Der Widerstand der Juristen

Symbolbild: Reimund Bertrams / Pixabay (Public Domain)

Gesetzgebung im Corona-Lockdown: Sinn von Grundrechten ist nicht, dass Gerichte staatliches Handeln korrigieren müssen. (Der unendliche Ausnahmezustand, Teil 2)

Schon frühzeitig regte sich Widerstand gegen die einzelnen Lockdown-Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Er wurde vor allem juristisch geführt und beschäftigte die Gerichte. Denn noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik wurden die Grundrechte so stark eingeschränkt wie in dieser Pandemie. Bürgerinnen und Bürger wehrten sich gegen Kontaktbeschränkungen, Ausgangssperren, geschlossene Kitas und Schulen, Maskenpflicht im Unterricht, Testpflichten und Quarantäne-Auflagen, geschlossene Kinos, Restaurants und Hotels oder forderten finanzielle Entschädigung für ihre Einbußen.

Von 239 Verfassungsbeschwerden im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen, die bis Ende 2020 beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingingen, waren Anfang Januar 2021 nur noch 45 anhängig. 194 Verfahren hatten die Richter nicht zur Entscheidung angenommen oder sie hatten sich erübrigt. Die Rechtsprechung der übrigen Gerichte ist uneinheitlich und lässt zur Zeit keinen Trend erkennen, der den umfassenden und tiefgreifenden Einschnitten fast sämtlicher Grundrechte Einhalt gerecht wird und klare Grenzen der Verhältnismäßigkeit aufzeigt.

Abwägung zwischen Rechtsgütern

Schon die Maskenpflicht, die zeitweiligen Ausgangssperren, die Kontakt-, Feier- und Reiseverbote verletzen zunächst einmal die allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes. Die Religionsfreiheit wird durch die Untersagung von Gottesdiensten beeinträchtigt und die Schließung der Universitäten beeinträchtigt gemäß Artikel 5 nachhaltig die Freiheit der Lehre, ebenso wie die Schließung der Theater, Konzerthäuser und Kinos die Kunstfreiheit einschränkt.

Die zahlreichen Verbote von Demonstrationen und Versammlungen greifen in die Versammlungs- und die Vereinigungsfreiheit gemäß Artikel 8 und 9 des Grundgesetzes ein, während die Schließung der Cafés, Bars und Restaurants nicht nur die Berufsfreiheit verletzt, sondern auch die Eigentumsfreiheit, wenn die Inhaber Insolvenz anmelden müssen. Sogar das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung bleibt nicht unangetastet, wenn private Räume betreten werden, um die Einhaltung der Corona-Regeln zu kontrollieren.

Dieser umfangreiche Katalog von Grundrechtseinschränkungen und -verletzungen, die oft mehrere Grundrechte gleichzeitig betreffen, kann nicht mit dem Hinweis auf staatliche Entschädigungsleistungen gerechtfertigt werden. Was bedeutet schon eine Geldsumme gegen ein verlorenes Café oder Arbeitslosengeld gegen eine abgebrochene künstlerische Karriere? Grundrechte sind keine Ware, sondern Voraussetzung eines normalen Lebens in einer Demokratie.

Verhältnismäßige Einzelmaßnahmen

Die Rechtfertigung der Einschränkung mit einem entgegenstehenden oder sogar höherwertigen Rechtsgut, kann wohl einzelne Maßnahmen wie Maskenpflicht, Abstandspflicht und schärfere Einschränkungen begründen, nicht aber den kumulativen Eingriff in mehrere Grundrechte durch den Ausnahmezustand eines ständig verlängerten Lockdowns. Der Schutz von Leben und Gesundheit der anderen Menschen ist zweifellos ein hohes Rechtsgut, nicht aber ein Supergrundrecht, dem alle anderen nachstehen und zu dem es in der "Zero Covid"-Kampagne stilisiert wird.

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