Von der Leyen: EU-Verordnung für Corona-Pässe bis Juni

Grafik: TP

Mit "Digitalen Grünen Zertifikaten" sollen Impfungen, Tests und überstandene Infektionen nachgewiesen werden

Gestern präsentierte die deutsche EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zusammen mit Justizkommissar Didier Reynders ihre Pläne für "Digitale Grüne Zertifikate". Zu deren Ausstellung werden die 27 EU-Mitgliedsländer ihrem Willen nach durch eine Verordnung verpflichtet. Ihrem Entwurf dazu sollen das EU-Parlament und die Mitgliedsländerregierungsvertreter im EU-Rat bis spätestens 1. Juni zustimmen. Auf diese Weise könnte in tourismusabhängigen Ländern wie Griechenland und Österreich die Sommersaison "gerettet" werden.

QR- oder Barcode

Die Zertifikate sollen von allen Mitgliedsländern anerkannt werden und nicht nur Auskunft über Sars-CoV-2-Impfungen, sondern auch über abgeklungene Infektionen und absolvierte Tests geben. Als für alle Mitgliedsländer verpflichtend gültige Impfungen sollen aber nur solche gelten, die mit Sera durchgeführt wurden, welche die EU-Arzneimittelbehörde EMA genehmigt hat (vgl. Corona: Umgekehrter Medizintourismus?). Für Sputnik V, mit dem Ungarn impft, wurde bei der EMA bereits ein Zulassungsantrag gestellt - für das ebenfalls dort verwendete chinesische Vakzin Sinopharm noch nicht.

Werden die Daten nicht auf einem Mobilgerät abgefragt, sondern ausgedruckt, dann muss der Ausdruck einen QR- oder Barcode enthalten, der sich einscannen lässt und mit dem der Ausdruck verifiziert werden kann. Für die dafür nötigen Datenfluss will die EU-Kommission sorgen (vgl. EU-Kommission soll "Gateway" für digitale Impfpässe entwickeln).

Grundrechte heißen jetzt "Vorteile"

Obwohl es sich also faktisch um eine Art Pass handelt, möchten von der Leyen und Reynders diesen Ausdruck dafür nicht hören: Das Dokument soll nämlich nicht "Voraussetzung für die Ausübung der Freizügigkeit sein", weil es, so Reynders, "unmöglich", sei "Grundrechte wie die Reisefreiheit an den Impfstatus zu koppeln". Deshalb legt man auch Wert auf die Feststellung, dass es den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen werde, welche "Vorteile" sie mit dem Zertifikat verbinden wollen. Praktisch dürften das aber zumindest Einreisen ohne lange Quarantänen sein.

Das Vorbild der Digitalen Grünen Zertifikate der EU, die Grünen Pässe aus Israel, lassen erwarten, dass der Grenzübertritt nicht die einzige Gelegenheit sein wird, bei denen die "DGZs" zum Einsatz kommen: Im Heiligen Land ist ihr Äquivalent unter anderem Voraussetzung für den Einlass in Hotels und den Besuch von Kultur- und Sportveranstaltungen (vgl. EU bereitet Gesetz für den Corona-Pass vor, Vorbild ist Israel und Der Corona-Impfpass kommt - via Israel).

Theoretisch freiwillig, aber praktisch notwendig?

So kann aus einem theoretisch freiwilligen DGZ schnell eine praktisch nicht mehr ganz so freiwillige Notwendigkeit werden. Dem ETL-Rechtsanwaltsexperte Dr. Uwe P. Schlegel nach dürfen Wirte und Hoteliers so ein Zertifikat in Deutschland verlangen (vgl. "Ohne Impfpass kein Zutritt? Ja, das geht rechtlich!"). Das liegt daran, dass sich private Dienstleister im Regelfall aussuchen können, mit wem sie Verträge schließen - und mit wem nicht. Einen Kontrahierungszwang gibt es im Wesentlichen nur im Bereich der Daseinsvorsorge, etwa bei der Wasserversorgung und der Müllabfuhr.

Ein Arbeitgeber kann einen Sars-CoV-2-Impfnachweis bislang nicht direkt verlangen. Allerdings kann er - beispielsweise im Gesundheitsbereich - eventuell geltend machen, dass ein Arbeitnehmer ohne Impfung seine arbeitsvertraglich geschuldete Leistung nicht erbringen kann, und deshalb nach § 297 BGB keinen Anspruch auf ein Gehalt hat. Ein Arbeitnehmer könnte gegen arbeitsrechtliche Konsequenzen ein Risiko schwerer Nebenwirkungen ins Feld führen (vgl. Deutschland, Frankreich, Italien: Astrazeneca-Impfung ausgesetzt). Treten solche Nebenwirkungen auf, regeln die §§ 60 ff. des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (IfSG) die Fragen zur Beweislast und zur Haftung. Bei Impfungen, die von Landesbehörden empfohlen wurden, sind dabei neben Schadensersatzansprüchen auch Renten und Versorgungsleistungen an Hinterbliebene möglich.

Inwieweit die in einem DGZ dokumentierte Impfung nicht nur einen schweren Krankheitsverlauf weniger wahrscheinlich macht, sondern auch eine so genannte "sterile Immunität" gewährleistet, ist weiterhin unklar. Immunologen wie Reinhold Förster von der Medizinischen Hochschule Hannover erhoffen sich hier von den Daten, die mit dem neuen Zertifikat generiert werden, weitere Aufschlüsse.

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