China: Wind- und Solarenergie boomen

Golmud, China. Foto: Vinaykumar8687/ CC BY-SA 4.0

In China ging 2020 mehr Windenergie-Leistung ins Netz, als in Deutschland in den letzten 25 Jahren errichtet wurden

Der Ausbau von Wind- und Solarenergie hat in China 2020 einen erheblichen Schub bekommen, wie vorläufige Statistiken der chinesischen Behörden zeigen. Übersetzt hat sie das China Energy Portal, eine private Platform, für die interessierte Nutzer die Quellen ins Englische übertragen. Das Original findet sich hier. Die Daten werden vom Rat der Stromwirtschaft (China Electricity Council) veröffentlicht, in dem die großen Stromkonzerne des Landes zusammengeschlossen sind.

Demnach sind in der Volksrepublik 2020 Solaranlagen mit einer Gesamtleistung von 48,2 Gigawatt (GW) und Windkraftanlagen mit einer Leistung von 71,7 GW ans Netz gegangen. Allerdings ist ein Teil der Anlagen bereits 2019 errichtet worden, so dass diese Zahlen nicht mit dem 2020er Zubau verwechselt werden dürfen.

Beim Global Wind Energy Council wird der chinesische Mitgliedsverband zitiert, der davon ausgeht, dass Windräder mit einer Leistung von 26,3 GW bereits 2019 fertig gestellt waren, aber in den veröffentlichen Zahlen 2020 zugeordnet werden. Demnach wären immer noch 45,4 GW neu hinzugekommen.

Das sind je nach Leistung der einzelnen Anlagen etwa 15.000 bis 23.000 neu errichtete Anlagen, die 90 bis 100 Milliarden Kilowattstunden Strom liefern können. Das ist so viel, wie die Jahresproduktion von zehn der größten Atomkraftwerke. Deutschlands verbliebene AKW haben 2020 gut 60 Milliarden Kilowattstunden ins öffentliche Netz eingespeist.

Um sich den Umfang des chinesischen Windenergieausbaus zu verdeutlichen, kann man einen Blick auf die Situation in Deutschland werfen. Hierzulande sind nach den neuesten Zahlen des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme Windkraftanlagen mit einer Leistung von 62,4 GW installiert, davon 7,7 GW auf See.

2020 kamen vermutlich nur 1,5 GW neu hinzu. Zu Hochzeiten des Ausbaus in der Mitte des vergangenen Jahrzehnts waren es jährlich fünf bis sechs Gigawatt on- und offshore. Das war, bevor die Bundesregierung den Ausbau mit restriktiven Vorgaben und einem bürokratischen Ausschreibungsverfahren abzuwürgen begann.

Neue Ausbaurekorde?

Aber zurück nach China. Der Ausbau der chinesischen Solar- und Windenergie fiel erheblich stärker aus, als von den meisten Beobachtern Anfang 2020 erwartet, und das ist eine erhebliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Vermutlich handelt es sich um neue Ausbaurekorde.

Bei der Windkraft wäre China damit für über die Hälfte des globalen Neubaus verantwortlich. Der Global Wind Energy Council geht davon aus, dass weltweit Anlagen mit einer Leistung von 82,3 GW errichtet wurden, was einer Steigerung gegenüber 2019 von 36 Prozent entspräche.

Auch die Stromproduktion der Erneuerbaren kann sich inzwischen sehen lassen. 2020 speisten Windräder in China 466,5 Milliarden Kilowattstunden (6,1 Prozent Anteil an der gesamten Stromproduktion) ins Netz ein. Aus Solaranlagen stammten 261,1 Milliarden Kilowattstunden (3,4 Prozent).

Damit machten die erneuerbaren Energieträger immerhin bereits 9,5 Prozent der weiter wachsenden Stromproduktion im Land der Mitte aus. Zum Vergleich: In Deutschland werden im Jahr für gewöhnlich von allen Kraftwerkstypen zusammen etwas weniger als 600 Milliarden Kilowattstunden erzeugt.

Wasserkraft

Wasserkraft spielt in China eine größere Rolle. Mit den zahlreichen Staudämmen wurden 2020 1355,2 Milliarden Kilowattstunden (17,8 Prozent) erzeugt. Wegen ihrer oft nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt vor allem in der Bauphase und auch, weil in einigen Fällen aus den Stauseen in größerem Umfang Methan emittiert wird, wenn die Staubecken vor der Flutung nicht ausreichend von organischem Material befreit wurden, werden sie in der internationalen Diskussion – anders als in China und Europa – nicht als erneuerbare Energieträger bewertet.

Auch neue Kohle- und Gaskraftwerke gehen in China nach wie vor ans Netz. Rund 56 GW neue Kohleleistung wurde 2020 ans Netz angeschlossen, was gegenüber 2019 eine Steigerung um 27 Prozent bedeutet. Allerdings sind diese Anlagen mit 4.216 Volllaststunden im Jahr oder weniger als 50 Prozent chronisch schlecht ausgelastet.

Hierzulande ging man in der letzten Neubauphase für Kohlekraftwerke Ende des vorletzten Jahrzehnts davon aus, dass ein neues Kraftwerk, um rentabel zu sein, mindestens 6.000 Volllaststunden im Jahr haben muss.

Oder mit anderen Worten: Sollte der Ausbau der Erneuerbaren so weitergehen wie in den letzten Jahren – immerhin hat China inzwischen versprochen bis 2060 klimaneutral sein zu wollen -, werden sich die neuen Kraftwerke als Fehlinvestitionen erweisen. Es sei denn China macht es so wie Deutschland und wirft seinen Stromkonzernen Milliarden hinterher.