Artensterben geht weiter, Schutzziele verfehlt

Brände entlang des Rio Xingu, Brasilien.Bild: NASA Earth Observatory, CC BY 2.0

Bericht zeigt zahlreiche Probleme auf. Schlüsselregionen ohne Protektion. Fehlende Finanzierung erschwert Bewahrung besonders artenreicher Flächen

UN-Mitgliedsstaaten haben selbstgesteckte Ziele gegen das Artensterben nur zum Teil erreicht. Exakt 16,64 Prozent der weltweiten Landfläche einschließlich Binnengewässer stehen heute unter Naturschutz. Die Zielmarke von 17 Prozent, die sich die internationale Staatengemeinschaft 2010 gesetzt hatte, ist damit knapp verfehlt worden.

Um den Schutz der Meere ist es schlechter bestellt: Lediglich 7,7 Prozent der marinen Ökosysteme sind formal als Schutzgebiet ausgewiesen. Eigentlich sollten bis 2020 schon zehn Prozent unter Schutz stehen. Das geht aus dem Protected Planet Report hervor, der am Mittwoch vom Weltüberwachungszentrum für Naturschutz des UN-Umweltprogramm (Unep) und der International Union for Conservation of Nature (IUCN) vorgelegt wurde.

Dabei wurden vor allem in der vergangenen Dekade zahlreiche Ökosysteme neu unter Schutz gestellt. Seit 2010 kamen 21 Millionen Quadratkilometer zu den Schutzgebieten hinzu - eine Fläche größer als Russlands Landmasse.

Im Bericht werden auch etliche Probleme benannt: So gibt es nach wie vor bestimmte Schlüsselregionen für die Biodiversität, die noch gar keinen Schutzstatus haben. Etwa ein Drittel der besonders artenreichen Ökosysteme sind noch immer nicht geschützt. Zudem seien zu viele dieser Gebiete isoliert. Weil es zu wenige Verbindungen zwischen den Schutzgebieten gebe, blieben die Bewegung von Lebewesen und ökologische Prozesse auf der Strecke. Auch Randzonen von Reservaten müssten noch besser bewahrt werden.

Ein weiteres Problem sind die sogenannten "Paperparks", das heißt diese Naturschutzgebiete existieren mehr oder weniger nur auf dem Papier. Doch bei der Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen hapere es häufig. Deshalb gehen noch immer Arten auch in diesen Gebieten verloren. "Es reicht nicht aus, mehr Schutzgebiete auszuweisen und zu erfassen", sagte Neville Ash vom Weltüberwachungszentrum für Naturschutz. Die Flächen müssten effektiv gemanagt und gerecht verwaltet werden, damit sie ihre Vorteile entfalten könnten.

Im Süden fehlt das Geld

Das liegt auch daran, dass Naturschutz nicht ausreichend finanziert ist. Vor allem Entwicklungsländern im Globalen Süden fehlt häufig das Geld, um artenreiche Regionen – wie tropische Regenwälder – zu bewahren.

Deshalb wollen einige Staaten den Entwicklungsländern jetzt finanziell unter die Arme greifen und entsprechende Maßnahmen finanzieren. Mit der Unterstützung Deutschlands wurde ebenfalls gestern ein neues öffentlich-privates Programm aufgelegt, um langfristig Finanzmittel für artenreiche Gebiete in Entwicklungsländern bereitzustellen.

"Deutschland stellt zum Start eine Anschubfinanzierung von 100 Millionen US-Dollar bereit", kündigte Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) an. Private Stiftungen sollen weitere 35 Millionen US-Dollar beisteuern. Damit könne der Weltnaturerbe-Fonds in sieben Schutzgebieten starten. Bis 2030 soll eine Milliarde US-Dollar aus öffentlichen und privaten Geldern zusammenkommen. 30 Schutzgebiete sollen dann damit finanziert werden, um beispielsweise Parkwächter zu bezahlen oder Infrastrukturen zu erhalten.

Schon im vergangenen Jahr war der Global Biodiversity Outlook zu einem ähnlich vernichtenden Urteil über den Zustand der Artenvielfalt gekommen. Demnach wurde keines der 20 Ziele zum Erhalt der biologischen Vielfalt bis 2020 erreicht. Zehn Jahre zuvor hatten sich die Staaten der UN-Biodiversitätskonvention, englisch kurz CBD, im japanischen Aichi auf einen strategischen Plan zum Erhalt der Biodiversität geeinigt. Demnach sollte der Verlust an natürlichen Lebensräumen bis 2020 halbiert, wenn möglich, sogar auf null gebracht werden. Weiterhin sollten Korallenriffe geschützt und die Überfischung beendet werden.

Lediglich sechs der 20 Aichi-Ziele wurden teilweise erreicht, etwa die Einrichtung von 17 Prozent Schutzgebiete an Land, eine bessere Kontrolle über invasive Arten oder besseres Wissen über die Artenvielfalt in den globalen Gesellschaften.