Was die Analyse von sehr seltenen, aber schwerwiegenden Impffolgen so schwer macht

Für die überwiegende Mehrheit der Menschen sind die zugelassenen Covid-19-Vakzine wirksam und sicher. Dennoch sind Komplikationen nicht auszuschließen

Von Gustav Kuschinsky, dem 1992 verstorbenen Altmeister der Pharmakologie in Deutschland, stammt der Satz1:

Wenn behauptet wird, dass eine Substanz keine Nebenwirkungen zeigt, dann besteht der dringende Verdacht, dass sie auch keine Hauptwirkung hat.

Dieses wegweisende Bonmot bedeutet, dass beim Einsatz von Arzneimitteln auch immer mit unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) gerechnet werden muss.

Während die evidenzbasierte Medizin in den letzten Jahrzehnten mit dem Prinzip der prospektiven, randomisierten und kontrollierten Studie (RCT) und weiterer standardisierter Untersuchungsverfahren mit hoher Beweiskraft effektive Methoden entwickelt hat, um die (gewünschte) Wirksamkeit von Arzneimitteln zu untersuchen, zu quantifizieren und kritisch zu bewerten2, ist die Untersuchung von sehr selten auftretenden UAW weiterhin schwierig und eine große wissenschaftliche Herausforderung. Das gilt besonders auf dem Gebiet der Impfstoffe.

Schwerwiegende UAW nach einer Impfung sind solche, die mit einer langfristigen erheblichen Beeinträchtigung der Gesundheit einhergehen oder zum Tode führen. Sie werden auch als Impfkomplikationen bezeichnet und treten sehr selten auf.3 Nicht dazu gehören die typischen nach einer Impfung auftretenden Symptome wie Rötung, Schwellungen und Schmerzen an der Impfstelle und auch Allgemeinreaktionen wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen und Unwohlsein, die häufig bis sehr häufig zu beobachten sind. Diese Reaktionen sind Ausdruck der erwünschten Auseinandersetzung des Immunsystems des Körpers mit dem Impfstoff und klingen in der Regel nach wenigen Tagen komplett ab.

Angaben zu Art und Häufigkeit dieser und anderer UAW finden sich in den Fachinformationen des jeweiligen Impfstoffs auf der Website des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), zum Beispiel für Vaxzevria, das ist der Handelsname des Astrazeneca-Vakzins4 oder für Comirnaty, den Impfstoff von Biontech und Pfizer5.

Bei den Häufigkeitsangaben zu den UAW werden folgende Kategorien unterschieden, die Angabe bezieht sich jeweils auf die Anzahl der Ereignisse pro Zahl der geimpften Personen:

  • sehr häufig (mehr als zehn Prozent);
  • häufig (ein bis zehn Prozent);
  • gelegentlich (0,1 bis ein Prozent);
  • selten (0,01 bis 0,1 Prozent);
  • sehr selten (weniger als 0,01 Prozent);
  • nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar).

Somit bedeutet "sehr selten", dass eine UAW bei weniger als einer Person bei 10.000 Geimpften beobachtet wird.

Daraus ergibt sich, dass sehr selten auftretende UAW in den üblichen klinischen Phase-III-Studien, die vor der Zulassung durchgeführt werden und in denen nur wenige 10.000 Probanden eingeschlossen sind, meist nicht festgestellt werden können. Sie können erst in Erscheinung treten, wenn Hunderttausende bis Millionen Menschen den jeweiligen Impfstoff erhalten haben.

Nach § 6 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) ist der Verdacht einer über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung meldepflichtig. Die Meldung erfolgt vom Arzt an das Gesundheitsamt.6 Die Gesundheitsämter sind verpflichtet, die gemeldeten Verdachtsfälle der zuständigen Landesbehörde und der zuständigen Bundesbehörde, dem PEI, im Einklang mit den Bestimmungen des Datenschutzes zu melden, wobei personenbezogene Angaben unkenntlich zu machen sind.

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