Solarstrom treibt Deutschland an

Bild: Andreas Gücklhorn/Unsplash

Die Energie- und Klimawochenschau: Von Speichern, Elektrorädern, mit Wasserstoff hergestelltem Stahl und einer viel zu warmen Arktis

Wow. Das war mal wieder ein neuer Rekord. Am gestrigen Dienstag lieferten Solaranlagen zeitweise mehr als 40 Gigawatt, wie die Daten des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme zeigen. Demnach wurde zwischen 12:15 und 13:45 Uhr nicht ganz 41 GW ins Netz eingespeist. Zusätzliche knapp acht GW lieferten die Windkraftanlagen. Der bundesweite Bedarf betrug zu dieser Zeit um die 64 GW.

Sonne und Wind haben ihn also für ein paar Stunden über die Mittagszeit zu rund 75 Prozent abgedeckt. Auch das ist für einen Werktag und dafür, dass die Sonne noch niedrig steht, ein rekordverdächtig hohes Niveau.

Ja, ja. Die Sonne scheint nicht immer, wird es gleich durchs Forum raunen. Sicherlich. Aber immerhin liefert sie zur Hauptbedarfszeit. Außerdem sind die Anlagen breit im Land verteilt, das heißt, der Strom wird meist verbrauchernah erzeugt, was die Netze entlastet.

Schließlich gibt es durchaus die unterschiedlichsten Speicherlösung, teils bereits vorhanden, teils entwickelt, teils denkbar. Alles in den unterschiedlichsten Skalen, was ebenfalls zur Entlastung der Netze beitragen könnte. Nicht nur Telepolis berichtet seit Jahren immer wieder darüber.

Und ja, es müsste von Bundesregierung und Bundestag deutlich mehr für den raschen Ausbau der Speichertechnologien getan werden. Ein erster Schritt könnte sein, die Übertragungsnetze, die ein natürliches Monopol mit staatlicher Profitgarantie bilden, in eine öffentlich-rechtliche Gesellschaft zu überführen.

In Dänemark wurde das zu Beginn des Jahrtausends getan. Das entsprechende Unternehmen Energinet hat den Auftrag, die Energiewende zu unterstützen und einen Teil seiner Einnahmen in Forschung und Entwicklung im Bereich Speicher und Netze zu stecken. Gewinn wird darüber hinaus nicht gemacht.

Batterien fürs Netz

Als ein Baustein einer Speicherlösung könnten übrigens auch die Batterien von Elektroautos und -bussen genutzt werden. (In Berlin fahren inzwischen über 100 E-Busse, die allein schon wegen der geringeren Lautstärke der Motoren ein echter Gewinn sind.)

Es müssen ja nicht gleich 50 Millionen E-Autos auf die Straßen, da in den Städten mehr und mehr Menschen aufs Rad umsteigen und viele vor lauter Blech die Straßen nicht mehr sehen können.

Aber Taxen, Busse, Krankenwagen, Lieferfahrzeuge und ähnliches braucht man auch, wenn in Städten das ÖPNV-Netz engmaschiger geknüpft wird und deren Batterien könnten - finanzielle Anreize und entsprechende Organisation vorausgesetzt - in den Ruhezeiten für die Netzstabilisierung genutzt werden.

Geladen würden sie vorzugsweise, wenn das Stromangebot groß ist. Wenn sie zudem in ihrer Standzeit ans Netz angeschlossen bleiben - ein durchschnittlicher Privat-Pkw fährt weniger als eine Stunde am Tag - könnten Sie bei Bedarf auch Strom zurück ins Netz liefern.

Technisch ist derlei heutzutage möglich, setzt aber unter anderem feste Standorte für die jeweiligen Fahrzeuge voraus, die sich an der Netzstabilisierung beteiligen. Oder es wird doch noch mal überlegt, Batterie und Fahrzeug voneinander zu trennen.

Die inzwischen gescheiterte israelische Firma Better Place hatte ab 2007 für ein entsprechendes Konzept geworben. Fahrzeuge sollten an Elektrotankstellen ihre fast leeren Akkus gegen geladene tauschen können. Das hätte aus der Sicht des Netzes den Vorteil, dass das Beladen sowie die zusätzliche Unterstützung der Netzstabilität besser geplant werden könnten.

Post unter Strom

Das Potenzial für derartige Lösungen wird derzeit aufgebaut, doch es fehlt noch an Konzepten und einem regelnden Eingriff des Gesetzgebers. Allein 2020 wurden in Deutschland E-Autos mit einem Ladevolumen von neun Gigawattstunden zugelassen, schrieb im März das PV-Magazin. Die nutzbare Ladeleistung liege aber bisher nur im Bereich von einigen Dutzend Megawatt.

Auch im Lieferverkehr gibt es Bewegung. Die Deutsche Post AG hat ja vor einigen Jahren sogar ein eigenes Unternehmen gegründet, um sich mit Elektrofahrzeugen ausstatten zu können. Etablierte Hersteller waren nicht bereit gewesen, auf ihren Bedarf einzugehen.

Eigentlich sollte 2020 die Streetscooterproduktion dennoch wieder eingestellt werden. Die Konzernmutter scheute neue Investitionen in diesem ihr eher fremden Geschäftsfeld.

Doch jetzt hat man sich bei der Post eines anderen besonnen, schreibt Golem.de. Es sollen sogar neue, größere Modelle gebaut werden.

Bis 2022 soll die Scooterflotte der Post- und Paketboten von derzeit 15.000 auf 21.500 anwachsen. Bis 2025 ist der Einsatz von 35.000 Elektrofahrzeugen geplant, wobei nun doch auch bei anderen Herstellern eingekauft wird.