Wie sicher ist der Impfstoff von Johnson & Johnson?

US-Behörden verhängen Impfstopp bis zur Klärung und die EMA kündigt kurzfristiges Gutachten an. Auslieferung des J&J-Impfstoffs in die EU unterbrochen

Nachdem Telepolis sich letzten Donnerstag mit der Frage beschäftigt hat, was die Analyse von sehr seltenen, aber schwerwiegenden Impffolgen so schwer macht1 und sich dabei vor allem mit den in den letzten Wochen berichteten Blutgerinnungsstörungen im Zusammenhang mit dem Impfstoff von Astrazeneca auseinandersetzt, erschien im Nature-Briefing ein Bericht, dem zufolge auch bei dem US-amerikanischen Impfstoff von Johnson & Johnson (J&J) solche Gerinnungsstörungen beobachtet worden sind.2

Der Impfstoff von J&J3 gehört – wie die Vakzine von Astrazeneca – zur Gruppe der Vektor-Impfstoffe. Bei diesen Vakzinen werden harmlose Adenoviren (Schnupfenviren) entweder menschlicher Herkunft, wie bei dem Impfstoff von J&J, oder Adenoviren von Schimpansen, wie bei dem Impfstoff von Astrazeneca, verwendet.4

Diese Vektoren transportieren die Erbinformation für das Spike-Glykoprotein, das Sars-CoV-2 bei der Infektion zu seinem Eintritt in die Wirtszelle benötigt. Nach Eintritt in die Zelle produzieren die manipulierten Adenoviren dann das Spike-Protein selbst und generieren damit eine Immunantwort des Organismus.

Am 13. April empfahlen die zuständigen US-amerikanischen Bundesbehörden (CDC und FDA) den Bundesstaaten der USA, die weitere Verimpfung des Covid-19-Impfstoffs von J&J zu stoppen, da eine Untersuchung von sechs schweren Fällen von Gerinnungsstörungen durchgeführt werden soll, die bei Frauen gemeldet wurden, die den Impfstoff erhalten hatten und von denen ein Fall tödlich verlaufen sei.

Die Blutgerinnsel scheinen vergleichbar mit denen, die von mehreren europäischen Ländern nach der Anwendung des Covid-19-Impfstoffs von Astrazeneca gemeldet wurden. Und sie ähneln einem Ereignis, das während der klinischen Phase-III-Studie von J&J in den USA stattfand, das im vergangenen Herbst zu einer vorübergehenden Pause bei dieser Studie geführt hatte.

Weitere Fälle von Gerinnungsstörungen in USA möglich

Das Gerinnungsproblem scheint sehr selten zu sein. Bis zum 13. April waren in den USA mehr als 6,8 Millionen Dosen des J&J-Impfstoffs verabreicht worden. Vertreter der US-Gesundheitsbehörden räumten jedoch ein, dass die Untersuchung – und die verstärkte Verwendung des Impfstoffs, der letzte Woche in Rekordzahlen ausgeliefert worden sei – zur Entdeckung weiterer Fälle führen könnte.

Die Sorge um den Impfstoff von J&J wirft die Frage auf, ob es einen sogenannten "Klasseneffekt" gibt – also ein Problem, das bei allen Impfstoffen erwarten ist, die auf der Basis einer Vektor-Technologie hergestellt werden, wie die Vakzine von J&J und Astrazeneca. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der Impfstoff von Astrazeneca in den USA bisher nicht zugelassen worden ist.

Im Unterschied zum Astrazeneca-Impfstoff werden bei der Herstellung des russischen Sputnik-V-Impfstoffs und des Impfstoffs von CanSino, einem chinesischen Hersteller, ebenfalls harmlose menschliche Adenoviren, wie das beim J&J-Impfstoff der Fall ist, als Vektoren verwendet. Das Auftreten von Gerinnungsstörungen ist bei den Sputnik-V- und CanSino-Impfstoffen bisher nicht bekannt geworden.

Hypothesen über die Ursache der seltenen Gerinnungsprobleme diskutieren die Möglichkeit, dass die Adenoviren bei einer kleinen Anzahl von Menschen eine abnorme Immunantwort auslösen. Das könnte die Ursache sein für das seltene Auftreten einer Kombination von Gerinnungsstörung und niedrigen Thrombozytenzahlen (siehe Was die Analyse von sehr seltenen, aber schwerwiegenden Impffolgen so schwer macht).

Die CDC und die FDA führen in den USA gemeinsam die Überwachung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) bei der Verwendung von Impfstoffen durch, und diese beiden Agenturen kündigten bei der Pressekonferenz am 13. April gemeinsam die Empfehlung an, die Verwendung des Impfstoffs zu unterbrechen.

Die Beamten der CDC und der FDA betonten dabei, dass derartige Gerinnungsstörungen bei den Impfstoffen von Biontech-Pfizer und Moderna bisher nicht aufgetreten seien. Etwa 180 Millionen Dosen dieser Impfstoffe wurden bisher in den USA verabreicht.