Corona-Tests: Zu viele offene Fragen

Corona-Kabinett stoppt Start der Selbsttests, während sich in Österreich bereits Schulkinder selbst testen. Zudem warten in Deutschland 2,5 Millionen ungenutzte Impf-Dosen

Sehr bald würden Selbsttests erlaubt werden, versprach der Gesundheitsminister. "Übernächste Woche spätestens werden wir die ersten Zulassungen für Tests haben", die man als Laie, also ohne Schulung machen kann, "Jedermanns Test" mit Bedienungsanleitung, erklärte Jens Spahn im Bericht aus Berlin am vergangenen Sonntag. Angeboten würden sie in Discountern, Drogeriemärkten, im Internet, in ganz vielen Bereichen. Die Preise würden in der Menge auch sinken.

"Wenn es zwei, drei Euro pro Tests sind, braucht es weniger staatliche Hilfe, als wenn der acht oder zehn Euro kostet, um ihn zugänglich zu machen."

Man werde die ersten zwei drei Wochen schauen, wie sich das entwickelt.

"Keine Auskunft" über Zulassungsbedingungen

In Österreich testen sich Schulkinder bereits seit zwei Wochen selbst, "mit einem Abstrich im Nasenvorhof", berichtet der Bayerische Rundfunk mit dem Hinweis, dass die Testkits für Österreich zum Teil aus Bayern geliefert werden und dass sich eine Medizinprodukte-Firma in der Nähe von Augsburg schon seit Dezember vergeblich um eine Zulassung ihres "Corona-Schnelltests für den Gebrauch durch Endkunden" bemühe.

Nach wie vor sei von den zuständigen Stellen im Bund nicht einmal genau zu erfahren, welche Unterlagen und Studien für die Zulassung benötigt werden, so Geschäftsführerin Angela Bodmann gegenüber dem Bayerischen Rundfunk. Österreich bestelle bereits solche Tests: bis April 40 Millionen Stück von 60 Lieferanten, unter anderem Bodmann.

BR

Zurzeit prüft das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte laut Tagesschau rund 30 Anträge. Noch müsse geklärt werden, ob sie auch von Laien sicher und zuverlässig angewendet werden können.

In Deutschland geht es langsamer, wie schon bei den Corona-Impfungen. Kontrastiert wird das mit den aktuellen Bildern und Nachrichten aus anderen Ländern von Impfungen aus Israel, die situativ-intelligent, unorthodox auch in Bars stattfinden, der Impfgeschwindigkeit in den USA und in Großbritannien. Impfungen wie auch die Tests sind die Hoffnung, möglichst bald herauszukommen aus dem Ausnahmezustand. Wo sitzt die Bremse?

Spahns Offensive

Der Gesundheitsminister will, dass die Selbsttests möglichst bald zugelassen werden. Bei den Schnelltests startete er eine Art Offensive. Bis ersten März wollte er für alle, die sich testen lassen wollen, ein kostenloses Schnelltest-Angebot machen. Seine Pläne wurden vom sogenannten "Corona-Kabinett" erstmal gestoppt. Laut Nachrichten, die an die Bild-Zeitung durchgesickert sind, soll dieser Termin um eine Woche, auf den achten März, verschoben werden. Die Schaltkonferenz von Kanzlerin Merkel und den Vertretern der Bundesländer ist für den 3. März angesetzt.

Die Begründung für die Verzögerung bei den Schnelltests lautet: zu viele offene Fragen. Regierungssprecher Seibert sprach davon, dass sich dazu eine Reihe "wichtiger Fragen" stellen. Wie diese und die Probleme dazu genau aussehen, wird nicht transparent gemacht. Wie überhaupt das Zusammenspiel zwischen Kanzlerin Merkel, Regierungsvertretern und Journalisten Fragen aufwirft (auf Länder- und Bundesebene - oder hier: Merkel und EU-Ebene betreffend).

Bundesländer seien noch unzufrieden mit dem Konzept aus dem Gesundheitsministerium, wird etwas vage auf Nachrichtenseiten berichtet: "Noch ist unter anderem unklar, wie genau die Schnelltests organisiert werden sollen und wann den Ländern wie viele Tests zur Verfügung stehen."

Genügend Schnelltests vorhanden

Zwar sollen Schnelltests wichtiger Teil der Gesamtstrategie sein. Aber wie diese aussieht, ist augenscheinlich noch unklar. Zu den Bedenken, die genannt werden, gehört offenbar, dass die Schnelltests nicht zuverlässig genug sind, weswegen positive Schnelltests laut dem Robert-Koch Institut auch in Zukunft durch einen PCR-Test im Labor bestätigt werden sollen.

Am Geld solle die Ausweitung des Testgeschehens nicht scheitern, heißt es aus Scholzens Finanzministerium. Auch für Vorräte ist laut Regierung gesorgt:

"Die Strategie nahezu kostenfreier Schnelltests ist nach Regierungsangaben mit rund 800 Millionen bereits bestellter Testkits hinterlegt."

Die Zahl gliedert sich wie folgt auf: Für dieses Jahr sind 500 Millionen Tests gesichert und zusätzlich soll Deutschland 300 Millionen auf europäischem Weg bekommen. Allerdings: "Wann diese Tests den Ländern zur Verfügung stehen, scheint bislang auch noch nicht klar zu sein." (Tagesschau).

Die Länder hätten mit der Organisation der Impfungen schon alle Hände voll zu tun, lautet eine Erklärung für die Verzögerungen - sind sie durch die zusätzliche Organisation von Schnelltests und der Bestätigung von Testergebnissen überlastet?

Gesucht: Eine Strategie und klare Regeln

Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, äußerte vor ein paar Tagen Zweifel daran, dass genügend Tests zur Verfügung stehen könnten. Jetzt fordert er, dass "Bund und Länder klar sagen, bis wann sie wie viele und welche Schelltests beschaffen können und wie die Verteilung in den Ländern auf den Weg gebracht wird". Die Kommunen seien sauer und fordern mehr Tempo, heißt es dazu in der Meldung der Osnabrücker Zeitung.

Zum dringenden Klärungsbedarf gehöre aber auch die Antwort auf die Frage, wie sich die verhalten müssen, die ein positives Schnelltest-Ergebnis haben. Im Kampf gegen die Pandemie bringe es nichts "einfach nur viele kostenlose Tests anzubieten", so die Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst, Ute Teichert. Es brauche eine Strategie und klare Regeln.

Das gilt auch für das Impfen: 2,5 Millionen ungenutzte Impf-Dosen warten auf Einsatz.