Impfpriorisierung fällt in mehreren Bundesländern

In Bayern, Baden-Württemberg und Berlin könnte nächste Woche der Run auf die Praxen beginnen. Berliner Kassenärzte warnen vor Chaos und äußern Verdacht auf Wahlkampfmanöver

Erst waren in der öffentlichen Debatte die Impfverweigerer das Problem, lange bevor die meisten von ihnen überhaupt an der Reihe gewesen wären, dann wurde in den letzten Tagen vermehrt über "Impfdrängler" berichtet, die sich zum Teil mit falschen Angaben einen früheren Termin für die Immunisierung gegen das Coronavirus erschleichen wollten. Und nun fällt in immer mehr Bundesländern die Impfpriorisierung.

In Baden-Württemberg und Bayern dürfen ab kommender Woche alle bisher verfügbaren Corona-Impfstoffe ohne Rücksicht auf die bisher staatlich vorgegebene Priorisierung in Arztpraxen verimpft werden. Dies werde "im Laufe der nächsten Woche" passieren, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) laut einem Bericht des Münchner Merkur am Mittwoch in München. In Baden-Württemberg können Ärztinnen und Ärzte ab Montag vollständig selbst entscheiden, wer die Impfung gegen das Coronavirus zuerst bekommt. Auch Berlin hebt ab Montag die Priorisierung für alle verfügbaren Corona-Impfstoffe bei Haus- und Betriebsärzten auf.

Nach wie vor Impfstoffmangel

Letzteres kritisierte die Kassenärztliche Vereinigung der Hauptstadt am Donnerstag scharf: Damit würden falsche Erwartungen geweckt, das Chaos in den Praxen sei "vorprogrammiert" - und es habe zu diesem Thema keine Absprachen gegeben. An der Situation in den Praxen habe sich nichts geändert: "Noch immer gibt es dort nicht ausreichend Impfstoff, sodass selbst prioritär zu impfende Personen bislang nicht umfassend geimpft werden können."

In Berlin sei gerade erst die Priorisierungsgruppe 3 an die Reihe gekommen - sehr viele Menschen, auch solche mit chronischen Erkrankungen, seien noch nicht geimpft. Vor diesem Hintergrund rate die KV Berlin den Praxen, weiterhin an Kriterien wie Alter, Vorerkrankung und Zugehörigkeit zu sensiblen Berufsgruppen festzuhalten. Angesichts der Verkündung des Berliner Senats stelle sich aber die Frage, inwieweit das den Impfwilligen in den Praxen noch vermittelbar sei. "Die Frage der Impfpriorisierung darf nicht zum Wahlkampfthema gemacht werden", mahnte die KV.

Drängeln, tricksen, schimpfen

Mehrere Medien hatten in den vergangenen Tagen über teils aggressive "Impfdrängler" berichtet, im ARD-Magazin Report Mainz kam beispielsweise der Impfkoordinator des Landkreises Neuwied, Werner Böcking, zu Wort, der nach eigenen Angaben rund 70 Personen pro Woche wieder nach Hause schicken muss, weil sie noch nicht impfberechtigt seien. "Wir müssen uns vieles anhören. Die Leute beschimpfen uns, teilweise auch persönlich. Es ist eine riesige Belastung", gab er zu Protokoll. Angesichts gelockerter Corona-Maßnahmen für Geimpfte befürchte er noch mehr Versuche von Impfwilligen, sich vorzudrängeln.

"Zwar werden Tausende erwischt, aber es fehlt an Sanktionen", hatte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, Anfang der Woche gegenüber der Deutschen Presse-Agentur bemängelt. "Sich beim Impfen vorzudrängen, ist weiterhin keine Ordnungswidrigkeit."

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