre alte Svein Andersen, Bewohner eines Pflegeheims in Oslo als erster Mensch in Norwegen eine Dosis des Impfstoffs Comirnaty von BioNTech/Pfizer gegen Covid-19. Er hat inzwischen schon Dosis Nummer zwei erhalten - und insgesamt sind mehr als 50.000 Menschen des 5,3-Millionen-Einwohner-Landes gegen das Coronavirus geimpft worden.

Ursprung der Schlagzeilen ist ein Bericht der staatlichen Arzneimittelbehörde (Legemiddelverk) vom 14. Januar: Im Zusammenhang mit den Impfungen waren bis dahin 23 Todesfälle gemeldet worden. 13 davon wurden bis dato ausgewertet. "Wir können nicht ausschließen, dass gewöhnliche Nebenwirkungen von mRNA-Impfstoffen, wie Fieber und Übelkeit, zum Tod von einzelnen gebrechlichen Patienten geführt haben", erklärt dort Sigurd Hortemo, Oberarzt der Behörde. Die anderen Meldungen würden noch gesichtet.

Gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Sender NRK wurde der medizinische Direktor Steinar Madsen etwas konkreter: Bei allen Todesfällen habe es sich um gebrechliche, betagte Patienten in Pflegeheimen gehandelt. Alle seien über 80 Jahre alt gewesen und einige über 90. Wie in Deutschland werden in Norwegen die Pflegeheimbewohner zuerst geimpft, da Covid-19 für sie die schlimmsten Folgen haben kann.

Erste Meldungen zu Todesfällen nach Impfungen hatte es allerdings schon früher gegeben. Diese waren zwar ebenso relativiert worden - es handele sich um ältere Personen mit Vorerkrankungen, und es würden jede Woche bis zu 400 Menschen in Norwegens Pflegeheimen sterben. Die staatliche Gesundheitsbehörde (Folkhelseinstitutt) ergänzte aber bereits am 11. Januar ihre Impfempfehlungen. Die Vorteile der Impfung wären für die Ältesten und Risikogruppen größer als die Gefahr möglicher Nebenwirkungen, so war der Standpunkt bisher.

Nun wird eingeschränkt: "Für die allergebrechlichsten können allerdings selbst relativ milde Impfnebenwirkungen ernsthafte Konsequenzen haben. Für die, denen ohnehin nur noch sehr wenig Lebenszeit bleibt, kann der Vorteil einer Impfung marginal oder irrelevant sein. Für sehr gebrechliche Patienten (beispielsweise entsprechend Clinical Frailty Scale 8 oder höher) und terminal kranke Patienten wird deshalb eine gründliche Abwägung von Nutzen und Nachteilen der Impfung empfohlen."

Der angesprochene Clinical Frailty Scale 8 wird definiert als "komplett von Unterstützung abhängig und sich dem Lebensende nähernd. Oft erholen sich Personen in dieser Kategorie auch von leichten Erkrankungen nicht". Danach folgt nur noch Stufe 9 - "terminal erkrankt".

Das internationale Interesse kam für Norwegen offenbar etwas überraschend. Die Publikationen behandeln das Thema unterschiedlich. In der chinesischen Parteizeitung Global Times werden Zweifel am BioNTech/Pfizer -Impfstoff geäußert. Dies wiederum wurde in Russland aufgegriffen und weiterverbreitet. Steinar Madsen bezeichnete dies gegenüber NRK als "Propaganda": China und Russland würden übertreiben und die Todesfälle benutzen, um ihren eigenen Impfstoff zu verkaufen.

Die norwegischen Behörden wiesen in einer neuen Pressemitteilung zum Thema noch einmal darauf hin, man möge das Gesamtbild sehen. Vorläufig wisse man nicht, ob diese Todesfälle auf den Impfstoff zurückgingen oder andere Ursachen hätten. Man könne aber nicht ausschließen, dass gewöhnliche Nebenwirkungen bei einigen Patienten schwerwiegender verlaufen seien.

Die 23 Personen seien in einem Zeitraum von sechs Tagen nach der Impfung verstorben. Nach Informationen des norwegischen Faktencheckerportals faktisk.no ist die Zahl derartiger Todesfälle inzwischen auf 33 gestiegen.

Da der BioNTech/Pfizer-Impfstoff Comirnaty mittlerweile in sehr vielen Ländern verabreicht wird, wäre es verwunderlich, wenn die Nebenwirkungen sich nur in Norwegen zeigten. Und so ist es ja auch nicht. So war eine 90-Jährige in einem Pflegeheim in Weyhe eine Stunde nach der Impfung tot. Bei der Obduktion soll es keine Hinweise darauf gegeben haben, dass die Impfung die Ursache war. Das Paul-Ehrlich-Institut überprüft zur Zeit zehn gemeldete Todesfälle kurz nach einer Impfung gegen Covid-19. Auch hier wird darauf verwiesen, dass es sich um schwer kranke Personen gehandelt habe, die möglicherweise nur zufällig in diesem Zeitraum verstorben sind.

Meldungen zu Todesfällen kurz nach der Impfung gibt es beispielsweise auch aus Schweden, Belgien, oder Island. In sämtlichen Fällen handelte es sich gemäß der Impfstrategien um betagte Personen mit Vorerkrankungen. Ob sie an der Impfung gestorben sind, ist bisher nicht belegbar. Aber sie sind mit Impfung gestorben.