Kreis stoppt Astrazeneca-Impfungen für Frauen unter 55 Jahren

Foto: Gencat / CC0 1.0 / Wikimedia Commons

Todesfall und schwere Komplikationen in Euskirchen werden untersucht: Möglicherweise sprächen Tatsachen "gegen eine alters- und geschlechtsübergreifende Verimpfung"

Im Zuge der Impfkampagne gegen das Coronavirus hat der nordrhein-westfälische Kreis Euskirchen am Montag entschieden, dass der Wirkstoff von Astrazeneca dort ab sofort nicht mehr an Frauen der Altersgruppe unter 55 Jahren verabreicht wird. Hintergrund sind zwei Verdachtsfälle schwerer Nebenwirkungen, die dem Gesundheitsamt des Kreises Euskirchen am 26. und am 28. März gemeldet wurden - in einem Fall ist die Betroffene gestorben.

"Beide Patientinnen entwickelten mit dem Abstand weniger Tage zur Impfung eine Sinusvenenthrombose. Während eine 47 Jahre Patientin an den Folgen verstarb, befindet sich die jetzt gemeldete, 28 Jahre alte Patientin in einem stabilen Zustand und wird in einer Spezialklinik versorgt", teilte der Kreis am Montag mit. Momentan sei nicht auszuschließen "dass Tatsachen vorliegen, die gegen eine alters- und geschlechtsübergreifende Verimpfung von 'Covid-19 Vaccine Astrazeneca' sprechen".

Deshalb habe der Krisenstab vorsorglich beschlossen, Impfungen mit diesem Präparat für diese Gruppe auszusetzen. Dies sei eine Maßnahme des vorbeugenden Gesundheitsschutzes und solle in keiner Weise der Entscheidung zuständiger Bundesbehörden vorgreifen, betonte Landrat Markus Ramers.

Die EU-Arzneimittelagentur EMA, an deren Empfehlungen sich die Bundesregierung orientiert, hat bisher keine Differenzierung nach Alter oder Geschlecht vorgenommen: "Der Nutzen des Impfstoffes gegen COVID-19 überwiegt ganz klar mögliche Risiken", hatte der Sicherheitsausschuss der EMA nach Beratungen am 18. März mitgeteilt. In Deutschland beschlossen daraufhin die Gesundheitsministerien von Bund und Ländern, die Mitte März wegen bis dahin mindestens sieben Verdachtsfällen gestoppten Impfungen mit dem Wirkstoff wieder aufzunehmen.

Beherzigt wird auch, dass die EMA dazu aufgerufen hat, im Beipackzettel deutlicher auf mögliche Risiken wie etwa Blutgerinnsel hinzuweisen: "Für die Astrazeneca-Impfung wurde die seltene Nebenwirkung einer Sinusvenenthrombose mit teils tödlichem Verlauf in der Patienteninformation ergänzt und ein entsprechender Warnhinweis nach den neuesten Erkenntnissen hinzugefügt", teilte das Bundesgesundheitsministerium mit.

Bundesweit betrafen die bisher bekannt gewordenen Fälle von Hirnvenenthrombosen kurz nach der Verimpfung des Wirkstoffs überwiegend Frauen jüngeren und mittleren Alters. Schon einige Tage vor dem Impfstopp in Euskirchen hatte der Infektiologe Bernd Salzberger, Professor am Uniklinikum Regensburg erklärt: "Bei Frauen vor der Menopause, die ein sehr geringes Risiko für Covid-19-Komplikationen haben, sollte man derzeit überlegen, ob die Impfung mit Astrazeneca erfolgen sollte." Für einen 80-jährigen Mann mit hohem Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf sehe das Risiko-Nutzen-Verhältnis ganz anders aus, so Salzberger.

Spekuliert wurde unter anderem darüber, ob der hohe Frauenanteil in Pflegeberufen die Statistik verzerrt haben könnte, da Menschen dieser Altersgruppe in der Regel noch gar keine Corona-Schutzimpfung erhalten haben, wenn sie keiner sensiblen Berufsgruppe angehören.

Frank Bergmann, Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, schloss unlängst auch einen Zusammenhang oder eine Wechselwirkung mit hormonellen Verhütungsmitteln nicht aus, zumal Thrombosen auch eine bekannte Nebenwirkung der Pille sind.

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