NRW-Linke wählt Wagenknecht auf ersten Listenplatz

Sahra Wagenknecht (rechts mit Blumenstrauß) und Linken-Landessprecherin Nina Eumann. Foto: Die Linke NRW/ Stefanie Schwarzin

Trotz Streit um ihr neues Buch entschied sich die Mehrheit des Landesverbands für Sahra Wagenknecht als Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl

Sahra Wagenknecht soll trotz scharfer Kritik aus den eigenen Reihen die nordrhein-westfälische Landesliste der Partei Die Linke für die Bundestagswahl im September anführen. Mehr als 60 Prozent der Delegierten hätten sich für Wagenknecht auf dem ersten Platz der NRW-Liste ausgesprochen, teilte der Landesverband am Samstag mit.

Auf den zweiten Listenplatz wurde mit knapp 85 Prozent der Stimmen der Bundestagsabgeordnete und Rentenexperte Matthias W. Birkwald gewählt, auf Platz drei mit 58,17 Prozent Sevim Dagdelen, die ebenfalls schon der Bundestagsfraktion angehört und diese als Obfrau im Auswärtigen Ausschuss vertritt.

"In NRW stellen wir die soziale Frage in den Mittelpunkt unseres Wahlkampfes", erklärte am Samstag die Landessprecherin der Partei Die Linke, Nina Eumann. "Gemeinsam werden wir im Wahlkampf streiten für einen sozialen, antirassistischen und ökologischen Politikwechsel, für einen starken, demokratischen Sozialstaat und die Sicherung des Friedens", ergänzte der stellvertretende Landessprecher Jules El-Khatib.

Über die Gewichtung der genannten Themen gibt es allerdings Streit innerhalb der Partei, der sich zu einem erheblichen Teil an der Personalie Sahra Wagenknecht entzündet. Aktuell wird sie wegen ihres neuen Buches "Die Selbstgerechten. Mein Gegenprogramm - für Gemeinsinn und Zusammenhalt" kritisiert. Offiziell erscheint es erst am 14. April, der Campus-Verlag hat für die mediale Berichterstattung über den Inhalt auch diese Sperrfrist genannt. Allerdings sind schon einige gedruckte Exemplare in den Handel gelangt - auf den Facebook-Seiten ihrer Parteifreunde wird zum Teil ausführlich daraus zitiert.

Zum Teil wird das Werk der Bundestagsabgeordneten als Generalabrechnung mit ihrer eigenen Partei und wesentlichen Teilen der außerparlamentarischen Linken gelesen. Wagenknechts Fraktionskollege Niema Movassat wirft ihr vor, sie tue in einer Passage zum Thema Identitätspolitik reale Rassismus-Erfahrungen als "Marotte" ab. Manche Parteifreunde äußern sich aber ausdrücklich zustimmend zu den laut Wagenknecht selbst "aus dem Zusammenhang gerissenen, teils direkt verfälschten Zitaten". Andere, die noch kein Exemplar des Buches in die Hände bekommen haben, hoffen, dass es in Wirklichkeit einen anderen Tenor hat. Sie wollen sich erst später dazu äußern.

Zwei Tage vor der Listenwahl in NRW hatte Wagenknecht die Vorwürfe zurückgewiesen: "Mein Buch enthält Vorschläge für ein linkes Programm, mit dem wir wieder mehr Menschen erreichen könnten", schrieb sie auf ihrer Facebook-Seite. Deshalb kritisiere sie die aus ihrer Sicht spaltende Identitätspolitik.

Unabhängig vom Inhalt des Buches wird aber in Kreisen Bundestagsfraktion auch bemängelt, dass sie diese Programmdiskussion nicht innerhalb der Partei zu führen versucht habe und häufig nur über die großen Medien kommuniziere. Manche haben dafür wiederum Verständnis, weil in der Vergangenheit nicht jede innerparteiliche Kritik an ihr fair gewesen sei.