USA/Iran: Werden neue Spielregeln vereinbart?

Wiederaufnahme des Nuklearabkommens JCPOA: Hauptsache die USA und Iran verhandeln wieder

Es geht in Wien, der früheren Hauptstadt eines verblichenen Imperiums, darum, ob neue Spielregeln im Verhältnis der USA und ihrer westlichen Verbündet zu Iran festgelegt werden können. Die Dimensionen, die um diesen Konflikt herum aufgebaut werden, sind hoch angesetzt; nicht selten fällt dazu der große Begriff einer "neuen Weltordnung", wie zuletzt zum Strategieabkommen zwischen Iran und China, das, obschon es eine längere Vorgeschichte hat, als Konsequenz der US-Politik gegen Iran bewertet wird.

Die Erwartungen, die mit den gegenwärtigen Wiener Verhandlungen konkret verknüpft werden, sind dagegen niedrig angesetzt: Hauptsache die USA und Iran verhandeln wieder, wenn auch nur indirekt. Die minimale Hoffnung besteht darin, dass sich beide Seiten so weit annähern, dass die Atomvereinbarung JCPOA wieder zu einer gemeinsamen relevanten Basis für vereinbarte Spielregeln werden könnte.

Am Dienstag sah die Momentaufnahme aus der Sicht der Deutschen Welle so aus:

Es ist eine Art diplomatischer Tanz: Die internationalen Unterzeichnerstaaten, die EU 3, Russland und China sitzen im Konferenzsaal des Grand Hotel Wien, die Delegationen aus Teheran und aus Washington sind in der Nähe einquartiert. Über die Flure hinweg gab es am Dienstagnachmittag zum ersten Mal eine indirekte Kontaktaufnahme zwischen USA und Iran mit der EU als Vermittler. Ziel war es auszuloten, wie eine Rückkehr zum Atomabkommen (JCPOA) aussehen könnte, das die USA unter Donald Trump vor drei Jahren verlassen hatten.

Lichtblick bei Iran-Atomgesprächen in Wien, DW

Am heutigen Freitag wartet man gespannt auf einen neuen Lichtblick aus Wien, dem Ort, an dem der Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) im Juli 2015 vereinbart wurde und der nun aus seinem "komatösen Zustand" zurück zur politischen Relevanz gebracht werden soll.

Die Schwierigkeiten kennt man schon aus den mühsamen, jahrelangen Vorverhandlungen zum JCPOA: Die Bedingungen, mit denen die USA und Iran, überhaupt erst in Verhandlungen über die Weiterführungen der Vereinbarung, eintreten wollen, gehen weit auseinander. Dazu kommen dann noch die Absichten der USA, die JCPOA-Vereinbarungen zu verändern. Die Auslauffristen (sogenannte Sunset-Abmachungen) sollen verlängert werden, das iranische Raketenprogramm soll Regelungen unterzogen werden und die "iranische Präsenz" in Ländern des Nahen Ostens soll Thema weiterer Verhandlungen sein.

Schwieriger erster Schritt

Bisher hat Iran solchen Absichten ein deutliches Nein entgegengesetzt. Die neue US-Regierung hat ihrerseits aber klargemacht, dass für sie das iranische Raketenprogramm und die Präsenz mit Iran verbundener Milizen in Nachbarländern Israels unverzichtbare Verhandlungsthemen sind. Beiderseitige Verabredungen darüber sind weit entfernt.

Schwierig genug ist schon der erste Schritt, die Rückkehr der USA zum JCPOA und die Rücknahme Irans der bereits begonnenen Urananreicherung jenseits der im JCPOA vereinbarten Maßgaben.

Die Teheraner Führung besteht prinzipiell darauf, dass alle Sanktionen zurückgenommen werden, ansonsten seien Verhandlungen zur Wiederaufnahme des JCPOA sinnlos. Iran will wieder mit seinem Öl unter normalen Bedingungen handeln, sagte der Oberste Führer Khamenei.

Die "Sanktionsmauer" von Trump

Die USA sind dagegen für einen stufenweise Rücknahme der Sanktionen. Erklärt wird dies mit Schwierigkeiten, die Trump einer Rücknahme aller Sanktionen in den Weg gestellt hat - durch die sogenannte "Sanktionsmauer".

Die besteht vereinfacht gesagt im Label "Terrorismus". So begründete die Trump-Regierung eine Reihe verschärfter Wirtschaftssanktionen, die sie in den letzten Wochen und Monaten ihrer Amtszeit erließ und die Iran empfindlich treffen, mit Gesetzen, die mit Terrorismus in Zusammenhang stehen und nicht mit dem iranischen Atomprogramm. Die Rücknahme dieser Sanktionen ist mit längerwierigen Abstimmungen verbunden.

Trump verhängte Sanktionen gegen die iranische Zentralbank, das Erdölministerium und die staatliche Ölgesellschaft aufgrund von Terrorismusbefugnissen. Trump sanktionierte auch den gesamten iranischen Finanzsektor sowie praktisch alle anderen produktiven Sektoren der iranischen Wirtschaft, die nicht zum Ölgeschäft gehören, aus nicht-nuklearen Gründen. Diese sogenannten "nicht-nuklearen" Sanktionen erzwingen einen internationalen Boykott gegen den Iran, für den es keinen modernen historischen Präzedenzfall gibt.

Tyler Cullis, Trita Parsi

Für manche Beobachter ist die Angelegenheit ambivalent. Hätte Biden den eindeutigen politischen Willen, eine Rückkehr zum JCPOA als oberste politische Priorität zu setzen, dann könnte er die politischen Maßnahmen, die dafür nötig sind, auch mit Entschiedenheit durchsetzen, heißt es etwa aus dem Lager derjenigen, die die Sanktionspolitik als falschen Weg verstehen, um mit Iran politische Fortschritte zu erreichen.

In diesem politischen Lager ist man der Auffassung, dass die neue US-Regierung mit Außenminister Blinken, von der Wirkung der Sanktionen angetan ist und dieses Werkzeug beibehalten will, wenn auch nicht mit der Unbedingtheit des "maximalen Drucks", den Ex-Präsident Trump zur Maxime gemacht hat.

Konkret besteht - zumindest nach Informationen der britischen Zeitung Guardian - ein möglicher Kompromiss in Wien darin, dass sich die Verhandlungspartner auf eine Liste von Sanktionen einigen können, die nach 2016 erlassen wurden und die alle Seiten als auf das Atomprogramm bezogen bewerten. Das wäre ein möglicher Kompromiss, um weiterzuverhandeln.

Angeblich sollen es 1.500 Sanktionen sein, die derart kategorisiert werden müssen.