Spanien: 40 Jahre nach dem Putsch - der König unter Verdacht

Antonio Tejero, Oberstleutnant der spanischen Guardia Civil im Parlament beim sogenannten 23-F-Putsch. Bild: Diario Región (Oviedo) Agencia EFE / CC BY 4.0

Das Militär stürmte das Parlament in Madrid. Welche Rolle Juan Carlos genau darin spielte, kann wegen Gesetzen aus der Franco-Diktatur nicht definitiv gelüftet werden

Heute vor genau 40 Jahren stürmten Mitglieder der paramilitärischen Guardia Civil das spanische Parlament. Zum Teil holten Militärs im Rahmen des Putschversuchs auch die Panzer aus den Kasernen.

Inzwischen ist zwar über die Verwicklungen des ehemaligen Königs Juan Carlos, der vom spanischen Diktator Franco als Nachfolger an der Staats- und Militärführung bestimmt worden war, einiges bekannt. Es gibt zahlreiche Hinweise dafür, dass er hinter dem Putsch stand, und dies nur ein inszenierter Selbstputsch war.

Vor einigen Jahren hatte Pilar Urbano, die als Journalistin am Putschtag im Parlament war, mit Bezug auf den ehemaligen Regierungschef Adolfo Suárez veröffentlicht:

"Für Suárez war mehr als klar, dass die Operation vom König ausging und in der Zarzuela (Königspalast) geboren wurde."

Über Wikileaks kamen Mitteilungen an die Öffentlichkeit, die der deutsche Botschafter in Spanien nach dem Putsch an die Regierung gekabelt hatte. Lothar Lahn zeigte sich erschüttert, dass Juan Carlos im Gespräch mit ihm "weder Abscheu noch Empörung gegenüber den Akteuren" erkennen ließ, sondern "vielmehr Verständnis, wenn nicht gar Sympathie" für die Putschisten zeigte. Die Aufrührer hätten "nur das gewollt, was wir alle erstrebten, nämlich Wiederherstellung von Disziplin, Ordnung, Sicherheit und Ruhe", sagte ihm der König.

Dass es ein Märchen ist, an dem in Spanien gerade heute auch in Zeitungen wie El País gestrickt wird, wonach Juan Carlos der "Retter der Demokratie" war, hatte die Kennerin der Vorgänge, Rebeca Quintáns im Telepolis-Gespräch ebenfalls schon ausführlich dargelegt.

Quintáns, die schon vor 20 Jahren auch die dunklen Geschäfte von Juan Carlos aufgezeigt hatte, wies beim Gespräch im August letzten Jahres auch darauf hin, dass die regierenden Sozialdemokraten alles tun würden, um Juan Carlos zu decken. Schließlich waren hohe Parteivertreter in die Vorgänge verwickelt.

Dazu passt, dass mit Wissen von Regierungschef Pedro Sánchez der König im vergangenen Jahr vor den Ermittlungen gegen ihn wegen Korruption, Geldwäsche und Steuerhinterziehung in die Vereinten Arabischen Emirate fliehen konnte.

Seit sieben Jahren blockieren die Sozialdemokraten auch eine Reform des Gesetzes zu Staatsgeheimnissen, um die Rolle von Juan Carlos im Putschversuch klären zu können. Das Gesetz stammt noch aus der Franco-Diktatur.

Geheim geheim

"Die spanische Regierung dekretiert (im Geheimen) die Geheimhaltung über alle illegitimen oder unaussprechlichen Vorgänge und diktiert im Geheimen, welches die geheim gehaltenen Vorgänge sind", fasst der Enthüllungsjournalist Carlos Enrique Bayo die derzeitige Situation zusammen. Er verweist auf einen Artikel in seiner Zeitung Público, der sich ausführlich mit den Vorgängen beschäftigt.

Klar ist auch, dass die Sozialdemokraten (PSOE) damit verhindern, dass Verbrechen der staatlichen Todesschwadronen GAL aufgedeckt werden. Deren Opfer Maider Martin Goena hatte im Telepolis-Gespräch deutlich gemacht, dass bei ihnen der "Wille zur Aufklärung" fehlt.

Sogar die CIA ist davon überzeugt, dass der ehemalige PSOE-Parteichef und Ministerpräsident Felipe González hinter den Vorgängen stand. Sein Innenminister und Staatssekretär wurden sogar dafür eine GAL-Entführung verurteilt.

Dass es dazu noch viel zu verheimlichen gibt, wurde durch Veröffentlichungen nun klar. So hatte am Montag Público Aufnahmen aus einem Gespräch zwischen dem Geheimdienst-Offizier Luis Alberto Perote und dem Guardia Civil Offizier Pedro Gómez Nieto veröffentlicht. Es macht klar, dass der Busfahrer Mikel Zabalza von der Guardia Civil in deren Kaserne in Intxaurrondo (Donostia) zu Tode gefoltert wurde. "Das Thema Zabalza ist sehr hässlich", sagt Perote. "Es ist ihnen aus den Händen geglitten", fügt Gómez Nieto an.

"Vermutlich ist er an einem Herzinfarkt gestorben als Folge der Tüte auf dem Kopf."

Erstickungsmethoden sind eine übliche Folterpraxis bei der Guardia Civil. Gómez Nieto weiß, wovon er spricht und berichtet über den Fall eines anderen Basken, bei dem ihm das beinahe passiert ist. Nach der offiziellen Version soll der Busfahrer aus Donostia/San Sebastian geflohen und in einen Fluss ertrunken sein.

Wandbild des zu Tode gefolterten Busfahrers im Stadtteil Mikel Zabalza in Donostia-San Sebastian. Foto: Ralf Streck

Heute hat die baskische Zeitung Gara nachgelegt. Sie veröffentlicht weitere Teile der Aufnahmen. Die zeigen auf, dass die von der GAL entführten Joxean Lasa und Joxi Zabala nicht zu Tode gefoltert wurden, wie bisher vermutet worden war. Man ließ sie nach der Folter die eigenen Gräber in Alicante ausheben.

Sie wurden "durch zwei Schüsse in den Kopf" getötet, erklärt Gomez Nieto. "Also sind sie ihnen nicht weggestorben, sondern wurden ermordet", gibt Perote zurück. Für die Morde wurde der Guardia Civil-General Enrique Rodríguez Galindo zu 75 Jahren Haft verurteilt, doch er erhielt von den Sozialdemokraten nach wenigen Jahren in Vorzugshaft schnell Freigang.