Texas: Bibbern im Treibhaus

Houston, Texas, Februar 2021. Bild: Screenshot Video Fish & Trips/YouTube/ CC BY 3.0

Arktische Kälte trifft die Ärmsten am härtesten, während Reiche sich absetzen. Kraftwerke offensichtlich nicht für Wetterextreme ausgelegt

Weite Teile der USA und der Nordosten Mexikos leiden derzeit unter einem ungewöhnlichen Kälteeinbruch, der sich erst zu Anfang der kommenden Woche langsam verziehen wird. Im Süden Texas, am Golf von Mexiko war es zeitweise an einigen Orten kälter als zur gleichen Zeit in westlichen Teilen Alaskas, unmittelbar am Polarkreis.

Besonders trifft es Texas, wo Minusgrade für platzende Wasserrohre und einen teilweisen Zusammenbruch der Stromversorgung sorgten. Auf Twitter finden sich verzweifelte Hilferufe, die nach Klempnern und Elektrikern fragen. Viele ältere Menschen würden in unzureichend geschützten Häusern leben.

An der gewöhnlich frostfreien Wetterstation Houston Clover Field hätte die mittlere Tagestemperatur am 15. Februar zum Beispiel 13,8 Grad Celsius betragen sollen, wenn, wie üblich, ein langjähriger Durchschnitt zum Maßstab genommen wird. Tatsächlich zeigte das Thermometer eine über den Tag gemittelte Temperatur von -5,3 Grad Celsius an.

Klimawandel als Klassenfrage

Viele Menschen mussten bei diesen Minusgraden in schlecht oder gar nicht isolierten Häusern zwei Tage oder länger ohne Strom auskommen. Berichte von gefrorenen Aquarien, von durch den Frost gesprengten Wasserrohren, die Wohnungen und öffentliche Gebäude fluten, und Bauern, die um das Überleben ihrer Rinder fürchten, machen die Runde.

Während sich Texas republikanischer Senator Ted Cruz mit seiner Familie ins subtropisch-warme Cancun an der mexikanischen Golfküste absetzte, waren mal wieder die Schwächsten besonders hart betroffen. Jene, die in den Flüchtlingskamps an der Grenze, als Obdachlose auf der Straße oder als Arme in ihren besonders schlechten Häusern kaum Schutz vor der Kälte fanden.

Doch das ist diesseits des Atlantiks auch nicht viel anders, wo sich in Hamburg die Regierungsmehrheit von SPD und Grünen hartnäckig gegen Anträge von CDU und Linkspartei sperrt, angesichts von Pandemie, Minusgraden und bereits 13 Todesopfern Obdachlose in den ohnehin leerstehenden Hotels und Jugendherbergen unterzubringen.

Isoliert und anfällig

Die texanische Stromversorgung war dem unerwarteten extremen Wintereinbruch nicht gewachsen und 2,5 Millionen Menschen waren in Texas am Donnerstag am dritten Tag in Folge ohne Strom. Oft bedeutet das zusätzlich ohne Heizung, denn auch eine gewöhnliche Zentralheizung oder eine Gastherme sind auf Stromversorgung angewiesen. Ebenso die Wasserversorgung. 13 Millionen Texaner hatten auch am Donnerstag noch nicht wieder Zugang zu sauberem Trinkwasser, schreibt CBS-News.

Natürlich fehlte es nicht an Stimmen, die die erneuerbaren Energieträger für das katastrophale Versagen der Versorgung verantwortlich machen wollen. Immerhin ist die windige einstige Prärie des Lone-Star-Staates ein El Dorado der US-Windenergieindustrie.

Die New York Times sieht das anders. Den Hauptanteil hatten demnach die Ausfälle von Gaskraftwerken (u.a. wegen eingefrorener Leitung und Pumpen), von denen der Bundesstaat im Winter zu zwei Dritteln abhänge.

Hinzu kamen Probleme eingefrorene Sicherheitssensoren an Atomkraftwerken, vereiste Windkraftanlagen - in nördlicheren Breiten aber offensichtlich nicht in Texas gibt es Enteisungs-Vorrichtungen an den Rotorblättern - und ein wegen der besonderen Kälte ungewöhnlich hoher Bedarf.

Außerdem ist das texanische Netz vom Rest der USA isoliert. Während in Europa und im Mittelmeerraum Strom aus dem Süden Marokkos an den Polarkreis und aus dem Norden Schottlands nach Anatolien geschickt werden kann, hapert es in der USA beim nationalen Netz erheblich.

Dabei hat das isolierte Texas nicht zum ersten Mal Probleme, wie Scientific American berichtet. Auch im Winter 2011 seien eine ganze Reihe von Kraftwerken eingefroren und im Sommer 2019 sei man einem Zusammenbruch nur knapp entgangen. Das Netz müsse einfach besser für extreme Ereignisse vorbereitet werden.

Polarwirbel und Klimawandel

Und wie das alles, ausgelöst durch die besonders starke Erwärmung der Arktis und vermittelt durch Veränderungen in der atmosphärischen Dynamik, mit dem Klimawandel zusammenhängt, haben Klimawissenschaftler und Journalisten hier, hier, hier, hier, hier und hier erklärt.

Einen Klimarekord anderer Art gab es derweil zeitgleich im Irak. In dessen Süden, in der Nähe des Persischen Golfs, wurden am 16. Februar 34 Grad Celsius Lufttemperatur gemessen. Das war ein neuer Februar-Rekord für das Land.

Klimadaten einer benachbarten iranischen Station zeigen für Februar mittlere Tagestemperaturen von etwas über 15 Grad Celsius, wobei die mittleren Tageshöchsttemperaturen um fünf bis sechs Grad Celsius höher liegen dürften.