"Todesurteil" für spanische Politiker und Familie

Screenshot, Twitter Pablo Iglesias

Erst kürzlich zerstörte ein Brandanschlag ein Podemos-Parteibüro und nun hat Pablo Iglesias einen Drohbrief mit scharfer Munition erhalten

Erst kürzlich war die spanische Linkspartei Podemos das Ziel eines Brandanschlags in Murcia. Dabei entstand großer Sachschaden am Parteibüro in Cartagena. Aus Zufall wurde in dem darüberliegenden Mehrfamilienhaus niemand verletzt. Podemos macht dafür den Nachwuchs der rechtsextremen Vox-Partei verantwortlich. Im Umfeld von Vox werden auch die Schreiber des "Todesurteils" vermutet, das Podemos-Chef Pablo Iglesias nun erhalten hat.

Iglesias hat den Vorgang über Twitter veröffentlicht. Dem Drohbrief lagen vier scharfe Cetme-Patronen bei. Die Munition wird für Sturmgewehre der Streitkräfte verwendet, auch die paramilitärischen Guardia Civil und die Nationalpolizei verwendet sie. Der vormalige Vize-Ministerpräsident Iglesias, der gerade auch vom Amt des Sozialministers zurückgetreten ist, wird im Brief beschuldigt, dass er "unsere Eltern und Großeltern sterben ließ".

Weiter heißt es: "Deine Frau, deine Eltern und Du sind zur Todesstrafe verurteilt." Seit langem wird die Familie in ihrem Haus im Umland von Madrid immer wieder von rechten Ultras belagert, beschimpft und bedroht.

Mit dem Drohbrief wurde nach dem Brandanschlag eine neue Eskalationsstufe erreicht. Aufgegriffen wird darin Fake-Propaganda der Rechtsextremen. Vox behauptet auf ihren Webseiten noch heute, Iglesias sei als ehemaliger Sozialminister für 20.000 Tote in den Altersheimen verantwortlich.

Rechte: Tricksen bei der Schuldfrage

Tatsächlich gab es viele Tote, vor allem in der Hauptstadtregion, wo die Covid-Sterblichkeit 35 Prozent über dem nationalen Durchschnitt liegt. Doch die ultrarechten Anhänger der Franco-Diktatur tricksen übel bei der Schuldfrage. Dass man in der Region Madrid in der ersten Coronavirus-Welle Tausenden alten Menschen jede ärztliche Behandlung verweigerte und einfach sterben ließ, ist kein Geheimnis. Darüber hat Telepolis vor einem Jahr berichtet (Danteske Szenen in Spanien: Alte Menschen zum Sterben zurückgelassen). Doch dafür ist fast ausschließlich die rechte Regionalregierung verantwortlich, in deren alleinige Kompetenz die Vorgänge fallen.

Die Regionalregierung, die kürzlich zerbrochen ist, wurde von der ultrakonservativen Volkspartei (PP) und der rechts-neoliberalen Ciudadanos (Cs) gestellt, die von der ultrarechten Vox-Partei gestützt wurde. Und die erhebt nun Anschuldigungen gegen Podemos. Diese kommen zudem von einer Partei, die immer wieder Demonstrationen gegen die Anti-Coronavirus-Maßnahmen organisiert hat.

Die rechte Regionalregierung hatte die Altersheime in Madrid schriftlich angewiesen, keine alten Menschen mehr in Krankenhäuser zu verlegen. Über diese Vorgänge wurde auch in der Koalitionsregierung gestritten. Der Cs-Sozialminister hatte seinen PP-Kollegen im Gesundheitsministerium in E-Mails angekündigt, dass "viele Bewohner sterben" würden, wenn keine Hilfe komme. Alberto Reyero warnte am 22. März 2020 auch vor "gravierenden rechtlichen Konsequenzen".

Iglesias, der seinen Regierungsposten gerade aufgegeben hat, um Wahlkampf für die vorgezogenen Regionalwahlen in Madrid zu machen, tritt dafür an, eine Regierung zu verhindern, die noch weiter rechts steht, um deren tödliche Politik zu beenden. Die bisherige PP-Regionalpräsidentin Isabel Ayuso, die politisch für den Horror mitverantwortlich war, steuert nun den nächsten Tabubruch an: Sie will die Vox-Ultras nach den Wahlen am 4. Mai sogar in eine Koalition holen.

Weitere Drohbriefe

Wie diverse Medien berichten, erhielt nicht nur Pablo Iglesias ein Drohschreiben. Ein Ultimatum haben demnach auch der Innenminister Fernando Grande-Marlaska und die Direktorin der Guardia Civil, María Gámez, erhalten. Wie die verschickte Munition weisen diese Schreiben in eine Richtung:

"Du hast zehn Tage Zeit für den Rücktritt. Die Zeit, sich über uns lustig zu machen, ist abgelaufen. Nationalpolizei. Guardia Civil."

Dazu wird von "taponazos" gesprochen, die sonst auf beide warten würden. Im internen Jargon der Guardia Civil und Polizei werden damit Schüsse bezeichnet. Dass es unter diesen Sicherheitskräften etliche gibt, für die "Hitler ein guter Mann war" oder die von einem neuen Putsch träumen, um "26 Millionen Hurensöhne zu erschießen", ist kein Geheimnis. Doch bleiben alle Fragen offen.